© Barbara Wimmer, Intelligenter Tisch

Brainstorming mit dem intelligenten Tisch

TABLETOP
25.08.2009

Stefan Oppl vom Institut für Wirtschaftsinformatik der Johannes-Kepler-Universität Linz hat eine neue Strategie entworfen, mit der man kreative Ideen, aber auch Wissenslücken sichtbar machen kann. ORF.at hat das "Tabletop Concept Mapping" unter die Lupe genommen.

Beim "Tabletop Concept Mapping" geht es darum, auf einer Tischoberfläche interaktiv zu handeln und eine kollaborative Arbeitsweise mit einer digitalen Oberfläche zu verknüpfen.

"Kleingruppen können sich gemeinsam über ein Thema austauschen und eine gemeinsame Sicht der Dinge entwickeln. Das ist eine Art Brainstorming mit Arbeitsoberfläche", beschreibt Oppl das Konzept. Die Grundlage dafür bildet der "Tabletop", ein von Oppl konzipierter Tisch mit Interaktionsmöglichkeit auf der Tischoberfläche.

ReacTIVision ist ein Framework für schnelles und robustes Tracking von visuellen Markern auf physischen Objekten.

Blöcke auf dem Tisch hin und her schieben

Die Grundlage für den 1,10 Meter hohen, einen Meter langen und 80 Zentimeter breiten Tisch von Oppl bildet das Open-Source-Framework reacTIVision, das vom "Reactable"-Team entwickelt wurde. Oppl hat das System mit einem eigenen, in Java programmierten Framework ergänzt. Mit einer Kamera mit Weitwinkelobjektiv, die in der Bodenplatte montiert ist, und einem Beamer lassen sich Gegenstände erkennen, die auf der Tischplatte liegen.

Das funktioniert in der Praxis folgendermaßen: Auf dem Tisch können Blöcke hin und her verschoben und miteinander verknüpft werden, die zur physischen Manifestation von Gedanken dienen. Jedes Objekt auf dem Tisch entspricht einer Idee, einem Gegenstand, einer Person oder einer Aufgabe - je nach Wunsch des Nutzers. Damit der Computer den Blöcken ihre Bedeutungen zuordnen und mit ihnen umgehen kann, sind sie auf der Unterseite mit grafischen Codes versehen, die vom System erkannt werden. So lassen sich beispielsweise schnell Arbeitsabläufe aus einzelnen Modulen zusammenstellen und durch einfaches Verschieben der Blöcke verändern.

Ideen teilen und später modulieren

Im Gegensatz zum "Reactable", der vorwiegend als Musikinstrument konzipiert wurde, geht es bei Oppls "Tabletop" darum, Wissen und kreative Ideen miteinander zu teilen und diese mit einem digitalen Modell festzuhalten, so dass sie später auch wieder aufgegriffen werden können.

"Da ich die gesamte Kontextinformation habe, kann ich mir auch ansehen, wie dieses Modell entstanden ist und wie es sich verändert hat. Ich kann in der Zeit zurückgehen. So hat jemand, der neu zum Projekt dazukommt, die Chance, den Prozess nachzuvollziehen. Oder wir können etwas ausprobieren und feststellen: 'Das war es jetzt nicht.' Der Tisch hilft dann, den Zustand wiederherzustellen", erklärt Oppl die Vorzüge dieses Konzepts.

Einsatz an Uni und in IT-Firma

Konkret eingesetzt wurde der "Tabletop" von Oppl bereits an der Universität Linz und in einem IT-Unternehmen. Studenten, die einander vorher nicht kannten, mussten als Gruppe eine Seminararbeit schreiben. Mit dem Tisch legten sie die Schritte fest, die nötig waren, um ein Gesamtergebnis abzuliefern, das "wie aus einem Guss wirkt".

In einer zwölfköpfigen IT-Abteilung eines Linzer Unternehmens wurde der "Tabletop" dazu verwendet, die internen Prozesse und Arbeitsabläufe unter die Lupe zu nehmen und zu verändern. "Die haben sich die Modelle auch mitgenommen und können jetzt evaluieren, welche der Umstellungen etwas gebracht hat", so Oppl.

Lösungsfindungen per "Concept-Mapping"

Auch bei Uneinigkeit innerhalb einer Projektgruppe kann der Tisch helfen: "Wenn zwei Sichtweisen aneinander vorbeigehen, ist es etwa eine gute Idee, den Tisch zu benutzen, um auf den kleinsten gemeinsamen Nenner zu kommen und damit die notwendigen Schnittstellen zu definieren", erklärt Oppl eine weitere Anwendungsmöglichkeit.

Integration in E-Learning-Plattformen

Neben der Lehre an der Universität möchte Oppl den Tisch aber auch an Schulen zum Einsatz bringen, da "Concept-Mapping", also das Abbilden von Ideen, die Behaltensleistung des Lernstoffes im Unterricht steigern könnte und auch Wissenslücken einfacher zu erkennen sind. Weiters geplant ist, den Tisch in Unternehmen einzusetzen. "Die Plattform gehört dazu aber sowohl physisch als auch Software-mäßig weiter stabilisiert und ausgebaut", so Oppl. Der Protoyp würde sich etwa für einen Schuleinsatz derzeit noch nicht eignen, da er zu instabil sei.

Derzeit wird in der Abteilung "Communications Engineering" am Institut für Wirtschaftsinformatik daran gearbeitet, die "Concept-Maps" in das standardisierte XML-basierte "Topic Maps"-Format zu exportieren und sie in ein webbasiertes E-Learning-System zu integrieren.

Rasch adaptierbare "Lowtech-Lösung"

Auf Microsofts "Surface"-Tisch angesprochen, bezeichnet Oppl seinen "Tabletop" als "Lowtech-Lösung", die schnell und günstig einzusetzen und rasch adaptierbar sei. "Es muss nicht exakt dieser Tisch zum Einsatz kommen. Im ersten Prototyp war die Kamera etwa oben angebracht, um ein richtig portables System zu haben", so Oppl. Die verwendete Hardware kommt inklusive Beamer und Kamera auf etwa 2.000 Euro, und die Software funktioniert laut Oppl auf "jedem gängigen Rechner".

Die Idee, den "Tabletop" zu bauen, hatte Oppl während einer EU-Präsentation, als er Modelle sah, mit denen "keiner etwas anfangen konnte, weil sie nicht das abgebildet haben, was die Leute getan haben". Für den Hardware-Bastler war das letztlich die Motivation, das Projekt umzusetzen. Der "Tabletop" wird jetzt seit etwa einem Jahr in der Lehre an der Uni Linz eingesetzt.

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(futurezone/Barbara Wimmer)