Werbung zieht auf Österreichs Handys ein
Die heimischen Mobilfunker wollen in Zukunft auf dem mobilen Werbemarkt mitnaschen und haben sich entsprechend in Stellung gebracht. Vor allem Bannerwerbung soll jährlich für eine Verdoppelung der Umsätze sorgen, aber auch Location Based Marketing ist im Gespräch. Alle geloben, die Daten ihrer Kunden "dem Gesetz entsprechend" schützen zu wollen.
Werbung auf dem Handy wird eine glänzende Zukunft vorausgesagt: Von den Mobilfunkern auf Basis mehrerer Studien prognostizierte Wachstumsraten von bis zu 100 Prozent, von einem derzeit allerdings niedrigen Niveau, sollen den Markt in den kommenden Jahren treiben. 2012 sollen zehn Prozent der Online-Werbebudgets in mobile Werbung investiert werden - Umsätze, die sich die heimischen Mobilfunker offenbar nicht entgehen lassen wollen.
"3" und Orange kündigten dazu am Donnerstag eine Kooperation bei mobiler Werbung an, die mobilkom austria stellte am Donnerstagabend ihr neues mobiles Werbeportfolio vor, und auch T-Mobile bietet seit letztem Jahr mobile Werbung an.
"3" wirbt mit Orange
"3" ist auf diesem Sektor schon länger aktiv und verdiente 2008 laut eigenen Angaben rund eine halbe Million Euro mit mobiler Werbung. Mit Orange will "3" nun gemeinsam Neukunden aquirieren und ihre jeweiligen Mobilfunkkunden gemeinsam als Zielgruppe anbieten, vorerst nur für klassische Bannerwerbung auf den jeweiligen Kundenportalen.
Ziel der Kooperation sei es, den Werbekunden eine größere Plattform sowie mehr potenzielle Adressaten für ihre Werbung anzubieten zu können, so Christian Plamenig, bei "3" für das "3"-Handyportal zuständig, gegenüber ORF.at. "Unsere Strategien sind sehr ähnlich", erklärt Jürgen Pillinger von Orange den eher ungewöhnlichen Schritt. Gemeinsam wolle man nun den noch jungen Markt entwickeln.
"3" tritt dabei für beide Mobilfunker als klassischer Vermarkter auf - ein Direktangriff auf die etablierte Werbebranche. Die Kunden können ihre Kampagnen bei "3" und Orange direkt buchen, die Daten werden dann aus den jeweiligen Systemen direkt rausgespielt. So müssen laut Mobilfunkern keine Kundendaten an Dritte rausgegeben werden.
Bannerwerbung, SMS, Textlinks und Videos
Die mobilkom arbeitet für ihr Werbeportfolio mit der Agentur Out There Media zusammen, die für den Mobilfunker die diversen Werbeformen, darunter ebenfalls Bannerwerbung, Textlinks und Channel-Branding auf dem Portal Vodafone live, aber auch SMS/MMS-Werbung sowie Werbung in Videos, vermarkten soll.
T-Mobile schließlich setzt für seine Bannerwerbung sowie Linkplatzierungen und Sponsored Links in der eigenen Suche (via Yahoo) in seinem Web'n'walk-Portal auf Interactive Media. Auch bei der mobilkom und T-Mobile werden die Daten laut Angaben nicht an Dritte weitergegeben, sondern direkt aus den eigenen Systemen in die Werbeplatzierung übertragen.
Geordnet nach Geschlecht, Alter und Postleitzahl
Data Mining, also die Zusammenführung der einzelnen Datensätze, um auf bestimmte Verhaltensmuster der Nutzer Rückschlüsse ziehen zu können, schließen alle Anbieter mit Hinweis auf den Datenschutz aus. Derzeit würden die aggregierten Daten nach Geschlecht, Altersgruppe und maximal noch der Postleitzahl geordnet genutzt, Rückschlüsse auf einzelne Personen seien aber nicht möglich - "das würde uns das Gesetz auch gar nicht erlauben", so Reinhard Zuba, Bereichsleiter Marketing bei der mobilkom, gegenüber ORF.at. "Wir werden nur Dinge anbieten, die uns das Gesetz auch erlaubt."
