Last.fm dementiert Weitergabe von Nutzerdaten
Der Online-Musikdienst last.fm hat die Weitergabe von Nutzerdaten an den US-Tonträgerindustrieverband (RIAA) zur Rückverfolgung nicht autorisierter Downloads in Abrede gestellt. Das Weblog TechCrunch hatte zuvor ein entsprechendes Gerücht verbreitet.
Last.fm habe der Recording Industry Association of America (RIAA) eine gewaltige Menge an Nutzerdaten ausgehändigt, berichtete TechCrunch am Freitagabend. Der Tonträgerindustrieverband habe die Daten angefordert, um Leute identifizieren zu können, die bisher unveröffentlichte Songs aus dem jüngsten U2-Album "No Line on the Horizon" auf ihren Computern gespeichert haben.
Das Album war am Donnerstag, zwei Wochen vor seiner geplanten Veröffentlichung am 3. März, in Filesharing-Netzwerken aufgetaucht. Als Quelle für den Artikel gab TechCrunch den Freund eines Mitarbeiters der last.fm-Mutter CBS an. Mehrere last.fm-Mitarbeiter dementierten die Weitergabe von Nutzerdaten an die RIAA umgehend.
"Völliger Unsinn"
Der Artikel sei völliger Unsinn und unwahr, schrieb last.fm-Mitgründer Richard Jones ins TechCrunch-Forum. Jones zeigte sich auch über die ungeprüfte Veröffentlichung des Gerüchts verärgert: "TechCrunch ist voller Scheiße."
Im last.fm-Forum wies Russ Garrett, Systemarchitekt beim britischen Online-Musikdienst, das TechCrunch-Posting ebenfalls zurück. Last.fm habe niemals eine Anfrage zur Herausgabe von Nutzerdaten von der RIAA erhalten und würde einer solchen auch nicht Folge leisten, so Garret. Zwar gebe last.fm allgemeine Statistiken an Labels weiter, daraus ließen sich jedoch keine Rückschlüsse auf einzelne Nutzer ziehen. Der Artikel auf TechCrunch sei frei erfunden.
Accounts gelöscht
Das von TechCrunch in Umlauf gebrachte Gerücht hatte unterdessen dazu geführt, dass zahlreiche Nutzer ihre Accounts bei dem Online-Musikdienst löschten, berichetete der Branchendienst Paidcontent.org. Aufgrund von schlechtem Journalismus würden diese nun ihre jahrelang sorgsam gesammelten Daten verlieren, ärgerte sich last.fm-Mitarbeiter Jonty Wareing im TechCrunch-Forum.
Last.fm zeichnet mit Hilfe der Software Audioscrobbler die auf den Computern seiner Nutzer abgespielten Songs auf, um ihnen maßgeschneiderte Online-Radiostreams und Musikempfehlungen zu liefern. Die so generierten Daten sind auf last.fm öffentlich einsehbar.
"Beweist gar nichts"
Demnach wurden Songs aus dem jüngsten U2-Album bis Sonntagmittag rund 115.000-mal von last.fm-Nutzern gehört. Für die bereits veröffentlichte Single "Get on your Boots" zählte last.fm 19.500 Hörer. Bisher nicht offiziell veröffentlichte Songs des Albums wurden immerhin bis zu siebentausendmal von last.fm-Nutzern abgespielt.
Die Zahlen sind jedoch mit Vorsicht zu genießen, da die Tracks nicht notwendigerweise mit den korrekten Metadaten versehen sein müssen. Das meinten auch User im last.fm-Forum. So stellte etwa der Nutzer Burkey die rechtliche Aussagekraft der last.fm-Daten in Frage: Das Scrobbling der Songs beweise gar nichts, schließlich könne jeder beliebige Track mit Songtitel aus dem neuen U2-Album getaggt werden.