© Fotolia/Stefan Germer, Justitia-Statue vor blauem Himmel

Parteien zur EU-Wahl: Grundrechte im Internet

DEMOKRATIE
21.05.2009

Beim Streit über das EU-Telekompaket ging es auch um die grundlegenden Rechte der Unionsbürger im Netz. Dabei wurde die EU-Kommission vom Parlament dazu aufgefordert, eine diesbezügliche Konsultation zu starten. Wir fragten die Parteien, welche Rechte und Pflichten die Bürger im Internet haben sollen.

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Geht es nach Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy, so sollen Bürger, die dreimal von Rechteinhabern des unlizenzierten Downloads urheberrechtlich geschützter Inhalte bezichtigt werden, von einer eigens dafür eingerichteten Behörde für bis zu einem Jahr vom Internet getrennt werden - ohne die Möglichkeit zu haben, einen neuen Anschluss zu beantragen.

Dabei müssen die Beschuldigten in der derzeit vorliegenden Fassung des Sperrgesetzes "Loi HADOPI" auch noch die Kosten für den Internet-Anschluss tragen und erfahren bei den ersten beiden Warnungen nicht, wessen sie konkret beschuldigt werden. Auch ein rechtliches Vorgehen gegen den Beschluss ist erst bei Eintreffen des Sperrbescheids möglich.

Serie zur EU-Wahl

Zur EU-Wahl, die in Österreich am 7. Juni stattfinden wird, hat ORF.at sieben Fragen zur Netzpolitik an alle acht wahlwerbenden Parteien gestellt. Bis auf die Liste Martin haben alle innerhalb der Frist reagiert und geantwortet. Die Reihung der Antworten folgt jener der Parteien auf dem Stimmzettel.

Vom Telekompaket zum Netzsperrengesetz

Das EU-Parlament sprach sich anlässlich der Diskussionen rund um das Telekompaket wiederholt gegen derartige rechtliche Konstruktionen mit Internet-Sperren ohne richterlichen Beschluss aus.

Die Debatte drehte sich dabei schnell auch darum, wie die in der Europäischen Menschenrechtskonvention garantierten Grundrechte auch im Netz angewendet werden sollen.

Frage drei: Grundrechte im Internet

Im jüngst verabschiedeten Bericht des Abgeordneten Stavros Lambrinides werden die Grundrechte von Internet-Benutzern thematisiert. Ebenso forderte die Abgeordnete Catherine Trautmann, eine der Berichterstatterinnen zum Telekompaket, die EU-Kommission auf, eine diesbezügliche Initiative anzustoßen. Welche Grundrechte sollen die Internet-Benutzer in der EU Ihrer Meinung nach haben?

Antwort der SPÖ:

Die Grundrechte, die Internet-Userinnen und -User haben, sind jene, die in der Grundrechtscharta der Europäischen Union festgeschrieben sind. Wir unterstützen die EU-Kommission bei ihrem Vorhaben, zum Zwecke der Schaffung eines europäischen Rechtsrahmens in Fragen des Internets eine öffentliche Konsultation durchzuführen. Ein solcher gesamteuropäischer Rechtsrahmen ist unverzichtbar, damit diese Rechte voll respektiert werden können.

Antwort der ÖVP:

Die Grundrechte der österreichischen Verfassung, der Europäischen Grundrechtecharta und der Europäischen Menschenrechtskonvention müssen auch im Internet gelten. Gerade weil die ÖVP will, dass das Internet kein rechtsfreier Raum ist, müssen rechtsstaatliche Grundprinzipien ohne Einschränkungen gelten.

Wie schon nach geltendem Recht möglich, sind bestimmte Einschränkungen der individuellen Grundrechte möglich, um dadurch die Rechte der Allgemeinheit zu schützen. Das ist nur unter genau umschriebenen Bedingungen möglich, und auch hier dürfen im Internet nicht andere Regeln gelten als für andere Bereiche der Gesellschaft.

Antwort der Grünen:

Für die Grünen antwortet die EU-Abgeordnete Eva Lichtenberger.

Die Grundrechte auf Schutz der Privacy, der persönlichen Daten, auf Meinungs- und Informationsfreiheit bestehen und sind gesetzlich festgelegt. Die Anwendung aufs Internet ist im Detail noch nicht erfolgt respektive ausformuliert. Das muss aber geschehen, und ich bin mit etlichen Abgeordneten in Kontakt, die gemeinsam eine Initiative in dieser Richtung entwickeln wollen, wie z. B. die Klärung, dass die IP-Adresse ein persönliches Datum ist, dessen Schutz garantiert werden muss.

"Bundestrojaner", wie vor kurzem auch in Österreich angedacht, sind ein klarer Verstoß gegen diese Grundrechte und nur in jenen Fällen und unter jenen Voraussetzungen erlaubt, die (vor allem) das Strafrecht definiert (richterlicher Befehl!). Eine Initiative gegen Zensur im Internet ist schon im Laufen – sie ist auf die Verantwortung der EU in der Außenpolitik fokussiert, wenn zum Beispiel europäische Firmen Software an Diktaturen liefern, die diesen die Verfolgung von Dissidenten ermöglichen bzw. erleichtern.

Antwort der FPÖ:

Für die FPÖ antwortet der EU-Abgeordnete Andreas Mölzer.

Die gleichen Grundrechte, wie im realen Leben auch: Das Recht auf freie Meinungsäußerung, ein Recht auf Privat- und Intimsphäre und natürlich das Recht auf Schutz der eigenen Daten. Damit einhergehen müssen aber auch die gleichen Pflichten, sprich die Einhaltung der Gesetze etc.

Antwort der KPÖ:

Für die KPÖ antwortet Didi Zach, Landessprecher der KPÖ Wien und Kandidat bei der EU-Wahl.

So viele, wie es theoretisch und praktisch gibt - also alle, denn in Demokratien gibt's ja (zumindest angeblich und auf dem Papier) Meinungs- und Pressefreiheit.

Antwort der Jungen Liberalen:

Für die Jungen Liberalen antwortet deren Spitzenkandidat Hannes Müllner.

Das Internet darf kein rechtsfreier Raum sein. Die Grundrechte im Internet sollten nicht anders definiert werden als außerhalb des Internets: Jeder hat das Recht, zu veröffentlichen, was nicht verboten ist (Wiederbetätigung, Kinderpornografie, etc.). Und jeder hat das Recht zu lesen, was veröffentlicht wird. Außerdem hat jeder das Recht auf den angemessenen Schutz seiner Privatsphäre. Das Sammeln und Auswerten persönlicher Daten ohne ausdrückliche Zustimmung muss für Private wie auch für den Staat strikt

verboten sein.

Antwort des BZÖ:

Das BZÖ will kein Grundrecht, das die Verfassung weiter aufbläht. Wir haben einen völlig anderen Ansatz. Das BZÖ fordert einen kostenlosen Internet-Zugang für alle Österreicher mittels WLAN-Spots im ganzen Land. Estland hat das relativ kostengünstig bereits verwirklicht.

Lesen Sie morgen:

Organisationen der Rechteinhaber aus Musik- und Filmindustrie versuchen seit langem, die Provider zur inhaltlichen Überwachung des Datenverkehrs ihrer Kunden zu bewegen und - möglichst ohne richterlichen Beschluss - an die Daten von Filesharern zu kommen. Wie stehen die Parteien zu diesen Bestrebungen?