UTRA-UTRAN und die UMTS-Evolution

18.12.2006

Der UMTS-Nachfolger heißt nicht "4G", sondern "UTRA-UTRAN Long Term Evolution" und wird vierfach höhere, mobile Datenraten als UMTS/HSDPA bieten können. Diese Evolution hat freilich erst begonnen, die konkurrierende Breitband-Spezies WiMax fängt bereits an, denselben Lebensraum zu erobern.

Über den mobilen Telefon- und Datendienst, der UMTS dereinst nachfolgen wird, steht eigentlich nur eines fest: Er heißt nicht "4G".

Dass dieser Standard auch nicht alsbald fertig wird, sagt schon sein Arbeitstitel: Long Term Evolution, LTE. Im Technical Report TR 25.913 des European Telecom-Standards Institute [ETSI] sind detaillierte Anforderungen festgehalten, die seit 2004 erarbeitet wurden. Und die erweisen sich als ziemlich anspruchsvoll.

200-Mann-Zellen

Die [theoretischen] Spitzendatenraten von 100 MBit/s im Downlink und 50 im Uplink für einen 20 MHz-Kanal sollen im Praxisschnitt die doppelten bis vierfachen Datenraten von HSDPA und HSUPA [Release 6] sein.

Mindestens 200 Benutzer pro Zelle sollen jeweils über Bandbreiten von fünf MHz gleichzeitig verfügen können, auch die Mobilität kommt nicht zu kurz. Letztlich soll das Hand-over zwischen den LTE-Funknetzknoten auch bei Geschwindigkeiten zwischen 120 und 350 km/h und sogar jenseits davon funktionieren.

Teilen mit GERAN/UTRAN

Je nach Frequenzbereich müsse das möglich sein, heißt es in den technischen Anforderungen des ETSI, die sich genau über die Frequenzverteilung nicht näher auslassen. LTE-Datendienste sollten sich jedenfalls sowohl Masten wie auch die Frequenzkanäle mit GERAN- und UTRAN-Diensten teilen, bei variablen Bandbreiten von 1,25 bis 20 MHz pro Kanal.

Universal Terrestrial Radio Access

Hinter den beiden Akronymen verbergen sich GPRS [General Packet Radio Service] bzw. das etwas schnellere EDGE sowie die UMTS-Datendienste HSDPA und HSUPA [High Speed Downlink/Uplink Access]. Die letzteren beiden sind in Österreich je nach Netzbetreiber unterschiedlich weit ausgebaut.

One will im kommenden Jahr 260 Mio. Euro in den österreichweiten Ausbau seines Datennetzes und HSDPA investieren.

UTRA-UTRAN nicht vor 2010

LTE, das im Telekom-Akronymisch zusätzlich mit UTRA-UTRAN einhergeht, soll also in verschieden breiten Kanälen irgendwo in den bestehenden GSM- und UMTS-Bändern stattfinden, doch das wird wohl noch eine Weile dauern. Die grundlegende Netzwerkarchitektur von LTE wird erst irgendwann 2007 fertig, die neuen, schnellen Dienste kommen wohl nicht vor 2010.

Doch die UMTS-Dienste sind nicht mehr alleine in der Luft, was mobiles Breitband anbetrifft. Das Potenzial von WLAN hat sich seit Öffnung des Fünf-GHz-Bandes, in dem weit höhere Sendestärken zugelassen sind als bei den herkömmlichen 2,4 GHz, deutlich erhöht.

Intel und Motorola mit WiMax

Vor allem aber sitzt UMTS ein Verfolger im Nacken, der durch Intel und Motorola massiven Rückenwind erhält: WiMax. Ein Weißbuch des UMTS-Forums plädiert denn auch dafür, Teile des 900-MHz-GSM-Bandes für UMTS-Datendienste schnell freizuräumen. Durch Doppelnutzung bestehender GSM-900-Masten und -Sender könnte mobiles Breitband überall dorthin kostengünstig vordringen, wo GSM-Telefonie schon funktioniert.

Genau jene Regionen aber haben auch die WiMax-Anbieter im Visier, wie auch für bewegte Objekte bei hohen Geschwindigkeiten Anbindung geboten werden wird.

UMTS auf 900 MHz

Ob es sich auszahlt, die "letzte Meile" mit UMTS 900 etwas schneller als bis 2010 zu überbrücken, stösst wenigstens in Österreich zum Teil auf Skepsis, ob sich das zeitlich ausgehen kann, ebenfalls.

Beim Telekom-Regulator RTR gibt man zu bedenken, dass dafür erstens eine EU-Richtlinie geändert werden müsste und zweitens müssten die Änderungen grenzüberschreitend harmonisiert werden. Günther Ottendorfer, Technikchef von T-Mobile, verweist auf die Topologie des Landes, anders als etwa in Holland würden die Reichweitenvorteile von UMTS 900 in Österreich daher teilweise wieder wegfallen.

UMTS, aufgeblasen

Warum LTE nicht "4G" heißen sollte, erklärt die Technologie-Zeitgeschichte. Als sich die Dot.com-Blase knapp vor der Jahrtausendwende so richtig prall zu füllen begann, kamen "UMTS" bzw. "3G" gerade recht, um ebenfalls entsprechend aufgeblasen zu werden. Der UMTS-Hype rollte dahin, während weder UMTS-Netze noch Endgeräte überhaupt verfügbar waren.

Sechs Jahre danach sind UMTS-Datendienste dort, wo sie gebraucht werden, zum Beispiel entlang der Bahnstrecken und in Gebieten ohne DSL-Versorgung, in der Regel nicht verfügbar. MMS-Roaming unter allen europäischen Netzbetreibern fängt erst jetzt langsam an, zur Selbstverständlichkeit zu werden.

Die gerade erst gestarteten WiMAX-Betrieber rechnen sich daher gute Chancen aus, wie diese momentan stehen, lesen Sie im nächsten Teil der Serie.

(futurezone | Erich Moechel)