© Fotolia/Stephanie Bandmann, Kaputte PCs

"Green IT" - der letzte Weg eines PC

SCHÖNE LEICH
15.02.2009

In der schnelllebigen IT-Branche wird aus dem digitalen Liebling nur allzu schnell Elektroschrott. Damit der wiederum nicht die Umwelt belastet, betreibt die Entsorgungsbranche komplexe Recyclingsysteme. Doch auch die beste Umwelttechnik hilft nichts, wenn der Schrott illegal verklappt wird oder die Nutzer die Geräte einfach in den Hausmüll werfen.

Irgendwann ist auch der beste PC endgültig kaputt. Dann muss er auf den Müll. Seit den 90er Jahren sind in Asien und Afrika gigantische Elektro- und Elektronikschrott-Müllhalden entstanden, auf denen so etwas wie Recycling betrieben wird: Mit rudimentären Mitteln und ohne jedes Wissen über Schadstoffe und den Schutz davor versuchen Arbeiter, Rohstoffe aus dem Müll zu gewinnen.

Um an das Kupfer zu kommen, verbrennen sie die mit PVC ummantelten Kabel, um Gold zu gewinnen, behandeln sie Leiterplatten mit Säuren - und vergiften sich dabei selbst und die Umwelt. Doch in den vergangenen Jahrzehnten ist ein Bewusstsein für die im E-Schrott enthaltenen Gifte und Wertstoffe entstanden. Und seit einer Elektroschrott-Verordnung der Europäischen Union aus dem Jahr 2003 müssen die Hersteller von Elektrogeräten für die spätere Entsorgung zahlen.

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Der Kühlschrank am Straßenrand

Claudia Sprinz von Greenpeace ist Expertin für Elektroschrott und die darin enthaltenen Gifte. "Im Elektronikschrott ist Blei, das unter anderem das Nervensystem schädigt, Kadmium, das sich in allen Lebewesen anreichert und von Knochenschäden bis zu Lungenkrebs eine Reihe von Krankheiten auslöst. Da ist Quecksilber, das bekanntermaßen hochgiftig ist, Phtalate, die unter anderem die Fortpflanzung schädigen", so Sprinz. Sie könnte noch eine Reihe gefährlicher Inhaltsstoffe aufzählen, die in praktisch jedem PC enthalten sind und spezielle Abfallbehandlungsmethoden benötigen. Bis vor gar nicht allzu langer Zeit landeten Elektrogeräte aller Art schlicht im Hausmüll oder wurden - wenn sie zu groß für die Mülltonnen waren - einfach an den Straßenrand gestellt.

Der Umweltschutz habe in diesem Bereich mit der Sammlung und fachgerechten Entsorgung von Kühlschränken begonnen und sich nach und nach auf alle Elektrogeräte ausgedehnt, sagt Rainer Kronberger von der MA 48, dem Wiener Magistrat für Abfallwirtschaft: "Wir haben durch die kostenlose Rückgabemöglichkeit von Kühlschränken sofort bemerkt, wie die Zahl der an den Straßenrand oder, noch schlimmer, in den Wienerwald gestellten Kühlgeräte zurückgegangen ist."

Recycling dank EU

Auch anderer Elektroschrott wurde bereits gesammelt - wenn auch kostenpflichtig und damit weniger attraktiv für die Konsumenten. Erst 2003 erließ die Europäische Union die Elektroschrottverordnung, dank derer heute jedes Elektrogerät in Österreich gratis an Abfallsammelstellen abgegeben werden kann.

"Hier gilt die Herstellerverantwortung", sagt Kronberger. "Das heißt, dass die Firmen entsprechend der Menge an Elektro- und Elektronikgeräten, die sie in Umlauf bringen, in ein Sammelsystem einzahlen müssen." Bei den Sammelstellen in ganz Österreich werden zunächst Dinge wie große Kondensatoren, Toner, Leuchtstoffröhren (etwa aus Scannern) und Bildschirme gesondert gesammelt und von darauf spezialisierten Firmen recycelt.

