Gewaltdebatte erfasst EU-Ministerrat
Zwei Wochen nach dem Amoklauf in Emsdetten beschäftigt sich auch die EU mit "Gewalt verherrlichenden" PC-Games. Ein Verbot scheint noch nicht in Sicht.
Die Initiative für die Ratsdebatte am Montag hatte EU-Justizkommissar Franco Frattini ergriffen.
In einem Brief an die Innenminister der 25 EU-Staaten berichtete Frattini von jüngst herausgekommenen Produkten, bei denen ein junges Mädchen seelisch und körperlich misshandelt werde.
Keine Chance für EU-Gesetz
Solche Spiele geben Jugendlichen nach Ansicht Frattinis ein schlechtes Vorbild, könnten gewalttätiges oder einschüchterndes Verhalten von Kindern hervorrufen oder bestärken und das als normal darstellen.
Ein EU-Gesetz gegen Spiele mit gewalttätigen Inhalten und Gewaltvideos hat nach Einschätzung der deutschen Justizministerin Brigitte Zypries allerdings keine Chance: "Die EU hat hier keine Gesetzgebungskompetenz."
Die Debatte im Rat der Innen- und Justizminister stand ursprünglich für Dienstag auf der Tagesordnung, wurde nach Ratsangaben vom Montag aber kurzfristig vorgezogen.
Wieder Thema im Jänner
Auf Wunsch der EU-Kommission und Großbritanniens werde die deutsche EU-Ratspräsidentschaft das Thema dennoch beim informellen Treffen der Innen- und Justizminister Mitte Jänner in Dresden behandeln, so Zypries.
Frattini räumte ein, die Mitgliedstaaten müssten selbst über Verbote entscheiden. Er wolle den Produzenten solcher Spiele aber klarmachen, dass ihre Angebote nicht an Kinder verkauft werden dürften. Ein Hinweis auf der Verpackung reiche nicht aus: "Niemand respektiert diese Vorgaben." Es sei zudem "wichtig, die Produktion von Gewalt verherrlichenden Videospielen zu verhindern"
Thema um "Jahre zu spät"
Die schwedische Ministerin Beatrice Ask erklärte ihren Kollegen: Als Mutter von Teenagern wisse sie, dass der Rat bei dem Thema ein paar Jahre zu spät komme.
In Emsdetten hatte ein 18-Jähriger vor zwei Wochen in einer Schule um sich geschossen und 37 Menschen verletzt, bevor er sich selbst tötete. Im Internet hinterließ der Täter ein Abschiedsvideo, in dem er Gründe für seinen Hass auf seine frühere Schule nannte.
Der Amokläufer soll zahlreiche Gewaltvideos gesehen und auch PC-Spiele mit gewalttätigen Inhalten gespielt haben. Das entfachte nicht nur in Deutschland eine Diskussion über ein gesetzliches Verbot solcher Medien.
(dpa)