USA mit unbegrenztem Datenhunger
Die US-Regierung beschafft sich immer Daten ausländischer Bürger und greift dabei nicht nur auf Abkommen wie die umstrittene Flugpassagierdaten-Weitergabe mit der EU sondern auch verstärkt auf private Datenhändler zurück.
So wurden von verschiedenen US-Behörden in den letzten eineinhalb Jahren mehrere hundert Millionen Datensätze von lateinamerikanischen Bürgern angekauft, darunter sämtliche Meldedaten aller 31 Millionen Kolumbianer.
Die Daten, die von US-Firmen wie LexisNexis oder ChoicePoint gesammelt und anschließend an US-Behörden [allen voran das Heimatschutz-Ministerium] weiter gegeben werden, enthalten in der Regel Geburtsdatum und -Ort, Adressen, Pass- und Führerscheinnummern und oft auch Telefonnummern.
Die Datensammelwut dient vor allem der Einwanderungs- und Einreisekontrolle und wird als elementare Maßnahme der nationalen Sicherheit verstanden.
LexisNexisFehlende Gesetze und Korruption
In Südamerika wird den kommerziellen Datensammlern das Geschäft einerseits durch fehlende oder laxe Datenschutzgesetze erleichtert, andererseits aber auch durch korrupte Beamte.
So gilt es als offenes Geheimnis, das Bedienstete der Meldebehörden in vielen südamerikanischen Ländern Datensammlungen illegal verkaufen.
Unternehmen wie ChoicePoint sammeln zwar auch Daten von US-Bürgern, aber die Geschäftstüchtigkeit hört offensichtlich auf, wenn es darum geht, diese an ausländische Regierungen zu verkaufen:
"ChoicePoint dürfte diese Daten zwar [an fremde Regierungen] weitergeben, wir tun dies aber aus grundsätzlichen Erwägungen nicht," kommentiert ein Sprecher die Firmenpolitik. "Wir glauben nicht, dass es richtig ist, daher machen wir es auch nicht," lautet die lapidare Begründung.
Laut dem Electronic Privacy Information Center hat das US-Heimatschutz-Ministerium unlängst eine Mio. USD für den unbegrenzten Zugang zur ChoicePoint-Datenbank über ausländische Bürger gezahlt.
ChoicePointTotaler Durchblick
Die derzeitigen Datensammlungen dürften allerdings erst ein Vorgeschmack auf künftige Projekte sein:
Das Pentagon-Projekt "Total Information Awareness" [TIA], das mittels Dataminig in bisher unvorstellbarem Ausmaß weltweit Informationen aus allen denkbaren Quellen kombinieren soll, wird offensichtlich auch ungehindert von schweren Bedenken seitens der beiden US-Parlamentskammern zielstrebig vorangetrieben.
Das TIA-Projekt des US-Verteidigungsministeriums zielt darauf ab, Daten aus den unterschiedlichsten Quellen wie E-Mails, Kreditkarteninformationen, Gesundheits-, Reise- und Verbindungsdaten sowie Informationen über den Wohnsitz zu verknüpfen und nach verdächtigen Mustern zu durchsuchen.
Zwar haben der US-Senat und das -Abgeordnetenhaus einstimmig erklärt, dass US-Bürger von der Bespitzelung durch TIA ausgenommen werden sollen, aber wie die Daten aus den weltweiten Netzen so getrennt werden sollen, dass US-Bürger nicht betroffen wären, bleibt völlig schleierhaft.
"Anti-Terror-Datenbank" nimmt Gestalt anFlugdaten
Und seit rund zwei Monaten müssen zunächst fünf europäische Luftlinien der US-Einwanderungsbehörde Zugriff auf ihre Passagierdaten gewähren. Verweigern sie dies, droht ihnen ein Entzug der Landegenehmigungen.
Ob dieses Vorgehen allerdings auch rechtskonform ist, wird sogar innerhalb der EU-Kommission angezweifelt.
In den obersten Gremien der EU steigt daher die Besorgnis, dass der herrschende rechtsfreie Zustand in Bezug auf die Weitergabe von Kundendaten an die USA schwer wiegende Folgen haben könnte.
Die derzeit betroffenen Linien sind British Airways, Air France, Deutsche Lufthansa, Iberia und KLM.
EU-Kommission kommt in Bedrängnis