Die Kunst des Zerschmetterns

Der Rest ist aber noch lange nicht ungefährlich. Noch immer stecken darin Schwermetalle wie Blei und andere Giftstoffe. Doch damit werden Recyclingfirmen wie die Müller-Guttenbrunn-Gruppe im niederösterreichischen Amstetten fertig. Das Unternehmen habe ein spezielles Gerät, den Smasher, entwickelt, in dem der nächste Schritt des Recyclingprozesses stattfinde, sagt Prokurist Martin Kriegl: "Im Smasher wird der Schrott wie in einer großen Mischmaschine angehoben und fällt dann hinunter. Dabei zerbrechen die Geräte in ihre großen Teile, ohne dass Schadstoffe entweichen."

Auf die Idee mit dem Smasher kam der Ingenieur Gunther Panowitz, der gesehen hatte, wie einem Kollegen das Handy hinuntergefallen und in mehrere Teile - Gehäuse, Akku und Leiterplatte - zerfallen war. Im Smasher kann es - anders als etwa in Schreddern - nicht zur Freisetzung von gefährlichen Chemikalien kommen, Batterien bleiben hier zum Beispiel ganz. Das Prinzip ist einfach, funktioniert bei praktisch allen Elektro- und Elektronikgeräten und erspart mühsames Auseinanderschrauben per Hand.

Schwierige Trennung

Arbeiter müssen danach nur noch die unerwünschten Teile vom Förderband nehmen. Zurück bleibt ein Gemisch von Metallen und Kunststoffen, die im Schredder landen und dort zerkleinert werden. Nach dem Schreddern ist der Schrott nur teilweise getrennt, erst in weiteren Schritten können verschiedene Metalle und Kunststoffe endgültig auseinandersortiert werden. "Im Grunde können wir die verschiedensten Materialien, Metalle und Kunststoffe, sortenrein trennen. Das heißt, mit einer Reinheit von etwa 98 Prozent", sagt Panowitz.

Sogar die bromierten Flammstoffe, flammhemmende Kunststoffe, deren Ausdünstungen hochgiftig sind und die man laut Greenpeace nicht von recycelbaren Kunststoffen unterscheiden kann, sortiert das Unternehmen aus. Genaueres darf Panowitz über die dafür konstruierte Maschine nicht verraten. Nur so viel: Mittels Röntgenstrahlen erkennt ein Computer den Unterschied zwischen harmlosen und gefährlichen Materialien. Der Aufwand zahlt sich aus: Wo die Industrie 900 Liter Erdöl und 14.000 Kilowattstunden elektrische Energie braucht, um eine Tonne Kunststoff herzustellen, braucht man im Recyclingprozess dazu zwei Tonnen Abfall und 950 Kilowattstunden.

Elektroschrottschieber

Trotzdem scheint sich die Rückgabe noch nicht ganz durchgesetzt zu haben: Laut EU und Greenpeace wird nur ein Viertel bis ein Drittel des anfallenden Elektroschrotts in Europa fachgerecht entsorgt. Die Geräte werden - teilweise illegal - entweder nach Osteuropa, Asien oder Afrika exportiert, wo sie repariert oder eben gefährlich für Mensch und Umwelt recycelt werden.

In Österreich sei das Hauptproblem aber immer noch die Deponierung im Mistkübel, sagt MA-48-Mitarbeiter Kronberger: "Immer noch landen sehr viele Kleingeräte im Hausmüll und damit in unseren Restmüllverbrennungsanlagen." Große Teile wie PCs können hier eventuell noch rechtzeitig herausgefiltert werden, Notebooks und Handys werden aber wahrscheinlich durchrutschen. Und auch wenn sie durch moderne Filteranlagen beim Verbrennen keinen Schaden anrichten, könnten sie bei fachgerechter Trennung wiederverwertet werden und als Basis eines neuen Computers dienen.

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(matrix/Michael Fiedler)