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Vor der Premiere: Ministerium wirbt für E-Voting

DEMOKRATIE
12.05.2009

Kurz vor dem Start des E-Votings via Internet anlässlich der Wahl zur Österreichischen Hochschülerschaft (ÖH) am 18. Mai hat das Wissenschaftsministerium nochmals über den Stand der Vorbereitungen informiert. Fehler im Wählerverzeichnis seien mittlerweile beseitigt, es hätten über 10.000 Studierende ihre Bürgerkartenfunktion im Rahmen der Werbeaktion für E-Voting aktivieren lassen.

Am Montag, dem 18. Mai um 8.00 Uhr nimmt das E-Voting-System für die ÖH-Wahl seinen Betrieb auf. "Es ist die erste Wahl über Internet in Österreich", so Robert Krimmer vom Kompetenzzentrum E-Voting, der das Wissenschaftsministerium bei der Umsetzung des Systems berät. Am Dienstag lud das Ministerium zur letzten Informationsveranstaltung vor dem Start des Projekts.

Demnach werden in der kommenden Woche 230.749 Wahlberechtigte an 21 Hochschulen zu den digitalen und vom 26. bis zum 28. Mai dann zu den traditionellen Urnen gerufen. 2.411 Kandidatinnen und Kandidaten von 100 wahlwerbenden Gruppen rittern dann bei den 21 Universitätsvertretungswahlen und 354 Studienvertretungswahlen um die Mandate. "Dank des neuen Wahladministrationssystems haben wir bessere statistische Daten", so Bundeswahlleiter Bernhard Varga. Das neue zentrale Wählerverzeichnis hatte unlängst aber für Proteste seitens der ÖH Uni Graz gesorgt, die bei Stichproben Fehler im Verzeichnis festgestellt hatte.

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Aktualität des Wählerverzeichnisses

"Wir haben rund 600 Fehler bei Wahlberechtigungen im Verzeichnis festgestellt und beseitigt", so Krimmer auf Anfrage von ORF.at. "Die Universitäten wurden gebeten, die Informationen im Datenverbund stets aktuell zu halten." In manchen Fällen seien Wechsel der Studienrichtung von den Universitätsverwaltungen nicht im Verbund nachgetragen worden.

Zum Thema Barrierefreiheit sprach Gerhard Höllerer, Präsident des Österreichischen Blinden- und Sehbehindertenverbands (ÖBSV), der das E-Voting-System mit Screenreader und Braille-Zeile getestet hat. "Das System ist mit den in Österreich üblichen Kombinationen von Hard- und Software für Sehbehinderte hundertprozentig einsatzfähig", so Höllerer. Probleme gebe es eher bei der Barrierefreiheit der Papierwahl, räumte Varga ein. Für diese könnten angesichts der Komplexität der Wahl nicht die bei EU- und Nationalratswahlen üblichen Schablonen bereitgestellt werden. Das Hochschülerschaftswahlgesetz sehe jedoch vor, dass Sehbehinderte eine Vertrauensperson mit der Wahl beauftragen können.

Michael Schöndorfer, stellvertretender Vorsitzender der ÖH an der Uni Graz, wies gegenüber ORF.at darauf hin, dass an der Uni Graz auch die Papierwahl mittels Schablonen mit Braille-Aufschrift erstmals barrierefrei ermöglicht werde.

Zertifizierung und Quellcode-Einsicht

Daniel Konrad von der Zertifizierungsstelle A-SIT gab einen Überblick über den Check von Client und Wahlsoftware - die Wahladministrationssoftware zur Unterstützung der Wahlkommissionen wird nicht zertifiziert - gemäß der Methodologie der Common Criteria (ISO/IEC 15408). "Wir protokollieren jeden Schritt, beispielsweise Kompilierung, Installation und Schlüsselgenerierung", so Konrad. Die gesetzlich geforderte Zertifizierung findet vor der Einsichtnahme in den Quellcode statt, die am vergangenen Freitag am Bundesrechenzentrum unter Stillschweigevereinbarung durchgeführt wurde.

Auf Nachfrage von ORF.at sagte Krimmer, dass von 142 berechtigten Personen aus Wahlkommissionen und wahlwerbenden Gruppen 28 an der Einsichtnahme teilgenommen hätten. "Die Teilnahme ergibt nur dann einen Sinn, wenn die Berechtigten über das notwendige technische Verständnis verfügen", so Wahlleiter Varga.

E-Voting-Skeptiker, unter anderen die Wissenschaftler Peter Purgathofer und Barbara Ondrisek, die das Weblog Papierwahl.at mitbetreiben, hatten im Vorfeld der Einsichtnahme scharf kritisiert, dass die Zeit nicht ausreiche, um sich mit dem umfangreichen Code der Closed-Source-Software des spanischen Herstellers Scytl wirklich vertraut zu machen. "Wir sind dabei, den Prozess wissenschaftlich zu begleiten, und werden die Kommentare der Teilnehmer auswerten", so Krimmer. Dabei könne auch herauskommen, dass man für die Einsichtnahme mehr Zeit benötige. Vorerst sei dem Gesetz aber genüge getan, die Prüfung sei reibungslos abgelaufen.

Über 10.000 Lesegeräte verteilt

"Derzeit befindet sich die E-Voting-Software versiegelt in Verwahrung im Bundesrechenzentrum", sagte Wolfgang Prentner, der als beeideter Ziviltechniker das E-Voting-Projekt begleitet und die A-SIT kontrolliert. Er wird auch anwesend sein, wenn das System gestartet wird. Falls die Informatiker des Bundesrechenzentrums Unregelmäßigkeiten im Betrieb des Systems feststellen sollten, hat Prentner eine Stunde Reaktionszeit. Bei Störungen kann er die E-Wahlperiode am letzten Tag, dem 22. Mai, notfalls um sechs Stunden bis 24.00 Uhr verlängern. Sollte es zu größeren Ausfällen kommen, müssen alle E-Wähler notfalls zur herkömmlichen Papierwahl gerufen werden.

Sehr zufrieden zeigte sich Krimmer schließlich mit der Aktion zur Aktivierung der Bürgerkartenfunktion. Nachdem diese erst eher schleppend angelaufen war, seien nun über 10.000 Lesegeräte an interessierte Studenten verteilt worden. Als Erfolg würde Krimmer es werten, wenn beim ersten Mal auch nur ein Prozent der Wahlberechtigten vom E-Voting via Internet Gebrauch machen würde. Das würde dem Anteil von Internet-Wählern bei der ersten großen Wahl mit Online-Option 2005 in Estland entsprechen.

Anfechtung garantiert

Angefochten wird die Wahl jedoch unabhängig von ihrem Ausgang werden. Das haben der FPÖ-nahe Ring Freiheitlicher Studenten (RFS) sowie die Grünen und Alternativen StudentInnen (GRAS) bereits angekündigt. Sie halten E-Voting via Internet für unsicher, sehen dadurch die Prinzipien der freien und geheimen Wahl verletzt und wollen nach Bekanntgabe der Ergebnisse vor den Verfassungsgerichtshof ziehen.

Das Bundesministerium für Europäische und Internationale Angelegenheiten hat zum Start der E-Wahlen am Montag 50 Wahlbeobachter aus europäischen Staaten und den USA sowie Vertreter der OSZE und des Europarats zu einem Wahlrechtsseminar nach Wien geladen. Die Wahlbeobachter werden am Dienstag über den Wahlprozess informiert, besprechen sich mit der Wahlkommission der Universität Wien, diskutieren mit Wählern und besichtigen das Bundesrechenzentrum.

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(futurezone/Günter Hack)