Wiener ÖVP will Index für Computerspiele

27.11.2006

Nach dem Amoklauf im deutschen Emsdetten macht die Diskussion über "Gewalt verherrlichende" Video- und Computerspiele auch vor Österreich nicht halt: Die ÖVP Wien hat im Wiener Landtag einen Antrag eingebracht, der darauf abzielt, den Verkauf von Spielen wie "Counterstrike" einzuschränken.

Im Rahmen der letzte Woche beschlossenen Novellierung des Wiener Jugendschutzgesetzes brachte die ÖVP Wien letzte Woche einen Antrag "betreffend Verschärfung der Bestimmungen für den Verkauf und Vertrieb von Gewalt verherrlichenden Medien" ein.

Neue Regelung im Jugendschutz

Darin wird die amtsführende Jugendstadträtin Grete Laska [SPÖ] ersucht, für die Bewertung und den Verkauf von Computerspielen zusätzliche Regeln in das Wiener Jugendschutzgesetz einzuarbeiten.

Die ÖVP fordert, ein landeseigenes Gremium für die Bewertung aller in Österreich erhältlichen Videospiele einzusetzen. Spiele, die kein offizielles Prüfsiegel dieses Gremiums aufweisen können, sollen nicht mehr verkauft werden dürfen.

Gelten würden diese Regeln vorerst nur in Wien. Jugendschutz ist in Österreich Ländersache. Der Antrag der ÖVP wurde am Donnerstag vom Wiener Landtag einstimmig angenommen. Er liegt nun im Gemeinderatsausschuss für Bildung, Jugend, Information und Sport, der darüber entscheidet, wie er weiter behandelt werden soll. Die nächste Sitzung des Ausschusses findet am Mittwoch statt, dann herrscht Pause bis zum 10. Jänner.

Forderungen des ÖVP-Antrags im Detail:

- Besetzung des Gremiums mit Experten aus dem Bereich der Jugend- und Sozialforschung sowie aus dem Bereich der Psychologie

- Evaluierung aller derzeit angebotenen und auf den Markt kommenden Computerspiele auf Basis der ausgearbeiteten Bestimmungen

"Verpflichtung, Schrauben anzusetzen"

"Wir wollen ein Signal setzen", so Markus Benesch von der ÖVP Wien gegenüber ORF.at. "Die Politik hat die Verpflichtung, Schrauben anzusetzen."

Auf die Frage, ob ein Verbot wirklich zielführend sei oder ob es nicht besser wäre, mehr in die Bildung von Medienkompetenz bei Eltern und Kindern zu investierten, meinte Benesch, der Antrag sei nur eine Facette der ÖVP-Initiative. An weiteren Vorschlägen werde derzeit ÖVP-intern bereits gearbeitet.

"Counterstrike" auf der Abschussliste

Die ÖVP habe die derzeit herrschende Diskussion über Spiele, die mit dem Amoklauf in Emsdetten am 20. November losgetreten wurde, nutzen wollen, um auch hier zu Lande eine Verschärfung der geltenden Regelung durchzusetzen, so Benesch weiter.

Welche Spiele genau mit einem Verbot belegt werden könnten, wollte er nicht sagen. Das müsse das Gremium entscheiden. Im Rahmen der deutschen Verbotsdiskussionen nach der Tragödie von Emsdetten, auf die sich auch die ÖVP bezieht, befänden sich aber vor allem Ego-Shooter wie "Counterstrike" im Visier der Politik.

Einer der Antragsteller, der Wiener Landtagsabgeordnete Franz Ferdinand Wolf, meinte dazu in einer Aussendung letzte Woche: "Diese Spiele gehören sanktioniert und eigentlich verboten. Das war die

Intention des Antrages!"

Umsetzung problematisch

In weiterer Folge wäre es wünschenswert, wenn diese vorgeschlagenen Bestimmungen für ganz Österreich gelten würden, so Benesch weiter.

Das wäre im Fall des Falles nötig, da eine nur für Wien geltende Regelung praktisch kaum greifen würde. Jenseits der Landesgrenzen könnten interessierte Spieler jederzeit weiter jene Spiele kaufen, die das Land Wien für jugendgefährlich hält.

Entsprechend sieht auch die Industrie den Wiener Vorstoß als problematisch an. "Damit würde das bestehende Jugendschutz-System auf unserer Konsole ad absurdum geführt", meint Thomas Kritsch, zuständig für Microsofts Xbox 360. Gäbe es eine eigene Jugendschutz-Regelung nur für Wien, wäre eine Umsetzung etwa auf der Xbox nicht möglich, so Kritsch.

Grüne: "Diskussion ergibt Sinn"

Für Marie Ringler von den Wiener Grünen "ergibt die Diskussion Sinn". Daher habe die grüne Fraktion auch die Weiterleitung des Antrags an den dafür zuständigen Ausschuss unterstützt.

Allerdings sei klar, dass ein Verkaufsverbot wenig zielführend sei, die meisten Games würden ohnedies direkt unter den Spielern getauscht. Es sei sinnvoller, so Ringler, den Kindern in den Schulen beizubringen, wie sie mit Gewalt und Aggression umgehen könnten.

Der Wiener Gemeinderatsausschuss für Bildung, Jugend, Information und Sport ist für die weitere Bearbeitung des Antrags zuständig.

Freiwillige Alterseinstufung

Derzeit werden Spiele in Österreich auf Basis des PEGI-Systems [Pan European Game Information] bewertet. Das ist ein freiwilliges, europaweites Alterseinstufungssystem für Computer- und Videospiele, das von den Mitgliedern der Spieleindustrie selbst erstellt wurde.

Die vom Hersteller vorgeschlagene Altersempfehlung sowie zusätzliche Infos wie etwa im Spiel enthaltene Gewalt wird vom niederländischen Institut für die Klassifizierung audiovisueller Medien [NICAM] kontrolliert, die daraufhin auch die Lizenz für die passenden Logos [3+, 7+, 12+, 16+, 18+ usw.] erteilt.

Entwickelt und verwaltet wird das PEGI-System von der Interaktiven Softwareföderation Europas [ISFE]. NICAM leitet die ISFE und ist für die praktische Umsetzung des PEGI-Systems zuständig.

Zum Thema:

Für die Berichterstattung über Amokläufe an Schulen hat sich eine eigene mediale Ästhetik etabliert. Das macht es potenziellen Tätern einfach, ihr zu folgen.

(futurezone | Nadja Igler)