© Fotolia/Bertold Werkmann , Zellentür im Gefängnis

Internet-Sperren "wie Panzer im Krieg"

KINDERPORNOGRAFIE
28.05.2009

Der Verband der österreichischen Internet-Wirtschaft (ISPA) hat am Mittwoch zu einer Expertenrunde geladen, um Maßnahmen gegen Kinderpornografie im Netz zu diskutieren. Wolfgang Schwabl von der TA sprach sich vehement gegen Internet-Sperren aus und bezeichnete sie als "regulatorische Keule", die gültige Internet-Standards verletzen würde.

In Deutschland wird das geplante Gesetz zur Sperrung von so genannten Kinderporno-Websites zurzeit heftig kritisiert, immer wieder wird die Wirksamkeit derartiger Maßnahmen infrage gestellt. So geschehen auch bei der Expertenrunde der ISPA am Mittwochabend in Wien.

"Teuer und leicht zu umgehen"

Wolfgang Schwabl, Internetsicherheitschef der Telekom Austria (TA), bezeichnete Internet-Sperren als "Panzer, die wie im Kriegsrecht eingreifen, nur dass es keinen Krieg gibt". Internet-Sperren seien teuer, leicht zu umgehen und somit bestenfalls Behinderungen.

Ein Beitrag zum Thema: "Kinderpornografie: Netzsperren als Lösung?" ist heute ebenfalls in der Sendung "Digital.Leben", 16.55 Uhr auf Ö1, zu hören. Die Radioserie ist auch gratis als Podcast abonnierbar:

Dann zeigte Schwabl per Screenshot, wie einfach beispielsweise eine DNS-Sperre umgangen werden kann. Nicht einmal 27 Sekunden soll das dauern, Anleitungen dazu gebe es beispielsweise auf YouTube.

Bei dieser Art der Internet-Sperre würde der Domain Name Server (DNS) die Übersetzung der geschriebenen Web-Adresse in die technisch notwendige Adresse aus Zahlengruppen ("IP-Adresse") verweigern.

Beim Internet-Anwender würde dann ein Stoppschild auf dem Bildschirm erscheinen. Solche DNS-Sperren würden gültige Internet-Standards verletzen, so Schwabl. Doch auch andere Arten, etwa wenn eine URL und ein Inhalt als unzulässig definiert würden, könne man das einfach mit einem TOR-Netzwerk umgehen.

"Das wissen nur Techniker"

Harald Greml, seit 2005 Internet-Ermittler in der Meldestelle für Kinderpornografie und Befürworter von Netzsperren, hielt dem entgegen, dass etwa 80 Prozent der Kinderporno-Konsumenten keinerlei Umleitungen über TOR-Netzwerke oder Proxy-Server vornehmen würden. "So etwas wissen nur die Techniker", meinte Greml.

Andreas Krisch von Vibe.at, auch Präsident der Organisation European Digital Rights (EDRi), erklärte daraufhin, dass das vielleicht derzeit so sei, aber "der Konsument will ja auch zu seinem Material kommen, da informiert er sich dann auch über seine Möglichkeiten".

Laut Barbara Schloßbauer, Projektleiterin der Online-Meldestelle Stopline, liegen die USA als Ursprungsland von Kinderpornografie mit Abstand an erster Stelle.

Bei Stopline gab es seit der Gründung im Jahr 1998 über 18.500 Meldungen von Verdachtsfällen. Davon waren 90 Prozent der Kinderpornografie zuzuordnen und zehn Prozent rechtextremen Inhaltes.

Von den gemeldeten Fällen entpuppten sich 30 Prozent tatsächlich als illegale Inhalte.

Ein weiterer Nachteil von Internet-Sperren sei, dass kinderpornografische Angebote im Netz schnell verlagert werden könnten und die Aktualität der gesperrten Seiten somit schwer sicherzustellen sei, so Krisch.

Sperren "kein Allheilmittel"

Der Grundtenor bei der ISPA-Veranstaltung: Mit technischen Sperren könne man kein gesellschaftliches Problem lösen. Selbst Gremel als Vertreter der im Bundeskriminalamt (BK) angesiedelten Meldestelle sprach sich zwar für Web-Filterung von "Pay per view"-Seiten aus, bezeichnete Sperren aber als "kein Allheilmittel". Man wolle in Österreich auf keinen Fall Seiten, die wie "Quelle-Katalogbilder aussehen", sperren, antwortete Gremel auf die Kritik, dass in den Ländern, in denen Internet-Sperren bereits im Einsatz seien, oftmals auch "harmlose" Seiten auf den Listen landeten. Ihm gehe es vor allem darum, den kommerziellen Vertrieb des Materials einzudämmen.

Ermittlungshürden abbauen

In Österreich gibt es laut Gremel hauptsächlich Konsumenten und kaum Betreiber. 2008 wurden laut Stopline beispielsweise drei Fälle aus Österreich gemeldet. Bei diesen wurden die betreffenden Dateien gegen den Willen des Betreibers bereitgestellt. Das Problem beim Kampf gegen Kinderpornografie seien vor allem die Websites aus dem Ausland, so Gremel. Schwierig bei der Zusammenarbeit mit anderen Ländern sei oft die Zeitspanne: Häufig dauere es Wochen, bis Antworten ausgetauscht werden.

Statt Sperren wäre es daher sinnvoll, Ermittlungshürden abzubauen und die Zeitspanne, in der internationale Einsätze rangieren, zu verringern.

Barbara Schloßbauer, Projektleiterin der Internet-Meldestelle Stopline, fügte noch hinzu, dass die Zusammenarbeit mit den Providern in Österreich hervorragend funktioniere und kinderpornografische Inhalte nach entsprechenden Hinweisen binnen Minuten vom Netz genommen würden.

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(futurezone/Barbara Wimmer)