Frische Optik für die Discokugel
Die Festivalsaison ist eröffnet, und auch heuer sollen beim Urban Art Forms Festival (UAF) in Wiesen Innovationen im Visual-Bereich neue Impulse setzen - dieses Jahr mit einer von oben herabschwebenden Halbkugel mit einem Durchmesser von zwölf Metern sowie einer 60 Meter breiten Multiscreen-Panoramawand. ORF.at traf den Mastermind dahinter zum Gespräch.
1.200 qm Projektionsfläche verwandeln das seit fünf Jahren jährlich stattfindende UAF in Wiesen in ein Schlaraffenland für Visual-Künstler, das auch vom Publikum sehr geschätzt wird. "So etwas wie das UAF war vor zehn Jahren noch absolut undenkbar, da hat man noch um jeden Beamer betteln müssen", erzählt Gerald Herlbauer, Pionier der österreichischen VJ-Szene und Gründer des VJ-Teams 4youreye, das für die Festivalorganisation im visuellen Bereich zuständig ist.
"Die gesamte Technik, Projektionsdesign, VJ-Logistik, Booking und die Betreuung der Visual-Künstler liegt in unseren Händen. Das ist eine ziemlich aufwendige Geschichte", so Herlbauer zu ORF.at.
Die Licht- und Bildprojektionen sind auf dem gesamten Festivalgelände zu finden, vom Zeltdach bis zur Toilette: Alles wird in ein großes, visuelles Kunstwerk verwandelt. Die Auswahl der Motive reicht dabei von Comicfiguren über fotografierte Gesichter bis zu simplen, neonfarbenen Lichtkreisen, die rotieren. Die Dunkelheit der Nacht wird durch die Kombination von Farben, Formen und Bewegung völlig ausgeblendet - und die Nacht wird zum Tag.
Urban Art Forms Festival
Das "Eristoff Tracks Urban Art Forms Festival - presented by Electronic Beats" ist ein Festival für elektronische Musik und Visual-Kunst und findet dieses Jahr von 28. bis 30. Mai statt. In den vergangenen Jahren traten über 600 internationale und nationale Künstler auf dem Festivalgelände Wiesen im Burgenland auf.
Halbkugel mit zwölf Meter Durchmesser
Das Visual-Set-up sieht allerdings nicht jedes Jahr gleich aus. Der Verein Eye-Con aus Wien, der von 4youreye gegründet wurde, entwickelt extra für das Festival neue Konzepte und Technologien. Dieses Jahr kommt im Hauptzelt auf dem Festivalgelände erstmals eine Halbkugel zum Einsatz, die über einen Durchmesser von zwölf Metern verfügen wird.
"Die Idee für die Kugel stammt von Philipp Cejnek, dem Produktionsleiter. Von ihm kommt das Konstrukt, wir realisieren jetzt die Umsetzung", so Herlbauer. Denn mit dem Aufbau der Halbkugel, die zusätzlich noch mit LED-Elementen und Stroboskopen ausgestattet wird, ist es nicht getan.
Der Testballon für die richtige Perspektive
Die perspektivisch korrekte Projektion auf ein kugelförmiges Objekt sei besonders schwierig. "Projektoren sind dafür ausgelegt, dass sie auf eine gerade Fläche projizieren, eine Kugel ist aber nicht gerade. Da wird das Bild bei der Projektion verzerrt, und das muss man wieder entzerren, damit es dann gut ausschaut", erklärt Herlbauer.
Für die Tests wurde im Studio des Vereins ein einen Meter großer Ballon montiert. Dirk Pfeifer (aka VJ scarab) und Philipp König (aka VJ abendprozessor) arbeiten dort am "Mapping". "Die Verzerrung muss berechnet werden, das muss eingestellt und justiert werden. Sobald wir das haben, können wir unsere Bilder darauf arrangieren", so Herlbauer.
