TA-eTel-Deal erregt die Gemüter
Der Verkauf des drittgrößten privaten Telekom-Anbieters eTel an den Ex-Monopolisten Telekom Austria sorgt für helle Aufregung bei den heimischen Telekoms. Sie orten eine "Re-Monopolisierung" und ein Scheitern der österreichischen Breitband-Regulierungspolitik".
Der Präsident des Verbandes Alternativer Telekom-Netzbetreiber [VAT], Tele2UTA-Chef Norbert Wieser, verlangte am Freitag eine Untersagung des Zusammenschlusses. Er könne sich "schwer vorstellen, dass ein solcher Deal genehmigt werden kann".
Marktbeherrschend im Festnetz ...
Nach Meinung Wiesers sind Zusammenschlüsse schon dann zu untersagen, wenn zwei Unternehmen nach der Fusion zum Marktbeherrscher werden. Mit der Telekom Austria [TA] wolle jedoch ein schon bestehender Marktbeherrscher seine Stellung mit der Übernahme eines der drei größten Konkurrenten noch weiter ausbauen. Im Festnetz käme die TA mit eTel laut VAT auf über 60 Prozent Marktanteil.
... und im Internet?
Noch drastischer sei die Situation aber im Internet. ETel hatte in den vergangenen Jahren eine Reihe namhafter Internet-Provider aufgekauft, darunter EUnet, KPNQwest, Tiscali und Nextra.
Die Internet Service Providers Austria [ISPA] schätzen, dass die TA auf dem Breitband-Internet-Markt damit einen Marktanteil von über zwei Dritteln erreichen wird.
TA: "Übernahme ändert nichts"
Auch die TA meldete sich am Donnerstag zu Wort. Die objektiven Fakten über den Markt zeigten laut TA-Sprecher Martin Bredl, dass bei der geplanten Übernahme die Liberalisierung des österreichischen Telekom-Marktes nicht behindert würde.
"Zur Liberalisierung wurde über den Regulator das gesamte Leitungsnetz von Telekom Austria zu vom Regulierer genehmigten Tarife allen Betreibern zur Verfügung gestellt. Daran wird eine Übernahme von eTel nichts ändern", so Bredl am Donnerstag in einer Klarstellung.
Und auch den Vorwurf, die TA baue durch die eTel-Übernahme ihre marktbeherrschende Stellung aus, wies die TA zurück. eTel sei vor allem in den Ballungsräumen aktiv. Gerade dort habe die TA im Breitband-Internet jedoch relativ niedrige Marktanteile - in Wien etwa nur noch unter 30 Prozent.
Auch Wettbewerbshüter skeptisch
Auch der Leiter der Bundeswettwerbsbehörde, Walter Barfuß, will die Übernahme des Festnetz- und Internet-Betreibers eTel durch den Marktführer genau prüfen: "Das ist sicher keine Sache, die von vornherein durchgewunken wird."
Nur "eine Hand voll" Betreiber übrig
Laut VAT sei von ursprünglich 40 bis 50 privaten Anbietern zu Beginn der Liberalisierung nur noch "eine Hand voll" übrig geblieben. De facto gebe es nur noch drei größere Betreiber auf dem Markt: neben Tele2UTA, die sich 2005 zusammengeschlossen haben, nur noch UPC Telekabel, die vor ziemlich genau einem Jahr den Konkurrenten Inode geschluckt hat, und Colt Telecom, die allerdings auf Geschäftskunden spezialisiert ist.
Von allen übrigen kleineren Betreibern sei "niemand mehr in der Lage, mit eigener Infrastruktur nachhaltigen Wettbewerb zu betreiben", beklagte Wieser. "Die österreichische Breitband-Regulierungspolitik steht vor ihrem Scheitern", urteilte etwa Silver-Server-Chef Oskar Obereder.
"Das ist jetzt der Beweis, dass es mit der Regulierung in Österreich traurig aussieht. Der jetzige Weg führt zurück ins Monopol", kritisierte der VAT-Präsident ebenso wie ISPA-Chef Kurt Einzinger.
Kritik am Telekom-Regulator
Die Kritik richtet sich schon seit längerem an den obersten Telekom-Regulator Georg Serentschy. Der hatte die Vorwürfe zuletzt mit Hinweis darauf zurückgewiesen, dass auch im Festnetz die Preise im Fallen seien und dass im Breitband-Internet der Wettbewerb durch neue Mobilfunktechnologien wie HSDPA angekurbelt werde.
Bei der Regulierungsbehörde RTR hieß es auf Anfrage von ORF.at: "Wir äußern uns nicht dazu. Gemäß dem Telekommunikationsgesetz fällt uns hier auch keine Kompetenz zu", so Sprecherin Daniela Andreasch.
Erst kürzlich sorgte eine europaweite Studie zur Liberalisierung der Telekom-Märkte für Aufregung, die Österreich einige Mankos bei Wettbewerb und Regulierung bescheinigt. Während sich die alternativen Telekoms in ihrer Kritik bestätigt sahen, war das Ergebnis für die Telekom Austria "nicht nachvollziehbar".
Forderung an die Politik
Nach Meinung des VAT-Präsidenten sollte jetzt die Politik eingreifen und in den Koalitionsverhandlungen über Sofortmaßnahmen diskutieren. Wieser glaubt, dass die TA für Vermietung oder Abgabe [Entbündelung] einer Leitung an einen privaten Anbieter zu hohe Preise verlangt.
ISPA-Chef Einzinger erneuerte am Freitag seine Forderung, dass die TA nach dem Vorbild der British Telecom ihr Leitungsnetz organisatorisch komplett vom Endkundengeschäft trennen sollte.
Darüber hinaus verlangen die Betreiber in Zukunft neben dem Regulator auch einen Staatssekretär oder neuen Regierungsverantwortlichen für den Telekom-Bereich.
ETel-Kunden sind begehrt
Um die eTel-Kunden ist unterdessen unter den verbliebenen Privaten wieder einmal Gerangel ausgebrochen.
Der Wiener Internet-Anbieter Silver Server will allen eTel-Kunden die Gebühren für drei Monate und die Installationskosten erlassen. Auch Tele2UTA hat schon am Vortag angekündigt, dass sie allen eTel-Kunden ein "günstiges Angebot" machen will.
(futurezone | APA | Nayla Haddad)