Einsatzgruppe gegen Online-Islamisten

deutschland
04.12.2006

Ab Jänner analysiert eine deutsche Spezialeinheit islamistische Aktivitäten im Internet.

Im Kampf gegen den islamistischen Terrorismus soll im Januar eine neue Einheit von Internet-Fahndern beim deutschen Gemeinsamen Terror-Abwehr-Zentrum von Polizei und Geheimdiensten [GTAZ] in Berlin ihre Arbeit aufnehmen.

Es gehe darum, Videobotschaften und islamistische Propaganda im Netz schneller als bisher auszuwerten und Gefährdungsanalysen zu erstellen, sagte der Präsident des deutschen Bundesverfassungsschutzes, Heinz Fromm, am Montag bei einem Symposion seiner Behörde in Berlin.

Mehr Geld für Internet-Überwachung

Der Verfassungsschutz habe bei der Überwachung des Internets schon seit längerem mit dem Bundesnachrichtendienst und dem Bundeskriminalamt zusammengearbeitet. Nun sollten die Ressourcen beim GTAZ gebündelt und das Personal weiter aufgestockt werden.

Das GTAZ ist die Anti-Terror-Zentrale der deutschen Strafverfolgungsbehörden und Geheimdienste, die im Dezember 2004 unter der Ägide des damaligen Bundesinnenministers Otto Schily eingerichtet worden war.

In Deutschland wurde am vergangenen Freitag die Einführung der so genannten Anti-Terror-Datei beschlossen. Auf die dort gespeicherten Informationen über Terrorverdächtige können sowohl Polizei als auch Geheimdienste zugreifen. Deutsche Datenschützer kritisierten diese gemeinsame Zugriffsmöglichkeit als verfassungsrechtlich bedenklich.

"Unterbinden geht ohnehin nicht"

Die Adressen islamistischer Internet-Seiten, auf denen mit Texten und Videos für den "Heiligen Krieg" geworben wird, würden unter jungen Muslimen per Mund-zu-Mund-Propaganda weitergegeben, sagte Fromm. Das werde auch die neue Internet-Rechercheeinheit nicht verhindern können.

"Man wird nur schwer Instrumente staatlicherseits finden, um das einzuschränken. Unterbinden geht ohnehin nicht", erklärte Fromm. Die Auswertung der islamistischen Seiten im Netz könne den Experten aber Hinweise liefern, wo sich eine spezielle Gefährdung ergeben könnte.

Ethik und Folter

Zugleich verteidigte Fromm seine Position, im Kampf gegen den Terrorismus auch Informationen nutzen zu wollen, die möglicherweise durch Folter erlangt wurden. Es sei völlig klar, dass solche Informationen nicht ignoriert werden könnten, betonte der Verfassungsschutz-Chef.

Abgesehen davon sei den Informationen selbst nicht anzusehen, wie sie gewonnen wurden. "So etwas zu wissen, wäre gut. Aber wir erfahren es nicht", erklärte Fromm. Ein Nachrichtendienst müsse die Informationen jedoch nutzen, wenn er seiner Verantwortung für die Sicherheit gerecht werden wolle. Eine akzeptable Alternative gebe es nicht. Er spreche allerdings nur von der nachrichtendienstlichen Nutzung, nicht von der Verwertung zur Strafverfolgung.

Deutsche in Guantanamo

Der BND-Untersuchungsausschuss des deutschen Bundestags prüft derzeit, inwieweit auch deutsche Sicherheitsbehörden und Geheimdienste von Verhören deutscher Terror-Verdächtiger profitiert haben, die im Ausland ohne Haftbefehl festgehalten wurden oder werden.

Beamte von BND, BKA und Verfassungsschutz hatten im November 2002 den in Syrien gefangenen Terror-Verdächtigen Mohammed Haydar Zammar vernommen. Menschenrechtsgruppen beschuldigen die syrischen Behörden der Anwendung von Folter. Der Deutsch-Türke Murat Kurnaz wurde im US-Gefangenenlager Guantanamo von deutschen Beamten verhört.

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(Reuters | futurezone)