Online-Musikmarkt im Umbruch
Sinkende Verkaufszahlen könnten schon bald dazu führen, dass Kopierschutzbeschränkungen im Online-Musikgeschäft fallen. Aktuelle Studien zeigen, dass in Online-Musik-Shops gekaufte Songs auf digitalen Musik-Playern nach wie vor Mangelware sind.
Zwar geben sich die Verantwortlichen in den Chefetagen der großen Musikkonzerne in Hinblick auf die Entwicklung des digitalen Musikmarktes nach wie vor zuversichtlich, dennoch macht sich Nervosität breit.
Als Hindernis für die schnellere Entwicklung des Online-Musikmarktes gelten die verschiedenen Online-Musikformate, die nicht miteinander kompatibel sind.
Formatchaos
So können etwa im iTunes Music Store gekaufte Songs im AAC-Format nur auf dem Apple-Player iPod, nicht aber auf Konkurrenzmodellen abgespielt werden. Genauso verhält es sich mit Musik, die im kopiergeschützten Windows-Format WMA angeboten wird. Konsumenten müssen sich also bereits beim Kauf eines Musik-Players überlegen, welchen Online-Musikdienst sie nutzen wollen.
MP3s, die im Gegensatz zu AAC und WMA nicht mit DRM-Systemen versehen sind, lassen sich hingegen auf fast allen erhältlichen Musik-Playern abspielen.
MP3s ohne Kopierschutz
Die Verwendung von DRM-Systemen könnte nach Meinung zahlreicher Branchenbeobachter jedoch schon bald fallen.
Am Mittwoch ließen der Online-Musikdienst Yahoo und der Major EMI erneut einen Testballon für den Verkauf ungeschützter MP3-Files steigen. EMI bietet die neue Single seines Jazz-Stars Norah Jones über Yahoo Music als MP3-File an.
Ende November bot EMI bereits eine Single der britischen Senkrechtstarterin Lily Allen im MP3-Format an. Yahoo Music, dessen Chef David Goldberg zu den schärfsten Kritikern des Einsatzes von Kopierschutztechnologien im Online-Musikhandel zählt, hatte im Sommer MP3s von Jessica Simpson und der Sakro-Rocker Relient K verkauft.
Im Gegensatz zu unabhängigen Labels haben sich die Majors bisher beharrlich geweigert, Musik-Files ohne Kopierschutzbeschränkungen zu verkaufen. Sie argumentieren damit, dass ungeschützte Songs leichter den Weg in Online-Tauschbörsen finden.
Anteil gekaufter Songs am iPod minimal
Eine vor kurzem veröffentlichte Studie des Marktforschungsunternehmens Jupiter Research konstatiert zwar eine stetige Zunahme der digitalen Musiksammlungen auf den Computern und Musik-Playern, rund 60 Prozent der Besitzer von Musik-Playern rippen jedoch ihre Musik von CDs.
Auch ein Report von Forrester Research, der die Musik-Kaufgewohnheiten von iPod-Besitzern untersuchte, schlägt in dieselbe Kerbe. Durchschnittlich kämen auf jeden iPod nur 20 verkaufte Songs aus dem iTunes Music Store, heißt es in dem Papier.
Ein Einkauf im Apple-Online-Shop schlägt darüber hinaus selten mit mehr als drei Dollar zu Buche. Die dabei anfallenden Transaktionsgebühren nagen laut Marktforschern bereits an den Gewinnen des Online-Musikhändlers.
Rückgange im Online-Musikverkauf
In den USA sind nach Angaben des Marktforschungsunternehmens Nielsen Soundscan die Verkäufe von digitalen Musikfiles nach jahrelangem explosionsartigem Wachstum erstmals leicht zurückgegangen.
Wurden in den ersten drei Monaten dieses Jahres noch rund 144 Millionen Songs über das Netz verkauft, so waren es in den beiden darauf folgenden beiden Quartalen nur noch 137 Millionen.
Kaufanreiz MP3
Der Verkauf von MP3s ohne Kopierschutz könnte dem Online-Musikmarkt zusätzliche Wachstumsimpluse verleihen. Der MP3-Verkauf, meinen Branchenexperten, könnte auch dem iTunes Music Store zugute kommen.
Denn die Kaufanreize für Musik aus dem Internet würden zweifellos steigen, wenn die gekaufte Musik nicht an ein bestimmtes Abspielgerät gebunden ist.
Auch Erfolgsgeschichten wie jene des Online-Musikhändlers EMusic, der mittlerweile fast 100 Millionen Downloads von Independent Labels im MP3-Format verkauft hat, könnten die Majors schon bald zum Umdenken bewegen.