E-Voting-Wahlgang in Finnland ungültig
Der Oberste Verwaltungsgerichtshof Finnlands hat ein E-Voting-Experiment bei Regionalwahlen 2008 für ungültig erklärt. Die Wahlen müssen nun wiederholt werden. Am Wahlsystem war auch der spanische Anbieter Scytl beteiligt, der die zentrale Software-Komponente für die kommende ÖH-Wahl liefert.
Wie die finnische Tageszeitung "Helsingin Sanomat" am Donnerstag berichtet hat, hat der Oberste Verwaltungsgerichtshof des Landes entschieden, dass die Regionalwahlen in den Gemeinden Vihti, Karkkila und Kauniainen so schnell wie möglich wiederholt werden müssen. Er hob damit ein anderslautendes Urteil des Verwaltungsgerichts Helsinki auf. Geklagt hatten betroffene Bürger.
In den drei Orten war bei Regionalwahlen im Oktober 2008 ein experimentelles E-Voting-System eingesetzt worden, dessen zentrale Komponente von der spanischen Firma Scytl zugeliefert wurde. Scytl stellt auch die zentrale Komponente des E-Voting-Systems, das bei der Wahl zur Österreichischen Hochschülerschaft 2009 eingesetzt werden soll. Der Unterschied besteht darin, dass bei der ÖH-Wahl mit Bürgerkarten-Authentifizierung über Internet gewählt werden soll, während in Finnland Wahlcomputer in den Wahllokalen zum Einsatz gekommen waren.
Teure Wiederholung
Die Wahlen müssen nun auf Papier wiederholt werden, weil es im System nachweisbar zum Verlust von 232 Stimmen kam. Das repräsentiere eine Fehlerrate von knapp über zwei Prozent. Das Oberste Verwaltungsgericht befand auch die an die User ausgelieferte Dokumentation des E-Voting-Systems als unzureichend. Das habe zu Bedienungsfehlern geführt. Es habe aber auch einen Fehler im E-Voting-System gegeben. Die Vorbereitungen zum E-Voting seien nicht gesetzeskonform gewesen und die Wahlen damit ungültig, zitiert "Helsingin Sanomat" das Gericht. Die Fehler hätten die Ergebnisse der Wahlen beeinflussen können.
Laut "Helsingin Sanomat" wird die Wahlwiederholung voraussichtlich rund 130.000 Euro kosten. Das Justizministerium wird bis Mitte des Jahres nun einen Bericht zum Thema E-Voting erstellen, der der Regierung vorgelegt werden soll. Das Gericht hat nicht darüber entschieden, ob E-Voting mit den bestehenden finnischen Gesetzen konform ist.
Keine endgültige Entscheidung
Die Electronic Frontier Foundation Finland, die dem Projekt kritisch gegenübersteht, berichtet in ihrem Weblog, dass das E-Voting-Gesetz des Landes im Dezember 2008 ausgelaufen sei. Das Gericht habe auch nicht entschieden, was mit den elektronischen Wahlurnen geschehen solle, die archiviert werden sollten.
Diese Urnen würden verschlüsselte Informationen darüber enthalten, welcher Wähler wie abgestimmt habe. Das Gericht sei auch nicht auf die Frage eingegangen, ob das E-Voting-System mehr Transparenz aufweisen solle. Im finnischen E-Voting-System seien Komponenten zu Geschäftsgeheimnissen erklärt worden, die zentrale Komponente sei Closed Source gewesen. Das hätten die E-Voting-Kooperationspartner Scytl und TietoEnator dazu verwendet, um die etwaige Publikation der Ergebnisse einer vorgeschlagenen Untersuchung des Systems durch die EFFI und die Universität Turku schon im Vorfeld einzuschränken, so die Bürgerrechtler in einem Bericht vom August 2008.
Auf Rückfrage von ORF.at schrieb ein Vertreter der EFFI, der in einem der betroffenen Bezirke lebt und die Klage unterstützt hat, dass es aufgrund des geschlossenen Charakters des Wahlsystems nicht sicher sei, welche der im System verwendeten Komponenten für den Verlust der Stimmen verantwortlich sei.