DT: Nützliche "Heuschrecken"

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13.11.2006

Wie deutsche Politiker gemeinsame Sache mit Großinvestor Blackstone machten, um Kai-Uwe Ricke als Chef der Deutschen Telekom AG abzusetzen.

Aus heiterem Himmel kam die Ablösung von Deutsche-Telekom-Chef Ricke auf Betreiben der Großaktionäre Bund und Blackstone nicht. Erste deutliche Warnungen sandte SPD-Fraktionschef Peter Struck schon Ende Oktober aus, als über einen weiteren radikalen Stellenabbau diskutiert wurde. Der Bund halte zwar nur rund 30 Prozent der Aktien, werde seinen Einfluss bei Europas größtem Telekom-Konzern aber ausüben, sagte Struck unmissverständlich an die Adresse von Ricke.

Und Finanzminister Peer Steinbrück [SPD] gab zuletzt die in Kapitalmarktfragen sonst übliche Zurückhaltung auf und machte seinem Ärger über den dahindümpelnden Kurs der DT-Aktie ordentlich Luft: Wegen des enttäuschenden Kursverlaufs sei ein für Ende 2006 geplanter Verkauf von DT-Aktien über "Platzhaltergeschäfte" vertagt worden - mit entsprechenden Milliardenausfällen für den Bundesetat.

Hilfe von der "Heuschrecke"

Steinbrück hatte bereits Ende April den Druck auf Ricke erhöht, als er für 2,7 Milliarden Euro 4,5 Prozent an den US-Finanzinvestor Blackstone verkaufte. Ein Jahr zuvor waren Investmentfirmen in der SPD als "Heuschrecken" verunglimpft worden. Steinbrücks Strategie: Die Finanzprofis von Blackstone sollten dem einst als Volksaktie gefeierten DT-Papier auf die Sprünge helfen, damit der Bund sein Restpaket von knapp 32 Prozent lukrativ versilbern kann. Als Einstieg in den Ausstieg könnte eine Kursmarke von 17 Euro je Aktie gelten, heißt es.

Weil Ricke den Kundenschwund im Festnetz nicht stoppen konnte und mit einer unerwarteten Gewinnwarnung die beiden Großaktionäre zusätzlich verärgerte, soll Steinbrück Unternehmenskreisen zufolge bereits vor etwa einem Monat den Daumen über Ricke gesenkt haben. Gemeinsam mit Aufsichtsratschef Klaus Zumwinkel sei das Szenario für den schnellen Stabwechsel zu Rene Obermann entwickelt worden.

Steinbrück und Zumwinkel können sich anrechnen lassen, dass die Rochade an der DT-Spitze geräuschlos organisiert und ein peinliches Personaltheater wie im Sommer 2004 vermieden wurde. Damals war DT-Chef Ron Sommer von der Politik für den dramatischen Kurssturz auf nur noch etwas mehr als acht Euro verantwortlich gemacht und von Rot-Grün in der heißen Phase des Bundestagswahlkampfs geopfert worden.

Ron "Blackstone" Sommer saniert mit

Trotz erbitterter Gegenwehr musste der einst von der Politik hofierte Sommer das Feld räumen, Ricke übernahm das Ruder. Ironie der Geschichte ist, dass Rickes einstiger Förderer und Chef nun zu den Strippenziehern des erneuten Umsturzes zählte. Sommer ist Berater von Blackstone.

Und sollte Steinbrück sich allen öffentlichen Dementis zum Trotz doch noch für einen großen DT-Aktienverkauf an den russischen Mischkonzern Sistema entscheiden, wäre der einstige "Mr. Telekom" wieder mit von der Partie. In seinem Portemonnaie steckt auch eine Visitenkarte als Sistema-Ratgeber.

Aktienkurs steigt leicht

Der neue DT-Chef Obermann wurde an den Finanzmärkten spontan mit einem Kursanstieg begrüßt. Die Aktie kletterte auf knapp 13,50 Euro. Doch schon bald könnte die Debatte über eine "Repolitisierung" des einstigen Staatskonzerns neu aufflammen. Analysten und Investoren sehen es nicht gerne, wenn der Staat bei einem DAX-Schwergewicht Einfluss nimmt.

Wie werden sich SPD und Union verhalten, wenn die neue Spitze noch mehr Stellen abbauen will, um den "Rosa Riesen" zu sanieren? Zunächst soll die DT aus den Negativschlagzeilen heraus. Sollte Obermann auch in fünf Jahren noch an der Konzernspitze stehen, dürfte der Bund dann nicht mehr an Bord sein.

(dpa | futurezone)