Telekom-Markt in Österreich blockiert
Eine europaweite Studie zur Liberalisierung der Telekom-Märkte bescheinigt Österreich einige Mankos bei Wettbewerb und Regulierung. Während sich die alternativen Telekoms in ihrer Kritik bestätigt sehen, ist das Ergebnis für die Telekom Austria "nicht nachvollziehbar".
Bald zehn Jahre ist es her, dass der heimische Telekom-Markt geöffnet wurde. Die Bilanzen der Liberalisierung in Österreich fallen gemischt aus: Während die alternativen Telekoms eine "Re-Monopolisierung" orten, sieht sich der Ex-Monopolist Telekom Austria zu Unrecht in der Kritik.
Das Ergebnis einer aktuellen Studie des Wettbewerberverbandes ECTA [European Competitive Telecommunications Association], der "Regulatory Scorecard 2006", sieht Österreich bei Wettbewerb und Regulierung im unteren Mittelfeld angesiedelt: Der heimische Markt ist von Platz vier im Vorjahr auf den elften Platz abgerutscht. Insgesamt werden für die Studie 17 EU-Länder untersucht.
Kritik am Regulierer
Besonders verbesserungswürdig wurde Österreichs Regulierungspolitik bei den Durchsetzungs- und Sanktionierungsmöglichkeiten der Regulierungsbehörde [Platz 16] sowie bei ihrer Unabhängigkeit [Platz 14] beurteilt. Auch im Bereich der Wegerechte bei Leitungsverlegungen [13.] und bei der Effizienz der außergerichtlichen Streitschlichtung [13.] gehört Österreich zu den Nachzüglern Europas.
Weiters zeigt die europaweite Marktüberprüfung laut dem Verband Alternativer Telekoms [VAT] auf, dass die buchhalterischen Auflagen für den Ex-Monopolisten Telekom Austria mangelhaft seien, weil keine klare Kostentrennung zwischen Infrastruktur- und Dienstebetrieb vorhanden ist.
Zudem bremst laut ECTA-Studie eine mangelnde oder schleppende Umsetzung der EU-Vorgaben zur Telekom-Regulierung die Investitionen in den Markt. Die Folgen seien höhere Preise für Wirtschaft und Konsumenten.
Die "Gewinner" der Studie sind Großbritannien, Dänemark und Frankreich. Deutschland hat noch schlechter abgeschnitten und rangiert auf Platz 14.
Auch positive Erwähnungen
Obwohl Österreich im Gesamtranking deutlich zurückgefallen ist, gibt es auch einige Segmente, in denen Österreichs Telekom-Markt in der Erhebung als führend in Europa ausgewiesen wird.
Bei den Ressourcen, die dem Regulator zur Verfügung stehen, beim Management der Mobilfunkfrequenzen und bei der Geschwindigkeit der Entscheidungen belegt Österreich den ersten Platz.
Trennung Infrastruktur und Dienste
Über alle Länder hinweg fordert die ECTA in ihrer Studie zusätzliche Befugnisse für die Regulierungsbehörden auf nationaler und EU-Ebene. So sollte es laut ECTA in Zukunft möglich sein, dass die Regulatoren den Ex-Monopolisten eine klare funktionale Trennung von Monopol-Infrastruktur und Dienstebetrieb vorschreiben können.
Das bedeutet die Ausgliederung der ehemals staatlichen Infrastruktur in eine eigene Gesellschaft, die diese Infrastruktur dann allen auf dem Markt tätigen Betreibern zu gleichen Bedingungen zur Verfügung stellt.
VAT sieht sich in Kritik bestätigt
Durch das Ergebnis sieht sich der VAT in seiner Meinung bestätigt. VAT-Präsident Norbert Wieser dazu: "Wie schon beim internationalen Breitband-Ranking zeigt sich einmal mehr, dass sich Österreich bei der Telekom-Regulierung in den letzten Jahren langsamer als der Rest Europas entwickelt hat. Durch mangelhafte Rahmenbedingungen ist der Wettbewerbsgrad deutlich zurückgegangen."
"Darüber sind wir ernsthaft besorgt. Es ist ein klarer Trend zur Re-Monopolisierung in Österreich erkennbar, der sich nicht nur für den Wirtschaftsstandort, sondern auch für private Haushalte negativ auswirken wird. Der VAT wird daher den intensiven Dialog sowohl mit der Regulierungsbehörde als auch mit der Politik suchen, um dieser Entwicklung aktiv gegenzusteuern", so Wieser weiter.
Ergebnis für TA "nicht nachvollziehbar"
Für Telekom-Austria-Sprecher Martin Bredl ist diese Kritik "nicht nachvollziehbar": "Das scheint mir eine gezielte Studie der alternativen Betreiber zu sein. Unabhängige Studien der EU sowie der Network Readiness Index des World Economic Forum stellen uns regelmäßig ein gutes Zeugnis aus."
RTR sieht Übertreibung
Bei der Regulierunsbehörde RTR sieht man es auf Anfrage von ORF.at als übertrieben von einem Absturz Österreichs im Ranking zu sprechen. Die
Ergebnisse der aktuellen Regulatory Scorecard seien nicht vergleichbar mit jener in den vergangenen Jahren, weil die Spielregeln für die Bewertung geändert worden seien. Die Ergebnisse Österreichs zeigten laut RTR vielmehr stabile Werte.
Beim "Networked Readiness Index", den das Weltwirtschaftsforum [WEF] alljährlich ermittelt, belegt Österreich derzeit weltweit unter 115 Ländern Platz 18. Innerhalb der EU erreicht man immerhin Platz sieben. Laut Augusto Lopez-Claros vom Weltwirtschaftsforum wären aber durchaus die Top Drei zu erreichen, wenn ein Umdenken stattfindet.
(futurezone | Nayla Haddad)