CCC publiziert Vertrag zu Internet-Filtern

KONTROLLE
13.02.2009

"Vorzensur ohne gesetzliche Grundlage"

Die deutsche Bürgerrechtsorganisation Chaos Computer Club (CCC) hat am Freitag einen Vertragsentwurf des deutschen Bundeskriminalamts (BKA) veröffentlicht, mit dem dieses Internet-Betreiber auf die Einführung von Internet-Filterlisten verpflichten will. Der Entwurf sei dem CCC zugespielt worden, so dessen Sprecher Andy Müller-Maguhn.

Der Vertrag materialisiert das Vorhaben der deutschen Familienministerin Ursula von der Leyen, den Zugriff auf Kinderporno-Websites zu verhindern. Auch in Österreich hat Justizministerin Claudia Bandion-Ortner ähnliche Pläne verlauten lassen.

"Schaffung einer Zensurinfrastruktur"

Der CCC schreibt: "Technisch soll die 'Erschwerung des Zugangs' durch die Umsetzung der Sperrlisten des BKA durch die ISPs vollzogen werden. Die betroffenen Domains, bei denen das BKA festgestellt hat, dass diese kinderpornografische Schriften im Sinne von § 184b des Strafgesetzbuches (StGB) beinhalten oder den Zugang hierzu vermitteln, sollen innerhalb von sechs Stunden durch die ISPs gesperrt werden. Warum das BKA nicht sofort durch polizeiliche Ermittlungsarbeit gegen die auf der Zensurliste gelisteten Urheber derartiger Materialien vorgeht, bleibt völlig unklar. Der CCC sieht dadurch bestätigt, dass nicht die tatsächliche Bekämpfung der Kinderpornografie und der Schutz der Kinder, sondern die Schaffung einer Zensurinfrastruktur im Vordergrund stehen."

Müller-Maguhn sieht das Vorhaben als verfassungswidrige Vorzensur, die am Parlament vorbei durch direkte Vertragsabschlüsse mit den Providern durchgedrückt werden soll. Wenigstens ermögliche diese Art der Durchsetzung der Internet-Filter den Kunden, von ihrem Sonderkündigungsrecht Gebrauch zu machen.

Geheime Listen

Der Argumentation des CCC gibt eine Formulierung in dem publizierten Vertragsentwurf Vorschub, nach dem die Liste mit den zu sperrenden Domains "nur den für die Sperrung zuständigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zugänglich gemacht" werden darf. Eine geheime Sperrliste könnte auch Domains enthalten, die nichts mit illegalen Inhalten zu tun haben. In Schweden gab es bereits einen Versuch, den ungeliebten Torrent-Tracker The Pirate Bay über die dortige Kinderporno-Filterliste sperren zu lassen.

Konkret heißt es im Vertragsentwurf: "Der ISP verpflichtet sich, die in den Listen enthaltenen Angaben nicht an Dritte weiterzugeben oder sonst zu verwenden. Er hat sie durch geeignete Maßnahmen gegen die Kenntnisnahme durch Dritte zu sichern.Er hat überdies sicherzustellen, dass alle Personen, die mit der Sperrung der VDN betraut sind, die in der Liste enthaltenen Informationen nicht an Dritte weitergeben oder sonst verwerten. Diese Verpflichtungen gelten auch im Falle einer Beendigung des Vertrages fort."