Bild: UMTSWorld.com

UMTS-Harmonie als Killerapplikation

24.11.2006

Eine EU-weite Harmonisierung der neuen, auf UMTS basierenden Datendienste könnte laut einer aktuellen Studie die Kosten für den Verbraucher purzeln, die Umsätze der Mobilfunker aber steigen lassen. Die Perspektive erstreckt sich bis 2020; Teil eins der UMTS-Serie.

In der EU-Kommission läuft gerade eine Diskussion, wie man am besten mit dem Frequenzspektrum für drahtlose Breitbanddienste [UMTS & Co.] zukünftig verfahren solle.

Angesichts der technischen Einführung immer neuer, schnellerer Datendienste wie HSUPA [High Speed Uplink Packet Access] steht für die Radio Spectrum Policy Group der EU-Kommission die bisher praktizierte Politik der "Harmonisierung" sowie "Liberalisierung" zur Disposition.

Die "Liberalisierer"

Letzteres bedeutet, dass nicht bis ins Detail geregelt wird, welche Teilfrequenzbänder des zugewiesenen UMTS-Bereichs mit welchen Datenprotokollen gepaart oder ungepaart bespielt werden müssen.

Ein Argument dafür ist, dass Markteinsteiger so bessere Chancen hätten, beim nächsten Technologiesprung im mobilen Datenfunk auch auf dem letzten Stand der Technik einzusteigen.

Deshalb sollte jede Regelung möglichst technologieneutral gehalten werden, fordern die Befürworter und verweisen dazu auf das Beispiel USA, wo der Mobilfunk weit weniger tiefengeregelt gewachsen ist.

Die bisherige Regelung ...

Dem gegenüber steht die bisherige EU-Politik einer genauen Regulation, die genau festlegt, welche Teilfrequenzen der Uplink-Kanal z. B. für Datenversand benutzt.

Ebenso ist in den einschlägigen Standards des European Telecom Standards Institute festgeschrieben, welche "Modulation" für welchen Dienst verwendet wird, die Bänder sind jeweils genau definiert.

... in einem Beispiel

Während z. B. zwischen 1.920 und 1.980 MHz "Frequency Division Duplex" [FDD = W-CDMA] zur Übertragung verwendet wird, spielt es sich zwischen 1.900 und 1.920 MHz datenmäßig im "Time Divison Duplex" [TD-CDMA]-Verfahren ab.

Im Unterschied zum herkömmlichen UMTS [FDD-WCDMA] braucht letzteres für Up- und Downlink nur einen 5-MHZ-Kanal, hier wird typischerweise TCP/IP-Verkehr abgewickelt.

Der Sinn des Regelns

Das alles hat schon seinen Sinn, wenn man zum Beispiel mit einem Blackberry oder Laptop auch im Ausland alle Internetdienste aller Mobilfunker problemlos nutzen kann und nicht auf einen bestimmten Netzbetreiber angewiesen ist.

Erst wenn der Versand und Empfang von MMS von allen in alle Netze auch im Roaming klaglos funktioniert, werden das Aufkommen und damit die Umsätze der Bilder-SMS signifikant steigen, argumentieren die Consulter von Booz Allen Hamilton.

Preise purzeln, Umsatz steigt

Deren Studie im Auftrag des UMTS-Forums kommt gar zum Schluss, dass Harmonisierung samt einer überlegten Neubespielung anderer, nur noch wenig benutzter Frequenzbänder, die Preise für mobilen Datenverkehr in den kommenden Jahren enorm senken könnten.

Dazu verweisen die Consulter darauf, dass die seit Jahren wesentlich höheren Umsätze mit SMS in direktem Zusammenhang mit deren Harmonisierung in Europa stehen, während in den "liberalen" USA der netzübergreifende Versand von SMS jahrelang überhaupt nicht funktioniert hatte.

Insgesamt stellen Booz Allen Hamilton fast 250 Milliarden Euro in Aussicht, die bis 2020 bei Konsumenten wie Mobilfunkern europaweit im Säckel landen bzw. dort verbleiben würden.

UMTS auf 900 MHZ

Was die Neubespielung von Frequenzen anbetrifft, so warten Booz Allen mit einer weiteren, aktuellen Studie auf, die sehr interessante Perpektiven eröffnet.

Die Studie beschreibt, wie vorhandene Antennenmasten für 900-MHZ-GSM mit UMTS-Sendern, die ebenfalls einen Teil dieses Frequenzbandes nützen, sehr kostengünstig umzurüsten wären.

Dieses würde allerdings nur mit konsequentem "Refarming" - also etwas "Funkdisziplin" - und einer europaweiten Harmonisierung gelingen, heißt es in der Studie. Die Mobilfunker müssten nämlich dafür bestimmte Bereiche des 900-MHZ-Telefonieverkehrs für die UMTS-900-Kanäle systematisch freihalten.

Was all das für den Endausbau der UMTS-Netze in Österreich bedeuten könnte, lesen Sie im zweiten Teil der Serie, der Anfang nächster Woche erscheint.

(futurezone | Erich Moechel)