© Team Vienna, Screenshot aus 7Million

"Games entwickeln muss Spaß machen"

START-UP
16.05.2009

Die Entwickler des heimischen Gamestudios Team Vienna arbeiten intensiv an der Fertigstellung ihres ersten Spiels, einem Massive-Multiplayer-Online-Game, das mit Casual-Games-Inhalten auch Frauen anziehen soll. Derzeit läuft "7 Million" noch als geschlossener Betatest, der öffentliche Start ist für Juni geplant. Doch dann ist die Arbeit für die Entwickler des Wiener Start-ups noch nicht vorbei.

"Mit '7 Million' wollen wir Massive-Multiplayer-Online-Games (MMOs), die eigentlich eher Hardcore-Gamer ansprechen, für eine breitere Zielgruppe interessant und leichter zugänglich machen", erklärt Peter Pisarik, zusammen mit Kaweh Kazemi und Markus Hajek Gründer von Team Vienna, die Spielidee.

Dafür sollen Casual-Games-Elemente sorgen, kurzweilige Spielchen nach Art von "Bejeweled" und "Bubble Breaker", mit denen der Spieler verschiedene Aufgaben wie Tresore knacken, spionieren und Zutaten für ein romantisches Dinner besorgen bewältigen muss, um vom kleinen Ganoven zum Meisterdieb aufzusteigen. Dabei soll auch viel Gewicht auf Kommunikation und Kollaboration gelegt werden, da die Spieler für manche Aufgaben zusammenarbeiten müssen.

Adventure-Game mit Social Quests

"7 Million" erinnert an Adventure-Games nach Art von "Leisure Suit Larry", bei denen der Protagonist durch die Gegend läuft und mit bestimmten Personen reden und verschiedene Dinge suchen und erledigen muss, wenn auch auf niedrigerem Niveau und mit Zeitlimit. Kumquats etwa gibt es bei "7Million" keine. Die fünf Minigames, die Grundelemente des Spiels, sind in der einen oder anderen Form bekannt, echte Neuerungen gibt es hier nicht.

Die Anfangsquests sind leicht meisterbar, im Verlauf des Spiels werden sie allerdings schwieriger. Ob das Spiel wirklich, wie von den Entwicklern geplant, auch für kurze Spielsessions geeignet ist, wird sich wohl erst zeigen, wenn das Spiel für alle zugänglich ist und sich mehr Spieler in der "7 Million"-Welt "Paradise City" tummeln. In ersten Tests ging unter einer halben Stunde Spielzeit, wenn auch unterhaltsam, gar nichts.

Entwicklung im Endstadium

Derzeit ist Team Vienna noch mit den letzten Features und dem Aufpolieren des Spiels beschäftigt, das sich aktuell in einer geschlossenen Testphase befindet. Mitte bis Ende Juni soll der Official Trail starten, bei dem dann unter anderem das Zahlsystem getestet werden soll, so Stefan Eder von "7 Million"-Publisher Koch.

Dabei geht es allerdings nicht um den Zugang zum Spiel selbst, denn der ist grundsätzlich kostenlos, sondern um zusätzliche Items, die die Spieler später kaufen können. Für weitere Einnahmen sollen Premium-Subscriptions und In-Game-Werbung sorgen. Die Kombination aus allen drei Quellen soll das Spiel refinanzieren und Gewinn einbringen. Als Zielgruppe sollen von "7 Million" eher Frauen angesprochen werden, die bisher wenig bis gar nicht gespielt haben, "auch wenn die Erfahrung sagt, dass es vermutlich mehr Männer sein werden", so Eder.

Kündigung als Chance für Neustart

Die Idee zum Spiel kam den drei Gründern, nachdem sie ihr erstes Auftragsspiel "Dad's dead" fertiggestellt hatten. Davor hatten sie für das Spielestudio Rockstar Vienna gearbeitet, das im Mai 2006 über Nacht geschlossen wurde. "Natürlich war das am Anfang ein Schock, es hat eine Weile gedauert, bis wir das verarbeitet hatten", erzählt Pisarik.

Dazu gingen alle Beteiligten erst einmal auf Urlaub, um sich im Herbst wieder zusammenzufinden und "Dad's dead" zu entwickeln. "Damals haben wir uns gedacht, eigentlich könnten wir in die Richtung, kleine Spiele für Werbezwecke zu entwickeln, weitermachen." Parallel dazu habe Kazemi die Idee zu "7 Million" entwickelt, und schließlich sei im September 2007 mit Koch der passende Publisher eingestiegen. Seither ist Team Vienna auf nunmehr 21 Leute angestiegen.

