Parteien zur EU-Wahl: Gewalt-Games
Die Diskussion über Gewalt in Videospielen zieht sich schon seit der Heimcomputerära hin. Verschärft wurde sie aber im Zusammenhang mit Schulamokläufen wie jenen in Littleton, Erfurt und Winnenden. Auch das Europaparlament diskutiert die Regulierung von Computerspielen. Wir fragten nach, wie die österreichischen Parteien dieses Thema sehen.
Das EU-Parlament setzt bei Computerspielen bisher auf die freiwillige Selbstregulierung der Branche. Im Februar 2009 wurde im Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz ein Bericht einstimmig angenommen, mit dem das Parlament das Alterseinstufungssystem Pan European Games Information (PEGI) unterstützt.
Auch der Vorschlag der Kommission, einen Verhaltenskodex für Einzelhändler mit Regeln für den Verkauf von Videospielen an Minderjährige zu erstellen, wurde mit dem Bericht einstimmig angenommen.
Serie zur EU-Wahl
Zur EU-Wahl, die in Österreich am 7. Juni stattfinden wird, hat ORF.at sieben Fragen zur Netzpolitik an alle acht wahlwerbenden Parteien gestellt. Bis auf die Liste Martin haben alle innerhalb der Frist reagiert und geantwortet. Die Reihung der Antworten folgt jener der Parteien auf dem Stimmzettel.
Frage fünf: "Killerspiele"
Nach jedem Schulamoklauf mit Schusswaffen wie etwa vor kurzem im deutschen Winnenden werden Forderungen von Politikern laut, die "Killerspiele" verbieten wollen. Auch im EU-Parlament sind Gewaltspiele des Öfteren Thema. Wie stehen Sie zur Regulierung von Computerspielen?
Antwort der SPÖ:
Wir stehen hinter dem Entschluss, mit dem der Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz des EU-Parlaments einen Bericht des liberalen niederländischen Abgeordneten Toine Manders einstimmig angenommen hat. Manders setzt auf die Selbstregulierung der Spielebranche und auf eine europaweite Kennzeichnung der Games nach dem PEGI-System.
Im aktuellen Regierungsprogramm sind neben Aktivitäten hinsichtlich Einschränkung der Darstellung von Gewalt in den Medien auf ein jugendverträgliches Maß auch die Weiterführung und der Ausbau der Bundesstelle für Positivprädikatisierung von Computer-Konsolenspielen zur Sensibilisierung der Eltern bezüglich Gewaltdarstellungen in Computerspielen festgelegt.
Antwort der ÖVP:
"Killerspiele" sind ein Symptom, keine Ursache des Problems. Es gibt einen beunruhigenden Trend unter Jugendlichen zu Verharmlosung von Gewalt. Dieser Trend hat viele Ursachen. Um unseren Kindern und Jugendlichen soziale Kompetenz im Umgang miteinander zu vermitteln, sind zuallererst die Eltern, Familien und die Schulen gefordert.
Wenn Eltern der Meinung sind, dass ihre Kinder solche Spiele nicht benutzen sollten, ist es zuallererst Aufgabe der Eltern, das mit den Kindern zu besprechen. Eltern können ihre Verantwortung nicht an den Gesetzgeber abgeben. Ein gesetzliches Verbot der Spiele würde nur die Jugendlichen kriminalisieren.
Strengere Regeln im Umgang mit solchen Spielen kann man durchaus diskutieren (z. B. Anhebung des Mindestalters oder der Preise für solche Spiele). Als alleinige Maßnahme sind sie aber wirkungslos.
Antwort der Grünen:
Für die Grünen antwortet die EU-Abgeordnete Eva Lichtenberger.
"Killerspiele" sind ein ernstes Problem, weil sie die Schwelle zur Gewaltanwendung unter Umständen senken können. Darüber gibt es eine heftige Auseinandersetzung zwischen Experten. Man kann sie aber keinesfalls allein für Amokläufe verantwortlich machen. Ich stelle mir eine Regulierung sehr schwierig vor – die Grenze zur Zensur ist fließend!
Antwort der FPÖ:
Für die FPÖ antwortet der EU-Abgeordnete Andreas Mölzer.
Hier ist in erster Linie die Familie gefragt, und nicht der Staat. Es sind ja nicht nur "Killerspiele", sondern auch problematische TV- und Kino-Produkte, die zu solcherlei Verhalten beitragen. Hier muss es natürlich einen entsprechenden Jugendschutz geben – sprich eine Freigabe erst ab 18. Diesen Schutz jedoch umzusetzen, liegt letztlich in der Hand der Familien. Das zu stärken, ist aus unserer Sicht die Aufgabe.
Antwort der KPÖ:
Für die KPÖ antwortet Didi Zach, Landessprecher der KPÖ Wien und Kandidat bei der EU-Wahl.
"Killerspiele" sind die eine Sache. Gewalt in der Gesellschaft, tagtäglich vielfach von Männern in nicht wenigen Familien in den eigenen vier Wänden auch real vorgelebt, sind eine andere Sache. Mord und Totschlag auf staatliche Anweisung hin (Kriege genannt) sind ein dritter Bereich, wo vorgelebt wird, wie Probleme "gelöst" bzw. "nicht gelöst" werden. Nur ein simples Verbot von "Killerspielen" wird das Problem nicht lösen.
Zudem, wie die Wirtschaftskrise zeigt, wo Profit erzielt werden kann und muss, da zählen Moral und Ethik nichts. Und werden die Lobbyisten dieser Branche nicht argumentieren, dass durch ein Verbot solcher Spiele "die freie Marktwirtschaft" selbst gefährdet wird?
Antwort der Jungen Liberalen:
Für die Jungen Liberalen antwortet deren Spitzenkandidat Hannes Müllner.
Die Jungen Liberalen lehnen im Zusammenhang mit Gewalttaten die pauschale Verurteilung von PC- und Videospielen ab, die soziale und persönliche Missstände von Tätern außer Acht lässt. Sie akzeptieren es nicht, wenn ein Hobby vieler Menschen ungerechtfertigt als Sündenbock missbraucht wird. Natürlich sind nicht alle Videospiele zu begrüßen. Dennoch gilt hier für uns (wie in vielen anderen Bereichen): Aufklärung statt Verbote!
Antwort des BZÖ:
Computerspiele sind bereits jetzt reguliert, beispielsweise sind verhetzende oder rassistische Spiele bereits jetzt durch das Strafgesetzbuch zu Recht verboten. Generell Computerspiele zu verbieten ist in Zeiten des Internets sinnlos und kontraproduktiv.
Lesen Sie morgen:
In der Debatte anlässlich der kürzlich erfolgten Verlängerung der Schutzfristen auf Tonaufnahmen von 50 auf 70 Jahre haben EU-Parlamentarier durchblicken lassen, dass eine entsprechende Verlängerung in der kommenden Legislaturperiode auch für Filme geplant ist. Kritiker weisen darauf hin, dass die Verlängerung von Schutzfristen eine Art Subvention der Medienkonzerne darstellt. Wie stehen die österreichischen Parteien zu diesem Thema?