Ex-Verfassungsrichter rügt Schäuble
Anti-Terror-Gesetzgebung "schamlos"
Der frühere deutsche Verfassungsrichter Jürgen Kühling hat Regierung und Parlament beim Erlass von Sicherheitsgesetzen mangelnde Achtung vor dem Grundgesetz vorgeworfen. Das Bundesverfassungsgericht habe in den vergangenen Jahren immer wieder Anti-Terror-Vorschriften beanstandet und dabei verfassungsrechtliche Vorgaben gemacht.
"Bis an die Grenze"
"Der Gesetzgeber scheut sich nicht, bis an die Grenzen dieser Vorgaben zu gehen. Das empfinde ich als schamlos", sagte Kühling am Freitag in Karlsruhe. "Die Politiker sind nicht weniger an das Grundgesetz gebunden als die Richter." Kühling stellte das von der Bürgerrechtsorganisation Humanistische Union herausgegebene "Graubuch Innere Sicherheit" vor, in dem eine kritische Bilanz der seit 2001 erlassenen Sicherheitsgesetze gezogen wird.
Der deutsche Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU) hatte am Mittwoch seinerseits dem Bundesverfassungsgericht eine zu starke Einmischung in die Arbeit des Gesetzgebers vorgeworfen. Er habe "Zweifel, ob das Verfassungsgericht wirklich entscheiden sollte, für welche Straftaten man welches Instrument gesetzlich vorsehen kann oder nicht", sagte Schäuble der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung".
Data-Retention eingeschränkt
Als Beispiel nannte er die einstweilige Anordnung des Gerichts zur Vorratsdatenspeicherung vor einem Jahr, seit der Telefon- und Internet-Verbindungsdaten nur noch zur Aufklärung besonders schwerer Straftaten genutzt werden dürfen. "Wer Gesetze gestalten will, sollte sich bemühen, Mitglied des deutschen Bundestages zu werden", sagte Schäuble.
(dpa)