EU verhängt Rekordstrafe gegen Intel
Der weltgrößte Chiphersteller Intel muss wegen Missbrauchs seiner marktbeherrschenden Stellung eine Rekordstrafe von 1,06 Milliarden Euro zahlen. Intel will gegen die Entscheidung der EU-Kommission berufen. Intel-Konkurrent AMD begrüßte die Entscheidung.
Die EU-Kommission hat den weltgrößten Chiphersteller wegen Marktmissbrauchs mit einem Rekordbußgeld in Höhe von 1,06 Milliarden Euro belegt. Intel habe seine dominante Marktstellung bei Prozessoren missbraucht, um Konkurrenten vom Markt zu verdrängen, erklärte EU-Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes dazu am Mittwoch in Brüssel.
"Intels jüngste Werbekampagne propagiert Intel als Sponsor des morgigen Tages - heute sind sie der Sponsor des europäischen Steuerzahlers", sagte EU-Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes (Bild) bei der Bekanntgabe der Rekordkartellstrafe gegen Intel.
Die EU-Kommission sieht es nach jahrelangen Ermittlungen als erwiesen an, dass Intel durch unzulässige Rabatte und direkte Zahlungen an Hersteller und Händler vor allem den Rivalen AMD klein gehalten hat. Die europäischen Wettbewerbshüter ordneten an, dass Intel diese rechtswidrige Geschäftspolitik umgehend einstellen muss.
Rabatte und direkte Zahlungen
Intel soll die Mutterfirma der Elektronikkette Media Markt, die Media Saturn Holding, bezahlt haben, damit sie ausschließlich Computer mit Prozessoren von Intel anbietet. Zudem habe Intel Rabatte für Computerhersteller daran geknüpft, dass diese keine oder kaum Bauteile der Konkurrenz bezogen.
Demnach verloren etwa Hersteller, die Teile von Intel-Hauptkonkurrent Advanced Micro Devices (AMD) kauften, ihre Rabatte für andere Produkte von Intel. Zusätzlich bezahlte Intel den Angaben zufolge Hersteller dafür, dass sie Geräte mit AMD-Teilen später oder gar nicht auf den Markt brachten. Als betroffene Hersteller nannte die Kommission die Firmen Acer, Dell, HP, Lenovo und NEC.
"Intel hat Millionen europäischer Verbraucher geschadet, indem es viele Jahre lang gezielt versucht hat, Wettbewerbern den Zugang zum Computerchipmarkt zu verwehren. Ein derart schwerer und anhaltender Verstoß gegen das EU-Kartellrecht kann nicht hingenommen werden", sagte Kroes.
Intel will klagen
Intel kündigte gegen die Entscheidung Berufung an. Die Entscheidung der Kommission sei falsch und ignoriere, wie stark der Wettbewerb auf dem Markt für Mikroprozessoren sei, sagte Intel-Chef Paul Otellini: "Es gab überhaupt keinen Schaden für die Verbraucher."
Die angekündigte Berufung werde sich wohl über zwei bis drei Jahre hinziehen, so Otellini am Dienstag in einer Telefonkonferenz. Intel werde während des Berufungsverfahrens alle Auflagen der EU befolgen, so der Konzernchef. Allerdings kenne das Unternehmen noch nicht die gesamte mehr als 500 Seiten dicke Entscheidung, sondern nur eine Kurzzusammenfassung.
Langjährige Untersuchung
Die europäische Wettbewerbsaufsicht hatte die Untersuchung vor rund acht Jahren begonnen - nach Beschwerden von AMD, dem zweitgrößten Chiphersteller nach Intel. Mit Intel-Chips sind 80 Prozent aller Computer ausgestattet, AMD hat noch einen Marktanteil von zwölf Prozent.
"Monopolist in die Schranken gewiesen"
"Mit dieser Entscheidung wird der Monopolist in seine Schranken gewiesen. Nun kann die Marktmacht dahin gehen, wo sie eigentlich hingehört - zu den Computerherstellern, den Computerhändlern und vor allem den Käufern von PCs", hieß es in einer ersten Stellungnahme des Intel-Konkurrenten AMD.
Geld kommt in EU-Kasse
Das gegen Intel verhängte Bußgeld wird in die EU-Kasse wandern und die Beiträge der Mitgliedsstaaten mindern. "Das ist Steuerzahlergeld", sagte Kroes. "Kein Euro wird in Brüssel bleiben."
Kroes war vor einigen Jahren mit dem Vorschlag gescheitert, einen Teil der von ihrer Behörde verhängten Bußgelder für mehr Personal im eigenen Haus einzusetzen. Sie sprach damals von einem "Huhn, das goldene Eier legt". Die Bußgelder der Kommission betragen pro Jahr mehrere Milliarden Euro.
Bei Intel handelt es sich um den zweiten spektakulären Brüsseler Bußgeldfall in der Computerbranche. Im Februar 2008 bekam der Software-Riese Microsoft das damalige Rekordbußgeld von 899 Millionen Euro aufgebrummt. Die Kommission sah es als erwiesen an, dass der Konzern jahrelang zu hohe Lizenzgebühren für technische Informationen verlangt hatte.
(futurezone/APA/dpa)