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Einigung über Telekompaket erzielt

EU
28.04.2009

EU-Parlament und Rat haben einen Kompromiss über das umstrittene Telekompaket erzielt. Der Weg zur zweiten Lesung im Parlament ist damit frei. Zuletzt hatten Rat und Parlament über Passagen gestritten, die Nutzer vor Internet-Sperren ohne richterlichen Beschluss schützen sollten.

Der Weg für die Verabschiedung des umstrittenen EU-Telekompakets ist Verhandlungskreisen zufolge frei. Vertreter der tschechischen EU-Ratspräsidentschaft und des Europaparlaments hätten sich in einem letzten Streitpunkt geeinigt, hieß es am Dienstag in Brüssel aus dem Europaparlament. Die Berichterstatter Catherine Trautmann (SPE/F) und Malcolm Harbour (EVP/GB) bestätigten das. Am Mittwoch solle der Kompromissvorschlag den verschiedenen politischen Gruppen im Parlament vorgestellt werden.

Auch gegenüber ORF.at ließen Vertreter österreichischer Parteien am Dienstag durchblicken, dass es einen Kompromiss gebe. Zuletzt war eine für Montag geplante Sitzung des Binnenhandelsausschusses des EU-Parlaments, in dem strittige Punkte des Berichts des britischen Berichterstatters Harbour zu Datenschutz- und Konsumentenschutzaspekten besprochen werden sollten, abgesagt worden. Die Debatte der zweiten Lesung zum Telekompaket soll am 5. Mai im Plenum in Straßburg stattfinden, die Abstimmung wird für 6. oder 7. Mai erwartet.

Streit über Internet-Sperren

Umstritten waren zuletzt Zusätze zu Rahmenrichtline und Universaldiensterichtlinie, die nach dem Willen des EU-Parlaments aus erster Lesung den Bürgern uneingeschränkten Zugriff auf das Internet sichern und sie gegen Internet-Sperren auf Zuruf der Medienindustrie ohne richterlichen Beschluss schützen sollten. Der Nachrichtenagentur AFP zufolge einigten sich die Berichterstatter Trautmann und Harbour auf einen Passus, nach dem bei Maßnahmen, den Internet-Anschluss von Konsumenten betreffend, auf deren Grundrechte geachtet werden solle und diese "das Recht auf den Spruch eines unabhängigen und unparteiischen Tribunals" haben sollen.

Netzsperren und Rechtsstaatlichkeit

Richter kommen nach dem aktuellen Vorschlag zur Loi HADOPI erst dann ins Spiel, wenn der Befehl zur Netzsperre bereits ergangen ist. Bei den ersten beiden Warnungen erfährt der Kunde nicht einmal, welches geschützte Werk er heruntergeladen haben soll - und es gibt auch ausdrücklich

keine Einspruchsmöglichkeit.

Damit kann allerdings sehr wohl auch die Internet-Sperrbehörde HADOPI gemeint sein, die Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy und seine Parteifreunde in der französischen Regierung durchsetzen wollen und die als pseudo-unabhängige Behörde installiert wird, bei der nur die Vertreter der Rechteinhaber ein Recht auf Eingabe haben. In den ursprünglichen Fassungen der Änderungsanträge Trautmanns war noch explizit von einem richterlichen Spruch zur Anordnung von Restriktionen die Rede - der HADOPI gehören zwar Juristen an, aber die Behörde ist eben nicht Teil der Judikative - in diesem Fall wäre das ein wichtiger Unterschied.

Der Kompromiss betrifft offenbar auch den umstrittenen Änderungsantrag 138, der erst vergangene Woche mitsamt Richtervorbehalt bei Internet-Sperren wieder in das Telekompaket aufgenommen worden war. Mehr dazu, sobald der Kompromissvorschlag im Detail vorliegt.

Debatte über Grundrechte angemahnt

Das Parlament, so Trautmann und Harbour, werde außerdem die EU-Kommission dazu auffordern "schnellstmöglich" eine öffentliche Konsultation zur Problematik der Grundrechte im Internet zu eröffnen. Trautmann gab zu bedenken, dass das Problem zu umfangreich sei, um über einen einfachen Änderungsantrag geregelt zu werden. Alle Interessensgruppen sollten an der neuen Debatte teilnehmen.

Zuletzt hatten die französische Bürgerrechtsorganisation La Quadrature du Net und die britische Politikwissenschaftlerin Monica Horten vor einem Vorschlag Harbours zu Änderungsvorschlag 166 der Universaldiensterichtlinie gewarnt, in dem unter anderem die Referenz auf die E-Commerce-Richtlinie der EU gestrichen war, welche dafür sorgt, dass Provider nicht für unlizenzierte Inhalte in ihren Netzen belangt werden können. Ob es diese Änderung nun in den Kompromissvorschlag geschafft hat, ist bisher nicht bekannt.

Umfangreiches Projekt

Das Europaparlament und die zuständigen EU-Minister müssen dem Gesetzespaket noch zustimmen. Das Telekompaket soll eine neue Gesetzesgrundlage für den Telekomsektor schaffen. Es besteht aus mehreren Richtlinien. Darunter sind auch Bestimmungen zur neuen EU-Regulierungsbehördenkonferenz (BEREC) und Vorgaben über die Verteilung freiwerdender Frequenzen, wenn der Rundfunk von analog auf digital umgestellt wird.

Am Mittwoch wird in der Pariser Nationalversammlung erneut über das Internet-Sperrgesetz Loi HADOPI verhandelt.

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(futurezone/Günter Hack/dpa/AFP)