Bild: UMTS Forum Spectrum Aspects Group

900-MHz-UMTS als "letzte Meile"

27.11.2006

Ein aktuelles Weißbuch des UMTS-Forums plädiert dafür, Teile des 900-MHz-GSM-Bandes für schnelle UMTS-Datendienste freizuräumen. Durch Doppelnutzung bestehender GSM-900-Masten und -Sender könnte mobiles Breitband überall dorthin kostengünstig vordringen, wo GSM-Telefonie schon funktioniert.

In der Diskussion um die weitere Entwicklung des UMTS-Bereichs, also der neuen drahtlosen Datendienste wie HSPA [High Speed Packet Access], steht für die Radio Spectrum Policy Group der EU-Kommission die bisher praktizierte Politik der "Harmonisierung" sowie eine "Liberalisierung" zur Disposition.

Wo UMTS ansteht

Die UMTS-Netze sind zwar relativ rasch gewachsen, doch der Erfolg mit Datendiensten hält sich noch in Grenzen. Es fehlt halt im 3-G-Bereich eine Killerapplikation wie SMS, die unter den Datendiensten in Mobilfunknetzen insgesamt immer noch haushoch führen.

Dass UMTS-basierende Datendienste landauf landab erst auf einem kleinen Teil der reisenden Laptops zum Einsatz kommen, liegt nicht nur an den Preisen. Sondern daran, dass diese Dienste eben nicht landauf landab verfügbar sind.

Gerade dort, wo ISDN-Zugang das Höchste der Gefühle ist und schnellerer Internetzugang auch Abnehmer finden würde, ist UMTS in der Regel nicht vorhanden. Der UMTS-Ausbau rentiert sich für die Mobilfunker zumeist dort nicht, wo sich der DSL-Aubau für die Telekom ebenfalls nicht mehr lohnt.

900-MHZ-GSM ...

Im Rahmen der Diskussion um Liberalisierung oder weitere "Harmonisierung", also EU-weite Tiefenregelung des UMTS-Frequenzbereichs, steht auch ein Weißbuch des Interessensverbands UMTS Forum zur Debatte, Titel: UMTS900.

Die Kernaussage des Papiers lautet: Wenn Teile des GSM-Frequenzbereichs im 900 MHZ-Band von GSM-Verkehr durch dessen Verlagerung ins GSM-1800-Band freigeschaufelt werden, könnte man auf 900 MHZ UMTS-Datendienste anbieten.

... und seine Reichweite

Gerade große Netzbetreiber wie die mobilkom oder T-Mobile verfügen über GSM-Frequenzen und die zugehörigen Masten und Sender im 900er wie auch im 1800er-Bereich und in verschiedenen Ausbaustufen auch über UMTS.

Aufgrund der höheren Reichweite von 900-MHZ-GSM-Sendern sind weit weniger Masten als bei UMTS nötig, da dieser 3-G-Dienst im 2 Gigahertz-Bereich nur über wesentlich kürzere Strecken funken kann. Im Weißbuch UMTS900 führt die Beratungsfirma Booz Allen Hamilton Argumente ins Treffen, die nicht so einfach vom Tisch zu wischen sind.

Doppelnutzung

Die Mitnutzung des 900-MHZ-Bereichs durch UMTS-Dienste hätte zur Folge, dass nicht nur die bestehenden GSM-900-Masten weiter genutzt werden könnten. Bestehende Sender und Antennenanlagen könnten nach Aufrüstung mit UMTS900-Basisstationen und so genannten Diplexern im Doppeltakt werden, heißt es in der Studie.

Kosten und "Refarming"

Zu den kostenintensivsten Faktoren im mobilen Netzausbau gehören u.a. Stromversorgung, Bau, Miete und Wartung der "Luftschnittstellen". Diese Kostenfaktoren fielen beim Ausbau von UMTS-900 nicht an, überall, wo ein GSM-900-Mast vorhanden ist, könnten in Zukunft breitbandige, auf UMTS basierende HSPA-Datenverbindungen angeboten werden, sagt die Studie.

Impliziert dabei ist natürlich, dass dieses "Refarming" des Frequenzbereichs europaweit einheitlich vor sich geht, damit der GSM-Roamingverkehr im 900-MHz-Bereich weiterhin funktioniert.

Vom Breitband auf dem Lande

Die im jährlichen Infrastrukturreport "Future Business Austria" befragten 240 Top-Manager österreichischer Unternehmen nannten "Breitband-Infrastrukturausbau im ländlichen Raum" als oberste Priorität in der Agenda im Bereich Informations- und Kommunikationstechnologien.

Mag das zum Teil womöglich vom Wunsch getrieben sein, zwischen Abfahrt und Apres-Ski schnell einmal "in das SAP zu schauen". Faktum ist, dass der österreichtypische Unternehmensmittelstand im ländlichen Raum großteils vielleicht selbst noch über ausreichend Bandbreite und ein adäquates, web-basierendes Customer Relationship-System verfügt. Kunden, Partner, Zulieferer, die jenseits des DSL-Netzes sitzen, können da nicht mit.

Wir haben bei Österreichs Mobilfunkern und der Telekom-Regulationsbehörde nachgefragt, was sie vom Ansatz UMTS900 halten und wo eventuell der Hund dabei begraben ist. Die Antworten lesen Sie im nächsten Teil der Serie.

(futurezone | Erich Moechel)