Facebooks Kleingedrucktes verärgert Nutzer
Die Social-Networking-Plattform Facebook hat ihre Nutzungsbedingungen geändert und erhebt nun auch nach der Auflösung von Nutzer-Accounts Anspruch darauf, die von Usern geschaffenen Inhalte weiterverwenden zu dürfen. Facebook-Nutzer laufen gegen die Neuregelung Sturm. Unternehmensgründer Mark Zuckerberg beschwichtigt.
"Facebook kann mit den Daten seiner Nutzer tun und lassen, was es will. Für immer", fasste das Weblog Consumerist die Änderungen der Nutzungsbedingungen der US-Social-Networking-Plattform am Sonntag in einem Posting zusammen.
Fast zwei Wochen lang waren die neuen Facebook-Nutzungsbedingungen weitgehend unbemerkt geblieben. Bereits am 4. Februar strich Facebook einen Passus aus seinen Terms of Service (TOS), der besagte, dass die Nutzungsrechte der Plattform an den von einem Nutzer generierten Inhalt mit der Schließung von dessen Account auslaufen.
Daneben wurden die Nutzungsbedingungen um einen Absatz ergänzt, in dem explizit festgehalten wird, dass Facebook Inhalte von Nutzern auch nach der Schließung deren Accounts aufbewahren und entsprechend seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) nutzen darf.
Weitgehende Rechte
Theoretisch bedeutet das, dass Facebook jetzt auch nach der Löschung eines Nutzer-Accounts die von den Nutzern geschaffenen Inhalte "nutzen, kopieren, veröffentlichen, streamen, speichern, aufbewahren, scannen und umformatieren" kann, wie es in den AGB heißt. Die Nutzung der von den aktiven Mitgliedern generierten Inhalte (auch für kommerzielle Zwecke und Werbung) war Facebook bereits nach den alten AGB erlaubt.
Eine explizite Zustimmung zu den geänderten Bedingungen seitens der Nutzer ist nach US-Recht nicht erforderlich. Sie wird mit der Weiternutzung der Plattform automatisch erteilt.
Nutzerproteste
Unter Facebook-Nutzern sorgten die geänderten AGB für Unbehagen. Anfang der Woche formierten sich die ersten Protestgruppen, die eine Rücknahme der Änderungen der Nutzungsbedingungen verlangten. Die Gruppe "People Against the new Terms of Service" zählte am Dienstagvormittag bereits mehr als 16.000 Mitglieder.
"Facebook really pissed me off", war noch eines der höflicheren Postings, die in dem Forum zur Gruppe zu lesen waren. Zahlreiche Inhalte wurden gelöscht, Accounts wurden stillgelegt.
Facebook beschwichtigt
Facebook versuchte die Wogen zu glätten. "Wir beanspruchen keine Eigentumsrechte an den Inhalten der Nutzer", ließ ein Facebook-Sprecher den Branchendienst Industry Standard wissen. Die neuen Nutzungsrechte würden jedoch der Funktionsweise des Dienstes besser entsprechen.
So würden etwa Nachrichten, die auf den Profilen anderer Nutzer gepostet wurden, nicht automatisch bei Auflassung des eigenen Nutzer-Accounts gelöscht. Schließlich stünden auch Informationen, die per E-Mail versandt wurden, in den Postfächern der Adressaten weiterhin zur Verfügung, ungeachtet dessen, ob sie der Verfasser nachträglich löschen wolle, so der Facebook-Sprecher: Nutzereinstellungen in Hinblick auf die Sichtbarkeit der Nachrichten (nur für Freunde etc.) würden darüber hinaus auch nach der Löschung des Accounts selbstverständlich akzeptiert.
Vertrauensfrage
"Es ist unsere Philosophie, dass Nutzer über die von ihnen bereitgestellten Informationen verfügen und auch kontrollieren können, mit wem sie diese Informationen teilen", schrieb Facebook-Gründer Mark Zuckerberg in einem Posting im Facebook-Blog.
Facebook würde niemals Informationen weitergeben, wenn es von den Nutzern nicht erwünscht sei, so Zuckerberg weiter. Er mahnte in dem Blog-Posting das Vertrauen der Nutzergemeinde ein: "Das in Facebook gesetzte Vertrauen ist die wichtigste Grundlage für das Funktionieren des Dienstes", schrieb Zuckerberg.
"Warum sollte jemand einem Unternehmen persönliche Informationen anvertrauen, das sich explizit das immerwährende Nutzungsrecht an diesen Informationen vorbehält", meinte hingegen der Journalist Sasha Frere-Jones gegenüber der "New York Times." Es gebe keinen Grund anzunehmen, dass Facebook aus den Daten keinen Nutzen ziehen wolle.
"Neue Qualität"
Auch Daniela Zimmer von der Arbeiterkammer Wien (AK Wien) kritisierte auf Anfrage von ORF.at die geänderten Geschäftsbedingungen der Social-Networking-Plattform. Diese würden diametral den Forderungen von Konsumentenschützern entgegenlaufen, sagte Zimmer. "Es ist schon bedenklich, dass Einträge nach dem Auflösen eines Nutzer-Accounts nicht vollständig gelöscht werden können. Dass sie von den Plattformbetreibern auch unlimitiert genutzt werden können, ist eine neue Qualität."
Zimmer empfiehlt österreichischen Facebook-Nutzern wegen der mangelnden Datenschutzstandards und "generell schwierigen" Rechtsdurchsetzung in den USA auf europäische Facebook-Pendants auszuweichen. Diese seien in Bezug auf den Datenschutz zwar auch keine Musterschüler, sie würden jedoch europäischen Rechtsnormen unterliegen.
Die Konsumentenschützerin wünscht sich generell mehr Rechte in Bezug auf selbst veröffentlichte Daten im Internet. Es müsste genau definiert werden, welchen weiteren Verwendungen jemand tatsächlich zustimmt, wenn er Daten im Netz freigebe, forderte Zimmer. Auch ein Zeitstempel, der selbst veröffentlichte Informationen mit einem Ablaufdatum versieht, wäre nach Ansicht Zimmers sinnvoll.
(futurezone/Patrick Dax)