© APA/Guenter R. Artinger, Wissenschaftsminister Johannes Hahn bei der Stimmabgabe

Grüne verschärfen Kritik an E-Voting

DEMOKRATIE
05.05.2009

In einer Antwort auf eine Parlamentarische Anfrage der Grünen hat Wissenschaftsminister Johannes Hahn (ÖVP) Details zu den Kosten des E-Voting-Projekts anlässlich der ÖH-Wahl bekanntgegeben. Die grüne Verfassungssprecherin Daniela Musiol hält Hahns Antworten für unzureichend und wirft ihm laxen Umgang mit demokratiepolitischen und sicherheitstechnischen Bedenken gegen E-Voting vor.

Hahn hatte am Samstag eine Parlamentarische Anfrage von Musiol beantwortet, die am Dienstag auf der Website des Parlaments veröffentlicht wurde.

Neben bereits bekannten Informationen zum Verfahren enthält die Antwort auch einige Details zu den Kosten des Projekts. So hat das Ministerium für die Werbekampagne zur Freischaltung der Bürgerkarte im Rahmen des Projekts Studi.gv.at 136.409,58 Euro ausgegeben.

Für die gratis abgegebenen Lesegeräte hat das Ministerium bisher 56.533,99 Euro bezahlt, die Kosten für die Erstellung und Wartung der Website Studi.gv.at beliefen sich auf 11.200 Euro, die Personalkosten für die Werbung um Studierende und die Freischaltung via Studi.gv.at auf bisher 35.965,25 Euro, die Kosten für die Bewerbung dieser Site auf bisher 2.100 Euro.

Gesamtkosten nicht abschätzbar

Die Gesamtkosten des Projekts seien, so Hahn, derzeit noch nicht abschätzbar, da es sich um "ein neues technisch-wissenschaftliches Projekt" handle, das sich laufend fortentwickle. Gegenüber ORF.at kritisierte Musiol diese Aussage scharf: "Das Ministerium hat keine Ahnung, wie die Kosten sich entwickeln werden. Das halte ich nicht für besonders verantwortungsvoll." Sigrid Maurer, Spitzenkandidatin der GRAS für die ÖH-Wahlen, schließt sich Musiol an: "Es ist bezeichnend, dass Hahn den wichtigsten Punkt der Anfrage, die Frage nach den Gesamtkosten für E-Voting, nicht beantwortet. Die übrigen Antworten bestätigen uns in der massiven Kritik an diesem demokratiegefährdenden Projekt. Das Ministerium stellt sich dumm - obwohl Hahn klar zu sein scheint, dass es eklatante Mängel im E-Voting-Projekt gibt, weicht er nicht davon ab."

Die Aussage Hahns, dass "keine Angriffe erwartet" würden, "da Personen, die versuchen, das System zu kompromittieren, rechtlich belangt werden können", findet Musiol "unrealistisch". "Hahns Zugang, was die rechtlichen Bedenken und die Sicherheitsprobleme angeht, finde ich flapsig", so die Verfassungssprecherin. "Er hat keine beruhigenden Antworten geben können".

Quellcode-Prüfung am Freitag

Der Quellcode des eingesetzten E-Voting-Systems umfasst laut der Anfragebeantwortung 183.000 Zeilen. Diese sollen im Rahmen eines Termins am Freitag im Rahmen einer geschlossenen Veranstaltung am Bundesrechenzentrum in Wien von Repräsentanten der wahlwerbenden Gruppen, Wahlkommissionsmitgliedern und Wahlbeobachtern geprüft werden. Diese Personen stehen unter Stillschweigevereinbarung, denn der Quellcode ist nicht offen, sondern gehört dem spanischen Anbieter Scytl.

Die Probleme mit dem E-Voting-System, das bei Regionalwahlen 2008 in Finnland eingesetzt wurde, seien nicht auf die von Scytl zugelieferten Komponenten zurückzuführen, so das Ministerium in der Anfragebeantwortung. Das habe eine ministeriumsinterne Überprüfung ergeben, so Hahn. Musiol ist mit dieser Antwort nicht zufrieden und hält ihre Kritik an der Scytl-Software aufrecht.

Grüne sehen Streit in der Koalition

Musiol sieht in Sachen E-Voting weiterhin Spannungen in der Regierungskoalition. "Bundeskanzler Werner Faymann hat kürzlich eine Anfrage der FPÖ beantwortet, in der er geschrieben hat, dass E-Voting bei Nationalratswahlen nicht eingesetzt werden soll. Die ÖVP wird den Druck, E-Voting auch bei anderen Wahlgängen einzuführen, aber auch nach der ÖH-Wahl aufrechterhalten."

Das E-Voting via Internet anlässlich der Wahl zur Österreichischen Hochschülerschaft wird von 18. bis 22. Mai stattfinden. In der Woche darauf wird die traditionelle Papierwahl abgehalten. Sowohl der FPÖ-nahe Ring Freiheitlicher Studenten (RFS) als auch die Grünen und Alternativen StudentInnen (GRAS) haben angekündigt, die Wahl vor dem Verfassungsgerichtshof anfechten zu wollen.

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(futurezone/Günter Hack)