Rohstoffmangel bremst Zukunftstechnologien
Forscher aus Berlin warnen davor, dass die steigende Nachfrage nach Hightech-Metallen und deren "bewusste Verknappung durch Spekulation" zu wirtschaftlichen Engpässen führt und die Entwicklung von Zukunftstechnologien bremst.
Gallium, Neodym, Indium - der Mangel an diesen Rohstoffen könnte schon bald die Entwicklung von wichtigen Zukunftstechnologien bremsen. Die Hersteller von Flachbildschirmen und die Photovoltaikindustrie etwa konkurrieren um Indium, in den Elektromotoren von Hybridfahrzeugen stecken Neodym-Magnete, und für Leuchtdioden wird das Halbleitermetall Gallium benötigt.
Die steigende Nachfrage nach den seltenen Hightech-Metallen werde zu wirtschaftlichen Engpässen führen und internationale Konflikte anheizen, wie Forscher aus Berlin warnen.
Ernsthafte Engpässe
Die Verknappung teurer Rohstoffe "wird uns in den kommenden Jahrzehnten nicht mehr loslassen", ist der wissenschaftliche Direktor des Berliner Instituts für Zukunftsstudien und Technologiebewertung (IZT), Rolf Kreibich, überzeugt.
Insgesamt 22 Rohstoffe und 32 Zukunftstechnologien haben die Forscher gemeinsam mit dem Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung (ISI) unter die Lupe genommen. Das Ergebnis: Es wird in absehbarer Zeit in vielen Bereichen zu ernsthaften Engpässen kommen.
Teure Solarzellen
Die Nachfrage nach dem besonders knappen Metall Indium, um das sowohl die Displayindustrie als auch die Photovoltaikhersteller konkurrieren, werde im Jahr 2030 mehr als dreimal so hoch sein wie die derzeitige Produktion, erläuterte IZT-Forscher Lorenz Erdmann, einer der Autoren der vom deutschen Bundeswirtschaftsministerium in Auftrag gegebenen Studie.
Dabei seien die Hersteller von Displays im Vorteil, weil bei ihren Produkten der Preis des teuren Rohstoffs deutlich weniger ins Gewicht falle als bei Solarzellen. "Wir rechnen damit, dass Rohstoffengpässe den massenhaften Ausbau der Solarenergie begrenzen werden", urteilte Erdmann.
Hightech-Metalle oft nur Nebenprodukt
Für viele derartige Metalle, die etwa wegen ihrer hohen Temperaturbeständigkeit, ihrer Flexibilität und ihres Korrosionsschutzes begehrt sind, sagen die Forscher eine ähnliche Verknappung voraus. Die Nachfrage nach Neodym wird demnach bis 2030 das Vierfache der heutigen Produktion betragen, diejenige nach Gallium sogar das Sechsfache.
Die Vorkommen der teuren Hightech-Metalle ist auch deshalb äußerst begrenzt, weil sie oft nur als Nebenprodukt bei der Förderung anderer Rohstoffe abfallen. Indium beispielsweise findet sich in kleinen Mengen in Zinkminen. Die Wiederverwertung scheidet in vielen Fällen aus, weil die Rohstoffe zusammen mit anderen Metallen verarbeitet werden und sich kaum wieder trennen lassen. Auch der Bedarf lässt sich nur schwer abschätzen, da diese zum Teil auch in der wenig transparenten Rüstungsindustrie gebraucht werden.
Vorkommen weltweit verteilt
Zudem sind die gefragten Metalle sehr ungleich verteilt auf der Welt. Das größte Vorkommen an Lithium, unverzichtbar für die Entwicklung von Batterien für Elektroautos, liegt beispielsweise in Bolivien. China dagegen dominiert die Produktion von Neodym zu 97 Prozent und "hat sich bereits Reserven in Afrika gesichert", wie Kreibich erläuterte. "Da bahnen sich internationale Konflikte an."
In manchen Ländern hat der Krieg um teure Rohstoffe bereits begonnen. Im Bürgerkrieg in der Demokratischen Republik Kongo steht auch der Zugang zum Roherz Coltan auf dem Spiel: Daraus wird das begehrte Tantal gewonnen, das beispielsweise für neue Handys gebraucht wird.
Verknappung durch Spekulation
Auf den umkämpften Rohstoffmärkten herrsche bereits heute eine "bewusste Verknappung durch Spekulation", stellt Kreibich fest - selbst wenn die Lieferverträge für solche begehrten Güter meist langfristig laufen und daher nur wenig Spielraum für Spekulanten herrscht. Zum Schutz der Zukunftstechnologien fordert der IZT-Direktor eine internationale oder zumindest europäische Agentur, die über die Märkte wachen solle.
"Wie von den G-20 für die Finanzmärkte beschlossen, brauchen wir Transparenz", sagt Kreibich. Das sollte sich seiner Meinung nach auf dem Markt für Metalle und Rohstoffe "doch besser regulieren lassen als virtuelle Finanztransaktionen".
(AFP)