© Bild: ESA-J. Huart, Galileo-Navigationssatellit

GPS kommt ins Trudeln

NAVIGATION
11.05.2009

Der US-Rechnungshof warnt vor möglichen GPS-Ausfällen ab 2010. Dann nämlich wird die erste Satellitengeneration des Navigationssystems das Ende ihrer Lebenszeit erreicht haben. "Es ist nicht sicher, ob die Air Force rechtzeitig neue Satelliten beschaffen kann, um die bestehenden GPS-Services ohne Unterbrechungen aufrechtzuerhalten." Das Budget wurde bereits um 870 Millionen Dollar überschritten.

Wenn ein Bericht des US-Rechnungshofs mit den Worten "signifikante Herausforderungen" beginnt, dann ist Feuer am Dach des betreffenden Regierungsprojekts.

Waren es in den letzten Jahren zumeist Projekte des Ministeriums für Heimatschutz, etwa das noch immer nicht wie geplant funktionierende Ein- und Ausreisekontrollsystem (US VISIT), so ist diesmal das Global Positioning System (GPS) betroffen.

"Es ist unsicher, ob die Air Force rechtzeitig neue Satelliten beschaffen kann, um die bestehenden GPS-Services ohne Unterbrechungen aufrechtzuerhalten. Wenn nicht, könnte das sowohl militärische Operationen wie zivile Benutzer beeinträchtigen", heißt es denn auch im ersten Satz des Berichts.

Wahrscheinlichkeit von Ausfällen erhöht

Wenn die Air Force hinter den Zeitplan zurückfalle, dann werde es 2010 mit erhöhter Wahrscheinlichkeit zu Ausfällen kommen. 2010 erreichen die ältesten der verhältnismäßig niedrig fliegenden GPS-Satelliten das Ende ihrer Lebenszeit. Die ersten der zweiten Generation (IIF) starten erst heuer Anfang November ins All, mit drei Jahren Verspätung. Die ursprüngliche Kostenschätzung wurde laut Rechnungshof um 870 Millionen Dollar überschritten.

"Unklare Verantwortlichkeiten" ("Diffuse Leadership") ortet der Rechnungshof, zumal es bei der Air Force keine zentrale Stelle gebe, die sowohl Beschaffung wie auch die Ausbringung von GPS-Elementen koordiniere.

"Weitreichende Auswirkungen"

Beim Launch der Satelliten für das ziemlich teuer ausgefallene und mit reichlicher Verspätung gestartete Programm GPS IIF darf also nichts schiefgehen. Ansonsten drohe nämlich die Gesamtzahl aller Satelliten unter jenes Niveau zu fallen, das die US-Regierung garantiert habe: "Das könnte weitreichende Auswirkungen auf alle GPS-Benutzer haben."

Die Pläne der Air Force, die offenbar technisch missglückte Serie IIF durch die nächste Generation GPS IIIA so schnell wie möglich abzulösen, beurteilt der Rechnungshof ausgesprochen skeptisch.

Wettstreit mit Galileo

Der Plan der Militärs, den Launch des ersten IIIA-Satelliten um drei Jahre vorzuziehen, sei "übertrieben optimistisch", zumal auch das IIIA-Programm verspätete gestartet war. Obendrein habe der Generalunternehmer gewechselt, das stelle "eine zusätzliche Herausforderung" dar.

Und noch eine "Challenge" wurde entdeckt, aber diesmal eine für die GPS-Industrie der USA. "Einige Hersteller" befürchten offenbar Wettbewerbsnachteile durch das europäische Galileo-System, sobald dieses 2015 in Betrieb gegangen sei. Die europäischen Anbieter seien im Vorteil, weil sie in das Galileo-Konsortium eingebunden seien und so schon viel früher Hardware testen könnten, so der Tenor.

Konkurrenz aus EU und China

Auch das europäische Satellitensystem Galileo wird teurer als geplant. Allein die Entwicklungsphase habe 376 Millionen Euro mehr gekostet als vorgesehen, hieß am Rande des EU-Verkehrsministerrats Ende März.

China hatte Mitte April den zweiten Satelliten für sein eigenes globales Navigationssystem Compass ins All gebracht, das auch Beidou genannt wird. Allein 2009 und 2010 sollen insgesamt zehn solcher Satelliten im All abgesetzt werden. Chinas Frequenzbereiche überlappen sich mit jenen von Galileo.

Noch eine Herausforderung

Die Herausforderung liege in der Kompatibilität und Interoperabilität mit anderen, neuen und potenziell konkurrierenden Systemen, schreibt der Rechnungshof.

Das State Department habe sich über die "beschränkte Anzahl an Experten, die dafür verfügbar seien, besorgt gezeigt, heißt es auf Seite 37 des Berichts. Ohne diese Ressourcen könnte es in Sachen Kompatibilität und Interoperabilität schwierig werden.

Auch die nächsten drei Seiten lang sorgt man sich im Bericht darüber, ob und wie man mit fremden Systemen zurechtkommen wird, alles unter dem Eindruck der geschilderten Probleme ab 2010, die ein einziger Fehlstart auslösen könnte.

Internationale Zusammenarbeit

"Kompatibel" bedeutet in diesem Fall, dass die Systeme einander weder stören noch dass sie einander physisch am Himmel in die Quere kommen. "Interoperabilität" wiederum heißt vorrangig einmal, dass man sich auf eine gemeinsame Zeitgebung von GPS und Galileo einigen muss, denn Synchronizität ist einer der wichtigsten Faktoren beim Betrieb eines satellitengestützten Erdvermessungssystems.

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Da GPS für das Militär entwickelt wurde und als "Dual Use System" mit gemischt zivil-militärischer Nutzung seit Jahren in Gebrauch ist, ist Synchronisierung alleine schon von den Anforderungen der NATO her notwendig. Nicht nur der ziemlich unglückliche Start des IIF-Generation, auch die enorme Kostenüberschreitung könnte sich bei der nächsten Serie IIIA wiederholen.

Die kommende Herausfordung für die Air Force, so die implizierte Schlussfolgerung im GAO-Dokument, ist, dass bei dieser Art von "optimistischem" Timing nichts schiefgehen dürfe.

Stabilität der Finanzierung

Der Originaltitel lautet: "Global Positioning System: Significant Challenges in Sustaining and Upgrading Widely Used Capabilities"

Was die Finanzierung der IIIA-Serie angeht, so ist auch diese offenbar nicht mehr gesichert, weil das Budget schon wieder überschritten wurde. Der letzte der Anhänge zum Rechnungshof-Bericht stammt denn auch aus dem US-Verteidigungsministerium.

Um eine "synchronisierte Modernisierung der nächsten Generation GPS" zu ermöglichen, ersucht das Verteidigungsministerium den Kongress um Unterstützung, damit die Stabilität der Finanzierung von GPS aufrechterhalten werden kann.

(futurezone/Erich Moechel)