Deutschland stoppt Polizei-Trojaner

Spionage
11.12.2006

Der Deutsche Bundesgerichtshof [BGH] erklärt Online-Durchsuchungen von PCs für illegal. Die deutsche Bundesregierung will jedoch schon bald eine gesetzliche Grundlage für den Einsatz von Spionagesoftware in der Ermittlungsarbeit schaffen.

Online-Durchsuchungen von PCs seien "nicht genehmigungsfähig" und daher illegal, zitiert die Berliner "tageszeitung" ("taz") den Beschluss eines BGH-Ermittlungsrichters vom 25. November. Der Beschluss wurde laut "taz" noch nicht veröffentlicht, liege aber der Zeitung vor.

Bei den Polizei-Hacks handle es sich "um einen schwerwiegenden Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung", dem die "notwendige gesetzliche Gestattung" fehle, heißt es in dem Beschluss weiter.

Online-Durchsuchungen gestoppt

Das deutsche Bundesinnenministerium habe die Online-Durchsuchungen des Bundeskriminalamts [BKA] nun bis auf weiteres gestoppt, schreibt die Zeitung. Laut einem Sprecher des Ministeriums wurden solche Maßnahmen aber nur "in wenigen Fällen" angewandt.

Bisher war es für das BKA mit richterlicher Genehmigung möglich, Online-Durchsuchungen durchzuführen. Die Genehmigungen wurden laut "taz" in der Regel auch erteilt. Grundlage dafür war eine Vorschrift zur Überwachung der E-Mail-Kommunikation, die jedoch laut BGH "nicht genügt", da "der Kommunikationsvorgang abgeschlossen ist", sobald die E-Mail auf dem Rechner gespeichert ist.

Auch die Vorschriften über Hausdurchsuchungen seien auf Online-Durchsuchungen laut BGH nicht anzuwenden. Die Durchsuchung, argumentiert das Gericht, sei eine auf Offenheit angelegte Maßnahme, die die Anwesenheit von Zeugen erfordere. Online-Durchsuchungen würden hingegen die Schutzrechte der Betroffenen gezielt umgehen.

Gesetzliche Grundlage in Arbeit

Die Generalbundesanwältin Monika Harms hat laut Zeitung gegen den Beschluss nun Beschwerde eingelegt. Sollte der BGH-Senat den Beschluss bestätigen, will die deutsche Bundesregierung eine gesetzliche Grundlage für Online-Durchsuchungen schaffen.

Zusätzliche Mittel

Der deutsche Innenminister Wolfgang Schäuble [CDU] hat vor kurzem im Rahmen eines "Programmes zur Stärkung der inneren Sicherheit" zusätzliche Mittel zur Online-Durchsuchung von PCs bereitgestellt.

Dabei verhalten sich die staatlichen Fahnder prinzipiell nicht anders als Hacker und Cyber-Kriminelle, die mit digitalen trojanischen Pferden und anderer Schad-Software in den PC eindringen.

Vergleichbare Pläne gibt es auch in der Schweiz. Dort wollen die Behörden mit Hilfe von Trojanern die Internet-Telefonie abhören.

Nordrhein-Westfalen prescht vor

Ein erster Schritt zur Legalisierung von Online-Durchsuchungen wurde im Bundesland Nordrhein-Westfalen bereits eingeleitet. Ein Gesetzesentwurf sieht vor, dass die Genehmigungen nicht von den Gerichten, sondern von einer im Landtag gewählten Komission erteilt werden sollen. Ein entsprechendes Gesetz soll in zwei Wochen verabschiedet werden.

Polizei-Trojaner "sind im Regelfall für handelsübliche Virenscanner unsichtbar, da sie vorab gegen gängige Sicherheitssysteme getestet werden und im Normalfall ausschließlich der Behörde bekannt sind", erklärte der österreichische Sicherheitsexperte Josef Pichlmayr gegenüber ORF.at.