"Wir probieren es einfach"

"Am Anfang haben wir von unseren Ersparnissen gelebt", erzählt Pisarik. "Wir mussten ja einige Vorarbeiten leisten, denn ein potenzieller Finanzier will auch etwas sehen, und da kannst du nicht mit einem Stück Papier kommen und sagen: 'Gib mir Geld für die Entwicklung.'" In anderen Spielefirmen unterzukommen wäre zwar möglich gewesen, aber "wir wollten etwas eigenes auf die Beine stellen. Wir hatten die Erfahrung, wir hatten die Zeit - wir haben uns gedacht: Jetzt oder nie, wir probieren es einfach."

In der Software-Branche sei es einfacher, sich selbstständig zu machen, meint Pisarik, schließlich brauche es nur einen Rechner und ein paar Software-Lizenzen. "Wir waren auch nur zu dritt, da gab es keine großen Investitionen mit großem Risiko. Richtig in die Vollen gegangen sind wir erst, als wir einen Finanzier hatten." Hätte es nicht funktioniert, hätten die drei zwar Geld verloren, aber "wenigstens haben wir es probiert".

Begrenzte Möglichkeiten

Die Größe des Ursprungteams sei auch mit ein Grund gewesen, warum sie sich an die eher unübliche Kombination von MMO und Casual Games wagten. "Die Kombination ist einerseits fast ein neues Genre und hat uns daher interessiert, andererseits war uns klar, dass wir als kleines Team nur begrenzt etwas auf die Beine stellen können."

In der zweijährigen Entwicklungszeit habe sich das Projekt erweitert, einige Features fielen weg, andere kamen dazu. Zudem wurde Marktforschung betrieben, unter anderem um den Look zu definieren: "Der Cartoon-Style ist bei den Leuten besser angekommen als total realistische Grafiken. Uns kam das entgegen, denn je realistischer, umso aufwendiger die Entwicklung. Und mit dem netten Look sprechen wir sicher auch mehr Leute an. Außerdem ist das Spiel gewaltfrei."

Ganz gewaltfrei allerdings nicht, schließlich geht es im Spiel darum, Dinge zu stehlen und einzubrechen. "So gesehen ja, aber es ist eigentlich unrealistisch und immer mit einem Augenzwinkern", erklärt Pisarik. "Wenn man Alarmanlagen ausschalten oder Wachen umgehen muss, ist das spannend, aber nicht gewalttätig."

Die eigentliche Arbeit beginnt erst

Auch wenn sich an der Grundkonzeption nichts ändern werde, sehen die Entwickler den Release nicht als Ende ihrer Tätigkeit. Dann gehe es erst richtig los: "Wenn sich etwa herausstellt, dass 70 Prozent der Spieler ein bestimmtes Feature haben wollen, kann man das nachreichen. Das ist der große Vorteil von MMOs." Auch das Businessmodell müsse sich erst beweisen, sagt Eder: "Wenn die Leute lieber über SMS zahlen wollen, werden wir das anbieten. Wenn dafür Bankeinzug nicht gewünscht wird, werden wir das rausnehmen. Da kann man schnell nachbessern."

Dazu sollen auch die kostenlosen Spielmöglichkeiten über Facebook und iPhone dienen, die zwar das Spiel selbst nicht vorantreiben, aber zusätzliche Items bringen. "Damit können wir besser verfolgen, von wo die Leute kommen und was sie tun und wo es noch den Bedarf einer Nachjustierung gibt", so Eder, der hinzufügt, dass die Daten nicht gesammelt und gespeichert werden.

Organisches Wachstum

Als Ziel haben sich die Entwickler ein organisches Wachstum gesetzt. "Es wäre nicht gut, wenn, solange das Spiel noch nachjustiert wird, auf einmal viele Leute kommen, die dann enttäuscht wieder wegziehen. Die sieht man nämlich nie wieder." Langsames, aber stetes Wachstum sei daher das eigentliche Ziel. Damit unterscheide sich das Konzept auch deutlich vom klassischen Ansatz, wo es darum gehe, vor dem Release möglichst viel Hype aufzubauen, um dann die erste Zeit möglichst viel zu verkaufen, so Eder.

Ob Pisarik das Spiel selber auch Spaß macht? "Ja, natürlich, und das nicht nur, weil ich daran arbeite. Wenn man ein Spiel macht, will man im Grund die Leute unterhalten, sie sollen dabei Spaß haben. Und natürlich bringt man sich selber mit ein und sollte dabei Spaß haben, sonst bringt das nichts. Wir haben uns nicht hingesetzt und gesagt, wir machen jetzt etwas, das sich gut verkaufen lässt, sondern etwas, das auch uns Spaß macht. Du kannst nur etwas gut machen, wenn du mit dem Herz dabei bist."

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(futurezone/Nadja Igler)