Einheitsnetzteil: "Win-win-win-Situation"
Der österreichische Handel - ebenso wie die Mobilfunker - begrüßt die Entscheidung des Mobilfunkindustrieverbands GSM Association zu einem Einheitsnetzgerät für Handys. Nicht zuletzt profitiert auch der Endverbraucher von dieser Entscheidung.
Erich Kurz, Vorsitzender des Fachausschusses Telekommunikation der Bundeswirtschaftskammer (WKÖ), begrüßte auf Anfrage von ORF.at die Initiative für einheitliche Netzteile für Handys. "Der Wunsch der Kunden ist eine gewisse Standardisierung von Handyzubehör", die Wirtschaftskammer habe das schon lange gefordert.
Die ständige Neuentwicklung bei Handymodellen sei ein Problem für den Handel. "Die Industrie hat aus Wettbewerbsgründen die Standardisierung bisher vermieden. Jeder will sein eigenes Gerät und immer etwas Neues verkaufen", so Kurz.
Für Handel bedeutet viel Zubehör viel Verlust
Der Grund, warum ein so hoher Prozentsatz ohne Freisprecheinrichtung im Auto telefoniere, sei derselbe. "Wenn man eine wirklich gute Freisprechanlage kaufen will, muss man mehr Geld ausgeben." Diese finanzielle Belastung würden nur wenige auf sich nehmen, da bei einem Handywechsel die Anlage nicht mehr passe.
Die Standardisierung der Netzgeräte bedeute für den Handel nicht unbedingt finanzielle Einbußen. "Für den Handel sind die vielen unterschiedlichen Netzteile nicht unbedingt von Vorteil", so Kurz. Ein großes Produktportfolio brauche auch ein großes Lager. "Und wenn ein Händler viel Zubehör lagernd hält, muss er viel davon entsorgen, weil es nach kurzer Zeit nicht mehr verkäuflich ist."
Unterschiedliche Spannungshöhe bei Handys
Schuld sei die rasante Entwicklung auf dem Handymarkt. Die Verluste durch veraltetes Zubehör seien von nicht geringer Größe. "Im Telekommunikationshandel macht der Verkauf von Zubehör 20 Prozent aus", konkretisierte Kurz. Eine genaue Zahl, wie viel davon die Netzteile ausmachen, konnte er nicht nennen.
Die Handys der verschiedenen Anbieter unterscheiden sich auch im Bedarf an elektrischer Spannung. So wies Kurz darauf hin, dass es zwei Varianten für die Umsetzung der Standardisierung gebe: "Entweder die Handys brauchen in Zukunft alle die gleiche Spannungsversorgung, oder es werden umschaltbare Universalgeräte eingeführt."
Nemsic: Kein Druck von EU
Boris Nemsic, CEO der mobilkom austria und auch Board-Mitglied der GSM Association (GSMA), sprach gegenüber ORF.at von einer "sehr vernünftigen Lösung". Die Industrie habe sich nach 15 Jahren endlich dazu durchgerungen.
Grund, warum die Lösung erst jetzt komme, sei die technische Entwicklung: "Mit dem Standard Micro-USB ist ein Multifunktionsanschluss möglich, über den Daten und Strom transportiert werden können", so Nemsic. Somit ergebe eine Vereinheitlichung "erst jetzt Sinn".
Wie weit der Vorstoß des EU-Industriekommissars Günter Verheugen in der vergangen Woche Einfluss auf die Entscheidung der GSMA hatte, darauf wollte Nemsic nicht näher eingehen. "Es gab wohl Gespräche mit der EU, aber wir lassen uns nicht drängen", so Nemsic.
Chvatal: "Win-win-win-Situation"
Auch seitens der anderen Mobilfunker kam ein positives Zeichen zur Initiative. T-Mobile-Chef Robert Chvatal sieht in der Entscheidung eine "Win-win-win-Situation". So würden Kunden, Hersteller und Umwelt davon profitieren. Dem Kunden werde eine bessere Usability geboten, die Hersteller könnten Kosten einsparen, und für die Umwelt sei es ein Gewinn, weil "weniger Ressourcen verbraucht und die Umwelt weniger belastet wird".
"Ich bin der Erste, der das unterstützt", sagte Chvatal gegenüber ORF.at auf der Mobilfunkmesse in Barcelona. In Boomzeiten habe jeder versucht, seine Position auszubauen. "Jetzt sind wir in einem gesättigtem Markt, wo man die einfache Bedienung unterstützen sollte", so der T-Mobile-CEO.
Zwei Standardgeräte möglich
"Die Umsetzung wird sicher nicht von heute auf morgen gehen", sagte Jan Trionow, technischer Leiter bei Hutchison ("3"). Die Entscheidung sei vor allem auch für die Kunden erfreulich. Bezüglich der Spannungsunterschiede bei Handys meinte Trionow: "Ich halte es für möglich, dass es künftig zwei Standardgeräte gibt." So sei für ihn ein Netzgerät für High-End- und eines für Low-End-Produkte vorstellbar.
Der Mobilfunkbetreiber Orange begrüßte die Standardisierung ebenso. "Die Mobilfunkbranche war in ihren Anfängen eine sehr technikgetriebene Branche", sagte CEO Michael Krammer. Jetzt sei sie in einer Phase, wo der Kundennutzen im Vordergrund stehe. "Wir werden Nutznießer dieser Regelung, weil die Entscheidung in Richtung Kundenfreundlichkeit geht", so Krammer.
(futurezone/Nadja Igler/Claudia Glechner)