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Web-Initiative will die Grünen öffnen

DEMOKRATIE
16.04.2009

Die von Grün-Sympathisanten und Bloggern gestartete Initiative Grüne Vorwahlen will auf die Erstellung der grünen Kandidatenliste für die Wiener Gemeinderatswahl 2010 Einfluss nehmen. Das Demokratieexperiment soll nach dem Willen der Initiatoren auch für andere Parteien Vorbildwirkung haben und für mehr Offenheit in der Politik sorgen.

"Zwingen wir die Grünen zu mehr Offenheit", schrieb Helge Fahrnberger Anfang April in seinem Weblog. Der Grün-Wähler und Social-Software-Spezialist war mit der Kommunikationspolitik und der Kandidatenauswahl der Partei seit längerem unzufrieden.

Gerade die Grünen sollten als Kleinpartei ihre Wähler stärker einbinden, so Farnberger. Gemeinsam mit Jana Herwig und Martin Schimak, ebenfalls Blogger und Grün-Sympathisanten, startete Fahrnberger deshalb die Initiative Grüne Vorwahlen. Mit dem Demokratieexperiment wollen sie die grünen Kandidaten dazu bringen, aktiv mit ihren Wählern zu kommunizieren.

Parteistatut sieht Mitbestimmung vor

Ermöglicht wird das Experiment durch die Parteistatuten der Wiener Grünen. Um bei der Kandidatenauswahl mitbestimmen zu können, genügt es, eine Unterstützungserklärung zu unterzeichnen; eine Parteimitgliedschaft ist dazu nicht notwendig. Allerdings dürfen die Unterstützer auch bei keiner anderen Partei Mitglied sein.

Ziel der Initiative ist es, 600 Unterstützungserklärungen zu sammeln, um bei der voraussichtlich im November stattfindenden Wahl der Kandidaten auf der Landesversammlung der Wiener Grünen ein gewichtiges Wort mitreden zu können. Es müsse "genug Druck" auf die Kandidaten erzeugt werden, sich mit dieser Öffentlichkeit auseinanderzusetzen und sich nicht nur an den Parteiorganisationen zu orientieren, so Fahrnberger.

Vernetzte Kommunikation mit den Wählern

Das Internet ermögliche es, eine solche Initiative ohne großen Aufwand zu organisieren, sagte Farnberger. Die Möglichkeiten des Netzes zu nutzen würde auch den Grünen gut anstehen. Als vorbildhaft sieht der Social-Software-Spezialist dabei auch die Kampagne von US-Präsident Barack Obama an.

Obama habe nicht nur über die Medien kommuniziert, sondern sei auch unvermittelt mit der Öffentlichkeit in Kontakt getreten. Die Kampagne habe aber vor allem eine lose vernetzte Struktur ermöglicht, innerhalb derer die Wähler auf breiter Basis untereinander diskutieren konnten, so Fahrnberger: "In Österreich findet das nicht statt."

Platz für Nischenthemen

Auch die Grünen sollten sich nicht so sehr auf die Massenmedien konzentrieren, sondern Kommunikation in beide Richtungen ermöglichen. Dadurch würde auch ein breiteres Themenspektrum in die politische Auseinandersetzung Eingang finden. "Wenn man Kommunikation zulässt und fördert, gibt es auch für Nischenthemen Platz", ist Fahrnberger überzeugt. Auf diese Art könnten die Anliegen der Menschen auch zu politischen Organisationen durchdringen.

Grüne-Vorwahl-Mitinitiator Martin Schimak sammelte auf seinem Blog Stimmen der grünen Wiener Gemeinderäte zu der Initiative.

Bisher gingen rund 70 Unterstützungserklärungen bei der Initiative ein. Auf einer Facebook-Gruppe zu den Grünen Vorwahlen sammelten sich mehr als 270 Leute. Unter ihnen ist auch die grüne Wiener Gemeinderätin Marie Ringler. Sie findet die Initiative "ganz wichtig", weil sie Wählern die Möglichkeit biete, mitzureden und nicht nur "ein Kreuzerl zu machen".

"Nicht nur positive Stimmen"

Natürlich gebe es nicht nur positive Stimmen, meinte Ringler: "Es ist eine durchaus menschliche Reaktion, wenn sich Leute, die jahrelang bei den Grünen aktiv waren und viel Arbeit geleistet haben, von den Stimmen aus dem Web nicht wertgeschätzt fühlen."

Volker Plass veröffentlichte am Mittwoch im "Standard" einen Kommentar zum Thema.

Die Reaktionen der grünen Funktionäre auf die Initiative seien durchaus zwiespältig gewesen, meinte Volker Plass, Unternehmer und Bundessprecher der Grünen Wirtschaft. Die Konstruktion der Basisdemokratie, die sich bei den Grünen seit den Gründungstagen durchziehe, sei nur von einem kleinen Bereich der Grünen gepflegt worden: "Es war eine Basisdemokratie der Informierten und derjenigen, die nahe an den Parteistrukturen dran waren."

Natürlich gebe es etliche, die sich unter dem weitgehenden Ausschluss der Öffentlichkeit größere Chancen auf ein Mandat ausrechnen. Wenn nun unter Einbindung des Internets ein kreativer Richtungsstreit stattfinde, tue das den Grünen gut. Aber auch andere Parteien könnten die Veränderung in der Kommunikations- und Medienlandschaft nicht ignorieren, meinte Plass.

"Vorbildfunktion für andere Parteien"

Das sehen die Initiatoren der Kampagne ähnlich. Die Grünen Vorwahlen hätten durchaus auch eine Vorbildfunktion für andere Parteien, sagte Fahrnberger: "Die Initiative soll auch dazu beitragen, dass die Diskussion über mehr Offenheit auch bei anderen Parteien angefeuert wird."

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(futurezone/Patrick Dax)