Patienten von Datenschutzsorgen geplagt

14.11.2006

Patientenvertreter und die Wiener Ärztekammer haben Bedenken gegen die wachsende Zahl an elektronisch gespeicherten Gesundheitsdaten geäußert. Die E-Card ist dabei erst der Anfang, ab 2008 wird in Österreich auch die elektronische Gesundheitsakte eingeführt. Wer soll über die sensiblen Daten wachen?

Die E-Card, also der elektronische Krankenschein, ist nur der erste Schritt zu einer Reihe von Anwendungen und Projekten, die im Rahmen der österreichischen E-Health-Strategie geplant sind.

Die Wiener Ärztekammer hat nun Bedenken ausgesprochen, dass zukünftige Projekte in diesem Bereich einen massiven Eingriff in die Privatsphäre der Patienten bedeuten könnten.

Gesundheitsakte ELGA auf Schiene

Am 1. September gab Gesundheitsministerin Maria Rauch-Kallat [ÖVP] den Startschuss für die elektronische lebensbegleitende Gesundheitsakte, kurz ELGA. Erste Anwendungen soll es ab 2008 geben. Mit der fortschreitenden Entwicklung in Richtung elektronische Gesundheit oder "E-Health" wächst auch die Angst vor möglichem Datenmissbrauch.

Die Ärztekammer hat nun ein Positionspapier erstellt, das die wichtigsten Voraussetzungen einer funktionierenden E-Health-Strategie im österreichischen Gesundheitswesen definiert. Vordringliches Ziel dabei sei laut einer Aussendung die Wahrung der Rechte der Patienten und Ärzte gleichermaßen.

Gesundheitsministerium reagiert

Das Gesundheitsministerium betonte in Reaktion darauf, dass im Zusammenhang mit der Einführung der elektronischen Gesundheitsakte ein besonders hoher Stellenwert auf den Datenschutz gelegt wird.

Dieser sei der "Schlüssel zum Erfolg", betonte Clemens-Martin Auer, Kabinettschef von Rauch-Kallat: "Nicht nur die Ärztekammer sorgt sich, auch wir warnen vor jeglicher Form von Datenmissbrauch."

Keine zentrale Speicherung

Wenn es nicht möglich sei, Missbrauch auszuschließen, dann werde die elektronische Gesundheitsakte nicht kommen. Eine zentrale Datenspeicherung sei jedenfalls nicht vorgesehen, so Auer. Vielmehr sollten die Daten bei den Gesundheitsdienstleistern - also etwa Ärzten und Spitälern - bleiben. Eine zentrale Speicherung könne es schon auf Grund der großen Datenmenge nicht geben, hieß es.

Die elektronische Gesundheitsakte sei in erster Linie eine Suchmaschine. Für das Zugangs- und Berechtigungssystem brauche es eine klare gesetzliche Regelung, die es laut Auer noch nicht gibt. Derzeit sei deshalb eine Machbarkeitsstudie in Arbeit, die in Kürze vorliegen soll.

Ärztekammer für E-Health-Pläne

Zwar würden Entwicklungen und Planungen auf dem Gebiet von "E-Health" von der Ärztekammer prinzipiell begrüßt, betonte Johannes Steinhart, Vizepräsident der Ärztekammer Wien, am Dienstag in einer Pressekonferenz. Steinhart plädierte aber für eine aktive Einbindung der Ärztekammer.

Die letzte Entscheidung über die Weitergabe seiner Daten müsse beim Patienten selbst liegen, betonte Steinhart. Dieser solle auch entscheiden, welche Daten überhaupt gespeichert werden und welche Akteure die Erlaubnis zur Einsicht bekämen, erklärte Steinhart.

Wer soll die Daten verwalten?

Aus dem Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patienten ergebe sich laut Norbert Jachimowicz, dem stellvertretenden Obmann der Kurie niedergelassener Ärzte für Wien, die Forderung der Ärzteschaft, auch in Zukunft Hüterin der Patientendaten zu bleiben.

So müsse die ELGA auch unter hundertprozentiger Kontrolle der Ärzteschaft bleiben.

Die Ärztekammer-Studie

Eine von der Ärztekammer beauftragte OGM-Studie ergab im August, dass 71 Prozent der Österreicher ihre Gesundheitsdaten bei Ärzten bzw. Ärztekammer verwaltet wissen wollen. Zehn Prozent würden die Speicherung der Daten in die Verantwortung des Hauptverbands der Sozialversicherungsträger übertragen und lediglich zwei Prozent wählten das Gesundheitsministerium zum Hüter ihrer Daten. Für die Studie wurden rund 500 Personen ab 18 Jahren befragt.

Patientenvertreter warnen

Auch von Seiten der Patientenvertreter werden Bedenken geäußert, ob elektronisch gespeicherte Daten tatsächlich ausreichend geschützt werden können. "Ein Missbrauch von Gesundheitsdaten ist besonders gefährlich, da sich Probleme für den Patienten bei der Arbeitssuche oder auch bei Versicherungsverträgen ergeben könnten", warnt Erika Hardt-Stremayr, Gründerin und ehemalige Präsidentin von Diab-Care-Office Vienna.

"Auch Probleme gesellschaftlicher Natur könnten auf den Patienten zukommen, wenn seine Krankheit öffentlich wird."

Rechtliche Grundlage schaffen

Die Zusammenführung aller Gesundheitsdaten eines Menschen erzeuge ein erhöhtes Gefahrenpotenzial für die Privatsphäre der Patienten, unterstrich Dietmar Jahnel, Universitätsprofessor im Fachbereich Öffentliches Recht an der Universität Salzburg mit dem Schwerpunkt Datenschutzrecht.

Essenziell seien in diesem Zusammenhang Antworten auf die Fragen, wer für die Speicherung von Daten verantwortlich sei und in welcher technischen Form die Datensicherung gewährleistet werde.

Für ganz entscheidend hält Jahnel allerdings die Antwort auf die Frage, welche Personen unter welchen Voraussetzungen überhaupt auf die Daten zugreifen dürfen.

(futurezone | APA)