Hahn: Transfer von Studentendaten rechtens
Wissenschaftsminister Johannes Hahn (ÖVP) hat eine Parlamentarische Anfrage des grünen Wissenschaftssprechers Kurt Grünewald beantwortet und dabei ein Rechtsgutachten zum umstrittenen Transfer von Studentendaten im Rahmen des E-Voting-Projekts vorgelegt. Außerdem präsentierte der Minister weitere Details zu den Kosten des E-Voting-Projekts anlässlich der ÖH-Wahl.
Im Rahmen der Beantwortung präsentierte Hahn ein Rechtsgutachten, laut dem die Übermittlung der Studierendendaten von den Universitäten an das Bundesrechenzentrum anlässlich der Einführung einer E-Voting-Option bei der Wahl zur Österreichischen Hochschülerschaft 2009 rechtens war.
Damit das E-Voting via Internet funktionieren kann, war es notwendig, im Bundesrechenzentrum (BRZ), das für die technische Umsetzung des E-Voting-Systems verantwortlich ist, ein zentrales Register aller wahlberechtigten Personen anzulegen. Zu diesem Zweck wiederum mussten die Daten der Studierenden, die bisher dezentral an den Hochschulen verwaltet wurden, an das BRZ übermittelt werden.
Streit über Fehler im Verzeichnis
Die ÖH der Uni Graz hatte das zentrale Wahlverzeichnis unlängst als stark fehlerhaft kritisiert. Sowohl ÖH als auch Wissenschaftsministerium haben die am Wahlgang interessierten Studenten dazu aufgefordert, ihre Daten in den Wahlverzeichnissen zu prüfen. Die Wahllisten liegen in den ÖH-Sekretariaten auf, außerdem können die Interessenten mit aktivierter Bürgerkartenfunktion auch online prüfen, ob ihre Daten korrekt eingegeben wurden.
Kritik an Datenübertragung
Dieses Verfahren hatten Florian Ortner, Vorsitzender der ÖH an der Universität Graz, und ARGE-Daten-Obmann Hans Zeger anlässlich einer Pressekonferenz im Februar kritisiert. Ortner hatte ein Rechtsgutachten vorgestellt, nach dem die Vorsitzenden der Wahlkommissionen nicht dazu befugt waren, eine Vereinbarung nach Paragraf 10 Datenschutzgesetz zu unterzeichnen, mit der sie die Übermittlung der Studierendendaten an das BRZ erlaubten.
Hahn kontert diesen auch von Grünewald aufgenommenen Vorwurf seinerseits mit einem Gutachten aus der Kanzlei Karasek Wietrzyk, laut dem nicht die Vorsitzenden der Wahlkommissionen, sondern diese selbst als Organe der Universitätsvertretungen für die Weitergabe der Daten zuständig seien.
In Einzelfällen sei laut Paragraf 18 der Hochschülerschaftswahlordnung eine Zuständigkeit der Vorsitzenden der Wahlkommissionen gegeben. Für Hahn ist die Datenübermittlung damit in Ordnung - allerdings steht hier Gutachten gegen Gutachten, und Ortner hat schon im Februar angekündigt, juristische Gegenmaßnahmen einleiten zu wollen.
Streit über Auftragsvergabe
Auch die im September 2008 seitens des Ministeriums widerrufene öffentliche Ausschreibung für das E-Voting-System und die im Dezember darauf erfolgte In-House-Vergabe an das Bundesrechenzentrum und den spanischen E-Voting-Systemhersteller Scytl haben wiederholt die Kritik der E-Voting-Skeptiker auf sich gezogen.
Auch Grünewald hat das in seiner Anfrage thematisiert. Hahns Antwort darauf fällt knapp aus. "Infolge neuer Erkenntnisse" hätten Arbeitspakete "gänzlich anders" geschnürt werden müssen, und da das Ministerium den Auftrag selbst erbringen wollte, sei der Auftrag an die BRZ GmbH vergeben worden.
Der Faktor Zeit hat bei der Neuvergabe sicherlich eine Rolle gespielt, da die in der Ausschreibung unterlegenen Konkurrenten angekündigt hatten, Rechtsmittel gegen die Entscheidung des Ministeriums einzulegen.
Lesegeräte und Kosten
Auch weitere Details zu den Kosten des E-Voting-Systems und der begleitenden Maßnahmen finden sich in der Anfragebeantwortung. So habe die Planung dafür, die von der TU Wien, dem Kompetenzzentrum E-Voting.cc und dem Institut für Verwaltungsmanagement in Innsbruck über die vergangenen vier Jahre hinweg durchgeführt worden sei, insgesamt 171.285,05 Euro gekostet.
Die technische Umsetzung und Zertifizierung des Projekts durch Bundesrechenzentrum, Scytl, A-SIT und andere sei bisher auf 339.320 Euro gekommen. Für die Kartenlesegeräte, die das Ministerium im Rahmen einer Werbeaktion an die Studierenden verteilt hat, sind Kosten in Höhe von 56.533,99 Euro entstanden. Es seien in den ersten beiden Monaten der Aktion 1.884 und bis 8. Mai 2009 10.065 Lesegeräte verteilt worden.
Quellcode-Einsicht kritisiert
Am 8. Mai fand im Bundesrechenzentrum die Einsichtnahme in den Quelltext der E-Voting-Software von Scytl durch Wahlbeobachter und Vertreter der wahlwerbenden Gruppen statt. In einer Aussendung vom Freitag haben Sophie Wollner (GRAS), Fanny Rasul (GRAS) und Marlies Wilhelm vom Vorsitzteam ÖH Uni Wien kritisiert, dass die Frist für die Einsicht in den 183.000 Zeilen umfassenden Code der Anwendung zu knapp bemessen gewesen sei, um diesen im Rahmen von wenigen Stunden prüfen zu können.
Zudem wandten sie sich gegen den geschlossenen Charakter der Veranstaltung - die Teilnehmer mussten eine Stillschweigevereinbarung unterzeichnen, um die Betriebsgeheimnisse von Scytl zu schützen.
Das E-Voting via Internet anlässlich der ÖH-Wahl wird von 18. bis 22. Mai stattfinden. In der Woche darauf wird die traditionelle Papierwahl abgehalten. Sowohl der FPÖ-nahe Ring Freiheitlicher Studenten (RFS) als auch die Grünen und Alternativen StudentInnen (GRAS) haben angekündigt, die Wahl vor dem Verfassungsgerichtshof anfechten zu wollen.