Microsoft veröffentlicht IE8
Microsoft hat seinem Web-Browser Internet Explorer in Version 8 unter anderem farbige Tabs, "privates" Surfen und bessere Phishing-Filter spendiert. Lesezeichen werden zu Mini-Sites mit "Web Slices", "Schnellinfos" werten die Kontextmenüs auf.
Microsoft hat angekündigt, am Mittwoch gegen 18.00 Uhr MEZ die finale Version des Internet Explorer 8 (IE8) zum Download freizugeben. Mit dem neuen Release will der in Sachen Feature-Reichtum zuletzt leicht ins Hintertreffen geratene Web-Browser den Anschluss an Konkurrenten wie Opera, Mozilla Firefox und Google Chrome wiederfinden.
Der IE8 läuft unter Windows ab XP SP2. Er wird auch Bestandteil des Vista-Nachfolgers Windows 7 sein. Dort wird es auch möglich sein, den Browser im System zu deaktivieren. Microsoft trägt damit Forderungen der EU-Kommission Rechnung.
Farbige Tabs
Was dem Nutzer als Erstes auffällt, ist die farbliche Kennzeichnung der Tabs, also der Anzeigeflächen für geöffnete Websites unterhalb der Menüleiste. Wird ein Link auf einer Seite in einem neuen Tab geöffnet, bekommen beide Tabs automatisch dieselbe Farbe zugewiesen. Jeder weitere neue Tab, der einem Link dieser beiden Seiten entspringt, bekommt ebenfalls dieselbe Farbe. So wird versucht, die Gruppierung von thematisch ähnlichen Inhalten bei der Recherche einfacher zu gestalten.
"Web Slices"
Mit der Funktion "Web Slices" lassen sich einzelne Inhalte einer Website in die Favoriten-Leiste integrieren. Anstatt eine komplette Seite im Browser zu öffnen, wird ein kleines Pop-up-Fenster mit dem gewählten Baustein angezeigt. Wird dessen Inhalt aktualisiert, verständigt IE8 den Nutzer davon.
So lassen sich zum Beispiel eBay-Artikel, Kursentwicklungen und Verkehrsmeldungen beobachten. Ob sich die Microsoft-Auffassung von Minianwendungen im Browser durchsetzen wird, ist noch nicht abzusehen. Eine Vorauswahl findet sich bereits auf der IE8-Add-ons-Galerie des Unternehmens.
Schnellinfos
Als "Schnellinfos" werden kontextabhängige Erweiterungen
bezeichnet, die auf selektierten Text reagieren. Markiert der Nutzer eine Adresse mit dem Mauszeiger, so zeigt die Schnellinfo von Microsoft Live Maps die Position der Adresse auf einer Landkarte.
Eine andere Schnellinfo übersetzt Wörter und Sätze, weitere schlagen die vom User ausgewählten Begriffe auf Wikipedia oder Google nach. Abgefragt werden Schnellinfos über das Kontextmenü mittels Rechtsklick oder über ein dafür vorgesehenes Symbol. Dieses tritt automatisch in Erscheinung, wenn der Nutzer Text markiert.
Der Browsermarkt
Laut aktueller Statistik des Marktforschungsunternehmens NetApplications vom Februar halten die verschiedenen Versionen des Internet Explorers derzeit 67,44 Prozent Anteil am weltweiten Browsermarkt. Auf Platz zwei folgen die Versionen von Mozilla Firefox mit 21,77 Prozent. Auf Platz drei liegt Apples Safari mit 8,02 Prozent, gefolgt von Google Chrome (1,15 Prozent) und Opera (0,71 Prozent). In dieser Statistik werden auch mobile Clients wie die neue Smartphone-Generation berücksichtigt.
InPrivate-Browsing
Auf Apples Safari und Mozillas Firefox 3.1 Beta bereits erhältlich, bekommt nun auch der Internet Explorer einen Modus, der es dem Nutzer erlaubt, auf der lokalen Maschine möglichst wenige Spuren zu hinterlassen.
Nach Abschluss der aktuellen Sitzung löscht das System alle privaten Daten. Dazu gehören Cookies, Formular-Daten, History, Cache sowie Username und Passwörter. Die Spuren im Netz, die beispielsweise im Rahmen der Vorratsdatenspeicherung erfasst werden, bleiben freilich erhalten.
Verbesserte Anti-Phishing-Maßnahmen
Um Betrügereien im Netz vorzubeugen, wurde sowohl die Adressleiste als auch die Skript-Überwachung modifiziert. So wird der Domain-Name einer Internet-Adresse farblich hervorgehoben, um Verwechslungen wie Paypal.com.ru statt Paypal.com vorzubeugen. Wird ein Skript von einer externen Seite aufgerufen, wird dieses vor
seiner Ausführung auf Schädlichkeit hin überprüft.
Die vielen Gesichter des Internet Explorer 8
Web-Standards und Privatsphäre
Für Web-Designer und Programmierer besteht die wichtigste Neuerung im IE8 darin, dass Microsoft sich die Unterstützung allgemeingültiger Web-Standards auf die Fahnen geschrieben hat. Der IE8 unterstützt von Haus aus CSS 2.1 und besteht im Gegensatz zum Vorgänger die Kompatibilitätsprüfung Acid Test 2. Für die vollständige Punktezahl beim Acid Test 3 mangelt es allerdings an Unterstützung des SVG-Formats.
Für Kontroversen unter Profis sorgt der "Kompatibilitätsmodus", der Seiten anzeigen soll, die speziell für Internet Explorer 7 optimiert wurden. War dieser Modus bei den ersten Betas die Voreinstellung für die Betrachtung jeder Seite, muss der Nutzer ihn in der finalen Version manuell betätigen.
Ein weiteres kontroverses Feature verbirgt sich hinter der Funktion "vorgeschlagene Sites". Diese muss vom Nutzer erst aktiviert werden. Sie übermittelt Daten wie IP-Adresse, Browser-Typ, regionale und sprachliche Einstellungen sowie besuchte Sites an Microsoft. Als Gegenzug bekommt der Nutzer zu jeder angesteuerten Web-Adresse eine Liste an Sites, die "gleichwertige" Nutzer ebenfalls besucht haben.
Solider Eindruck
Von Bedenken zu Web-Standards und Privatsphäre abgesehen macht der Internet Explorer 8 einen soliden Eindruck. Features wie "Web Slices" und Schnellinfos sind zwar ein Zugeständnis an die Extension-Community von Firefox, können aber überzeugen. Wer den Internet Explorer als innovationsarmes Produkt eines Monopolisten abgestempelt hatte, wird mit der neuen Version 8 eines Besseren belehrt.
(Michael Maurer)