© ORF.at/Günter Hack, Wegweiser zur E-Voting-Wahlbeobachtung am BRZ

Parteien erneuern Kritik an E-Voting

DEMOKRATIE
18.05.2009

SPÖ, FPÖ, Grüne, GRAS und VSStÖ haben zum Start des E-Voting-Projekts ihre Zweifel daran erneuert. Die Grünen führen einen Bescheid des Wissenschaftsministerium an die Wahlkommission der TU Wien ins Feld, mit dem diese gegen ihre ursprüngliche Position dazu angewiesen wurde, E-Voting zuzulassen.

Von ersten Pannen bei der elektronischen Stimmabgabe bei der Wahl zur Österreichischen Hochschülerschaft (ÖH) haben die Grünen Alternativen StudentInnen (GRAS) und der Verband Sozialistischer StudentInnen (VSStÖ) am Montag in Aussendungen berichtet.

Grüne: "Demokratiepolitisch bedenklich"

Daniela Musiol, Verfassungssprecherin der Grünen im Nationalrat, sagte gegenüber ORF.at: "Minister Hahn hat alle Probleme des E-Voting-Projekts ignoriert und sich per Verordnung durchgesetzt. Das ist demokratiepolitisch bedenklich."

Musiol verwies auf einen Bescheid des Wissenschaftsministeriums, mit dem dieses eine Entscheidung der Wahlkommission der TU Wien vom 14. Mai aufgehoben hat. Die Wahlkommission hatte "der Freigabe des E-Voting" nicht zustimmen wollen. Das Ministerium trug der Vorsitzenden der Wahlkommission, Christine Perle, auf, "einen der Rechtsansicht der Aufsichtsbehörde entsprechenden Rechtszustand herzustellen", sprich: das E-Voting zuzulassen. Die Wahlkommissionsleiter unterstehen dem Ministerium.

Sicherheits-Timeout für Bürgerkartenumgebung

Die GRAS warnte vor einer Teilnahme am E-Voting und hat eine Persiflage auf die offizielle Wahlsite gestellt, bei der u. a. bei der Bestätigung der Stimmabgabe stets die ÖVP-nahe AktionsGemeinschaft (AG) als gewählte Fraktion aufscheint. Laut Robert Krimmer, der vom Wissenschaftsministerium mit der technischen Abwicklung der Internet-Wahl betraut ist, will die Bundeswahlkommission Schritte gegen die GRAS wegen Verunsicherung der Wähler und Widerspruch gegen den ethischen Grundsatzkatalog für E-Voting prüfen.

Die GRAS berichtete heute außerdem, dass bei einer Studentin während der Online-Wahl "plötzlich die Sitzung beendet wurde", erst beim zweiten Versuch habe sie ihre Stimme abgeben können. Der Vertrauen in das System sei damit aber "nicht mehr vorhanden". Krimmer betonte gegenüber der APA, es habe sich dabei um ein Sicherheits-Timeout gehandelt, wie es auch bei Online-Banking angewendet wird. Das soll sicherstellen, dass beim Wählen über die Online-Bürgerkartenumgebung, bei der keine Software-Installation nötig ist, niemand das Stimmverhalten einsehen kann.

Fehler auf dem virtuellen Stimmzettel

Der VSStÖ kritisierte in einer Aussendung, dass die elektronischen Stimmzettel für die Universität Wien mangelhaft seien. Kurzbezeichnungen für Fraktionen würden fehlen, außerdem seien Namen einzelner wahlwerbender Gruppen falsch angegeben. "Eine nachträgliche Änderung der Stimmzettel während einer Wahl ist in einer Demokratie undenkbar. Hahn riskiert, dass die Wahl für ungültig erklärt wird", so VSStÖ-Spitzenkandidatin Sophie Wollner.

Krimmer räumt ein, dass der Wahlkommission der Uni Wien bei der Übertragung ein "Fehler" passiert sei: Bei der Jungen Europäischen Studenteninitiative (JES) sei der Zusatz "Europäisch" vergessen worden. Da das E-Voting-System aber seit Freitag versiegelt sei, habe man den Stimmzettel im Internet nicht mehr verändern können. Welche Konsequenzen das haben wird, werde nach Feststehen des Wahlergebnisses entschieden.

"Was wir heute erleben, ist eine Premiere, die von vielen, auch verfassungsrechtlichen Bedenken begleitet wird", so SPÖ-Wissenschaftssprecherin Andrea Kuntzl in einer Aussendung vom Montag, "Wir werden das E-Voting jedenfalls sehr genau beobachten und sprechen uns auch für klare Konsequenzen aus, sollte es zu Unregelmäßigkeiten kommen."

Konflikte zwischen ÖVP und FPÖ

Am 22. April hatte die SPÖ mit der ÖVP im Nationalrat noch einen Antrag des FPÖ-Abgeordneten Martin Graf abgelehnt. Graf wollte, dass das Parlament Wissenschaftsminister Johannes Hahn (ÖVP) dazu auffordert, das E-Voting-Projekt zurückzuziehen. Hahn wiederum warf Graf vor, dass dieser selbst 2001 für das Gesetz gestimmt habe, mit dem das E-Voting bei der ÖH-Wahl ermöglicht wurde.

Graf sagte in einer Aussendung vom Montag, Hahn habe in Sachen E-Voting und CERN-Ausstieg gezeigt, dass er offenbar eine Freude daran habe, "gegen allgemeinen Widerstand zu handeln".

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(APA/futurezone)