"Die Zielgruppen auf zum Beispiel 17 Jahre, blonde Haare und gibt monatlich 100 Euro für Bekleidung aus, herunterzubrechen, würde sich für den österreichischen Markt gar nicht auszahlen", sagt Pillinger. "Damit würde ich meine Zielgruppe zu Tode segementieren."
Location Based Marketing als nächster Schritt
Location Based Marketing, bei denen der Kunde etwa auf bestimmten Plätzen gezielte Werbenachrichten erhält, schließt Zuba für die mobilkom nicht aus - genauso wenig wie T-Mobile. "Es wird sicher in die Richtung Location Based Marketing gehen", skizziert Alexandra Fida von T-Mobile Austria die Zukunft. Beide Mobilfunker betonen aber, dass das - wenn - dann nur mit dezidierter Zustimmung des Kunden passieren könne. Im Gegenzug könne der Kunde dafür Inhalte wie Videos gratis nutzen. "Das ist der Mehrwert", so Fida. "Der Kunde tauscht Werbung gegen Inhalte, ganz wie im Netz", erklärt Zuba.
Sowohl Plamenig als auch Pillinger sehen ortsbezogene Werbung auf Basis von GPS-Daten und Standortinformationen der Mobilfunkmasten sowie Behavioral Marketing derzeit noch nicht als großes Geschäft. "Das ist ein sehr heikles Thema", meint Plamenig, auch wenn es grundsätzlich interessant sei. Es ergebe aber keinen Sinn, die Kunden in einem so jungen Markt bereits jetzt mit derart invasiver Werbung zu verschrecken.
Kundenbindung auf dem Handy
Pillinger kann sich schon eher vorstellen, mit ortsbezogener Werbung Geld zu verdienen, "allerdings nicht in der Form, dass ein Kunde auf der Mariahilfer Straße 30 Vorschläge für Sonderangebote auf sein Handy erhält". Er sieht, wie seine Mitbewerber, vor allem im Bereich der Kundenbindungsprogramme, etwa bei Coupons für bestimmte Sonderangebote, eine weitere Chance für mobile Werbung im weiteren Sinne. Sollte der Kunde Location Based Werbung bewusst zustimmen, schließt allerdings kein Mobilfunker diese Möglichkeit grundsätzlich aus.
Werbung als Mehrwert
Alle Mobilfunker betonen gegenüber ORF.at, dass sich Werbung dem Kunden nicht aufdrängen darf, sondern unterordnen muss. "Werbung muss dem Kunden Content und Info bieten und zwar nur dann, wenn er es braucht", so Pillinger. Daher sei auch die Werbung über SMS und MMS, die mobile Form des Direct Mailings, nicht so wichtig, wie ursprünglich prognostiziert wurde, erklärt Plamenig. Sie stagniere auf eher niedrigem Niveau. Pillinger sieht diese Werbeform allerdings als nächste Möglichkeit für Orange, Werbung an Kunden zu verschicken - auch "3" und die mobilkom haben diese Werbeformen im Portfolio, jeweils als Opt-in, wie sie betonen.
Erster Schritt: Aufbau des Marktes
Derzeit geht es den Mobilfunker aber vor allem darum, den Markt aufzubauen und die Werbekunden davon zu überzeugen, in den jungen, aber für Werber sehr vielversprechenden Markt zu investieren. Auf keinem anderen Gerät kann Werbung direkter, gezielter und persönlicher platziert werden als auf Handys, je nach Datenbasis mit mehr oder weniger Streuverlust. Zudem ist mobile Werbung wie Online-Werbung deutlich günstiger als andere Werbeformen und ermöglicht ebenso genaue Kostenkontrolle.
"Wir sind jetzt in der Anfangszeit, es geht nun nicht nur darum, die Werbeformen anzubieten, sondern die Werber und Werbekunden auch davon zu überzeugen", sagt etwa Fida. Gleichzeitig müssten die Mobilfunker aber darauf achten, ihr "wichtigstes Asset, den Kunden", nicht zu vergraulen, so Zuba. Den Markt zu entwickeln, sei auch ihr Ziel, sagen Pillinger und Plamenig - welche Werbeformen sich durchsetzen werden und welche vom Kunden auch gewünscht werden, werde sich aber erst zeigen.
(futurezone/Nadja Igler)