Kinderpornosperre im Kabinett beschlossen

DEUTSCHLAND
25.03.2009

Internet-Anbieter sollen Websites aus dem Ausland blockieren

Das deutsche Bundeskabinett hat nach mehrmonatigen Debatten eine härtere Bekämpfung von Kinderporno-Seiten im Internet beschlossen. Die deutsche Bundesregierung will nach einem Kabinettsbeschluss vom Mittwoch den Zugang zu Kinderporno-Seiten erschweren, die auf Servern im Ausland liegen.

Gesellschaftliches Signal zur Ächtung

Auf andere Inhalte soll das Gesetz bewusst nicht ausgeweitet werden. Ziel des Gesetzentwurfes ist es, den kommerziellen Massenmarkt empfindlich zu stören und ein gesellschaftliches Signal zur Ächtung von Kinderpornografie zu setzen. Alle deutschen Anbieter von Internetzugängen sollen verpflichtet werden, den Zugang zu Kinderporno-Seiten zu erschweren.

Den Nutzern soll klargemacht werden, warum der Zugang blockiert wird. Gleichzeitig wird eine Informations- und Beschwerdestelle eingerichtet. Darauf wird auf einer "Stopp-Seite", auf die der Nutzer automatisch umgeleitet wird, hingewiesen.

Gesetz noch vor der Bundestagswahl

Sehr vage bleiben die Eckpunkte beim Eingriff in Grundrechte und andere Gesetze. Diese müssten geprüft werden, heißt es. Außerdem müsse die beste technische Lösung erst noch gefunden werden. Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen (CDU) rechnet jedoch nicht damit, dass ein Gesetz noch vor der Bundestagswahl verabschiedet werden kann.

Drei bis sechs Monate Zeit für Provider

Kurz vor oder nach Ostern würden Telekom, Vodafone/Arcor, O2, Kabel Deutschland und Alice die Papiere unterzeichnen. Die Provider benötigten drei bis sechs Monate Zeit, um die technischen Voraussetzungen für die Sperrung zu schaffen Mit der Gesetzesänderung sollen dann alle deutschen Provider verpflichtet werden, den Zugang zu Kinderporno-Seiten zu erschweren.

Rechtliche Bedenken

Ulrich Sieber vom Max-Planck-Institut hat rechtliche Bedenken: Er verweist darauf, dass die neuen, hybriden Sperrtechnologien die Verbindungsdaten zu verdächtigen Internetadressen automatisch identifizieren und zur weiteren Auswertung speichern können. Mit dieser Technologie könne der Staat eine "zentrale Kontrollarchitektur" schaffen, die über die Sperrung ausländischer Internetadressen hinaus auch noch "eine effektive und flächendeckende Überwachung der Internetkommunikation" wie etwa in China ermöglicht, heißt es in einer 280 Seiten starken Expertise über "Sperrverfügungen im Internet".

Fernmeldegeheimnis im Telemediengesetz

Doch solch eine Schnüffelei in den Datenströmen der Bürger ist nach dem derzeit geltenden Telemediengesetz und dem Telekommunikationsgesetz unzulässig: Deren Vorschriften verpflichten Internet-Provider ausdrücklich, das Fernmeldegeheimnis der Internet-Nutzer "zu wahren". Und es verbietet ihnen, anfallende Verbindungsdaten ohne gesetzliche Grundlage für andere Zwecke als die Herstellung einer Verbindung zu verwenden.

Sieber ist deshalb wie Bundesjustizministerin Brigitte Zypries der Ansicht, dass alle Sperrtechnologien, die beispielsweise auf der Analyse der IP-Adressen beruhen, mit denen der Internetnutzer zu identifizieren ist, eine Gesetzesänderung erfordern.

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(dpa/AFP)