"Riesendiscokugel, die rotiert"
Für diesen Vorgang kommt MAX/jitter zum Einsatz. MAX ist eine grafische Umgebung für Musik- und Multimedia-Dateien, für die man ein sehr großes mathematisches Verständnis benötigt, um sie für den eigenen Einsatzzweck adaptieren zu können. "Das ist eine sehr komplexe Angelegenheit", meint Herlbauer.
Doch es soll sich lohnen: "Wir werden sicherlich auch eine reale Discokugel draufprojizieren. Dazu filmen wir in unserem Studio eine Discokugel aus verschiedenen Perspektiven ab, berechnen des Material und projizieren es auf die Halbkugel. Dann haben wir eine Riesendiscokugel, die man auch rotieren lassen kann", gerät Herlbauer ins Schwärmen.
Multiscreen-Panormaprojektionen
Die Kugel ist nur ein kleiner Teil des Visual-Konzepts der Mainstage beim diesjährigen UAF. Hinter dem DJ werden zwei mal einen Meter große LED-Elemente aufgestellt. "Da kann man mit dem Licht durch diese Panäle durchfahren, das ist keine abgeschlossene Fläche, sondern das sind Stäbe, wo LEDs drin sind", erklärt Herlbauer. Auch eine Multipanoramaprojektion, die sich über die gesamte Breite des Zeltes erstreckt, kommt erstmals zum Einsatz. "Ich schätze, es sind 60 Meter. Das ist der Bereich, den das Publikum direkt ansieht", so Herlbauer. Insgesamt werden dabei neun Projektoren verwendet, die alle über einen Medienserver gesteuert werden.
Jahrelange Forschungsarbeit steckt dahinter
Auch diese Technik ist nicht Standard: Herlbauer tüftelt seit Jahren an der Funktionsweise von Multiscreen-Panoramaprojektionen und optimierte die Technik, so dass nur noch ein Medienserver notwendig ist, um bis zu 21 Bildschirme gleichzeitig zu steuern. "Normalerweise brauchst du für jeden Bildschirm einen eigenen Rechner und einen Server, der alles verwaltet. Pro Rechner musst du eine Lizenz der Software kaufen. Das ist alles sehr aufwendig und teuer, deswegen gibt es wenige massive Installationen in dem Bereich. Mein persönlicher Rekord liegt bei 42 Screens, die alle ein Bild wiedergeben", so Herlbauer.
Großes Interesse an fixen Installationen
Diese fixe Installation ist seit einem halben Jahr in einem Linzer Altstadtlokal zu sehen und wird von insgesamt drei Rechnern angesteuert. "Das System ist bisher noch kein einziges Mal abgestürzt", freut sich der Entwickler. Ähnliche Panoramainstallationen des Visual-Pioniers werden in Kürze im LT1-Studio in Linz sowie in der ehemaligen Nachtschicht in Wien zum Einsatz kommen.
Beim Urban Art Forms Festival soll mit der optimierten Technik erstmals auf den gesamten 60 Metern Breite des Festivalzelts ein einziges Bild wiedergegeben werden. "Das wäre dann ein 4:3-Bild, das müsste man entweder auseinanderziehen oder hineinzoomen. Auf das Publikum wirkt ein zusammenhängendes Bild sicherlich massiv. Wir können im Prinzip für jeden VJ ein anderes Set-up programmieren und einstellen, damit es immer unterschiedlich aussieht. Man kann es allerdings auch während der Performance wechseln", meint Herlbauer, der beim Festival neben der Organisation der Technik selbst als VJ auftreten wird.
4youreye wird gemeinsam mit dem US-Act Dubfire auf der Cocoon-Mainstage performen. Zum Hauptact des Abends, DJ Sven Väth, werden Reach Visuals, ein ebenso prominentes VJ-Team aus Rotterdam, eingeflogen. "Ein VJ kann das so schnell nicht mehr erleben, auf so einem Set-up zu arbeiten", ist Herlbauer überzeugt.
(futurezone/Barbara Wimmer)