© Fotolia/Maria.P, Handy mit E-Mail-Icon

SIM-Karten als Datencontainer

TECHNOLOGIE
25.02.2009

Eine neue Generation von SIM-Karten bringt mehr Speicherplatz auf dem Handychip. Ergänzt mit einer Serversoftware, können in Zukunft wesentlich mehr Daten darauf deponiert werden und Programme direkt auf der SIM-Karte laufen. Mit der SIM-Karten-Anwendung SIMail konnte ein österreichisches Forscherteam auf dem heurigen Mobile World Congress (MWC) in Barcelona einen Innovationspreis erringen.

Geht es nach Gerald Madlmayr, wissenschaftlicher Mitarbeiter am NFC Research Lab der Fachhochschule Hagenberg, soll künftig der SIM-Karte mehr Bedeutung zukommen. Gemeinsam mit dem Studenten Dominik Brandlberger entwickelte er SIMail, einen E-Mail-Client, der direkt auf der SIM-Karte läuft. Dafür erhielt das Forscherteam den dritten Platz im SIMagine-Wettbewerb auf dem heurigen MWC.

Der Vorteil von Anwendungen, die direkt auf der SIM-Karte laufen, liegt darin, dass bei einem Handywechsel alle Daten und Programme auf der SIM-Karte mitgenommen werden können. Zudem funktioniert SIMail unabhängig von der Marke auf allen Mobiltelefonen. "Es gibt viele E-Mail-Clients für Handys, die brauchen jedoch ein spezielles Betriebssystem oder Java. Das Innovative an diesem System ist, dass es komplett unabhängig vom Gerät funktioniert", so Brandlberger, Student des auf Mobilkommunikation spezialisierten FH-Studiengangs "Mobile Computing" .

SIMail: Ein E-Mail-Client für die SIM-Karte

Die SIM-Karte gibt es noch nicht

Einziger Haken der Anwendung: "Sie läuft derzeit nur auf einem Simulator am PC und nicht auf dem Mobiltelefon, weil es die dafür notwendige SIM-Karte noch nicht gibt", erklärt Brandlberger gegenüber ORF.at. So fehle es derzeit noch an der notwendigen Kombination: Nämlich der Netzwerkfähigkeit der SIM-Karte, um eine Datenverbindung mit dem Internet herzustellen, und dem Smartcard-Webserver (SCWS), der darauf installiert sein müsse.

"Es wird schon daran gearbeitet. Sechs bis zwölf Monate soll es noch dauern, bis die erste SIM-Karte mit dieser Kombination auf dem Markt kommt", schätzt Brandlberger. "Durch die technologische Verzögerung hat bis jetzt auch noch kein Mobilfunker direkt Interesse an SIMail angemeldet", meint der FH-Student, der die Anwendung auch zum Thema seiner Masterarbeit machen will.

Wesentlich größerer Speicher

"Neben Google-Handy und iPhone steht uns jetzt eine ganz neue Dimension von Anwendungen bevor, die SIM-Karten-Technologie nützt“, so Madlmayr. Das herausragende Merkmal der neuen SIM-Karten sei deren Speicherkapazität. "In den meisten Mobiltelefonen heute sind SIM-Karten mit 32 KB enthalten, in Barcelona präsentierten sie eine SIM-Karte mit einem GB Speicher", erläutert Madlmayr im Gespräch mit ORF.at.

Der Vorteil vom SCWS sei zudem, dass damit die Informationen auf der SIM-Karte visualisiert werden können. "Dieser stellt eine Benutzerschnittstelle zu einer Anwendung auf der SIM-Karte in Form einer Webseite dar", erklärt der Wissenschaftler, "mit der auch interagiert werden kann."

High-Security-Speicher

SCWS alleine und die Anwendungen auf der SIM-Karte seien nicht die "Killerapplikation". Das sei auch der Grund, warum die Mobilfunkbetreiber - deren "wesentlicher Zugriff auf den Kunden" über die SIM-Karte laufe - bis dato noch nicht umgestellt hätten. Aber in Kombination und ergänzt um Near Field Communication (NFC) könne der Mobilfunkprovider wie auch der Verbraucher davon profitieren.

Im Gegensatz zu den billigen Speichern, wie USB-Sticks und Festplatten, sei die SIM-Karte ein High-Security-Speicher. "Die neue Generation an SIM-Karten ist von der zertifizierten Sicherheit genauso hoch wie jene, die in den Reisepässen verwendet wird", erklärt Madlmayr. Diese "relativ hohe Sicherheit" mache die SIM-Karten auch so teuer.

Bezahlanwendungen auf der SIM

Auch für die kontaktlose Radio Frequency Identification-Technologie (RFID), der Identifizierung mit Hilfe von elektromagnetischen Wellen, sei ein sicherer Speicherplatz notwendig. "Für die ÖBB-Vorteilskarte sowie Kredit- und Bankomatkarte bietet sich die SIM-Karte als sicherer Datencontainer an", meint Madlmayr. Direkt auf dem Handy ließen sich heikle Bezahlanwendungen aus Sicherheitsgründen nicht installieren.

Natürlich kann auch ein Handy mit der SIM-Karte gestohlen werden. Doch im Gegensatz zur Geldtasche und den zahlreichen Karten darin, lasse sich die SIM-Karte mit einer Kurzmitteilung - sofern sich das Handy im Netz befindet - einfacher sperren. Sollte das Handy wieder auftauchen, könne es mit einem PIN-Code auch wieder entsperrt werden.

In 30 Sekunden eine Kreditkarte

Einen weiteren Vorteil der SIM-Kartentechnologie sieht Madlmayr in der Prozessoptimierung und Automatisierung: "Ich stelle mir das so vor. Ich logge mich beim Telebanking ein, bestelle mir eine Mastercard, gebe meine Rufnummer an, und 30 Sekunden später ist mein RFID-Telefon eine kontaktlose Kreditkarte." Für den Wissenschaftler ist das die sicherste Methode: "Wenn in Zukunft eine Anwendung auf mein Telefon direkt zugestellt wird, dann gibt es niemanden mehr, der meine Kreditkarte auf dem Weg zu mir aus einem Kuvert entwenden kann."

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(futurezone/Claudia Glechner)