Nikon D5000: Videooption für DSLR-Einsteiger
Nach der Echtzeitbildvorschau hält nun auch die Videofunktion Einzug in die Einsteigerklasse der digitalen Spiegelreflexkameras (DSLR). Ob diese unter den konstruktiven Vorbedingungen einer DSLR dann auch sinnvoll sein kann, wollten wir im Rahmen eines kurzen Tests herausfinden.
Im YouTube-Zeitalter verwundert es nicht, dass auch digitale Spiegelreflexkameras einen Videomodus mitbringen müssen. Nachdem Nikon mit der D90 in diesem Segment den Vorreiter gespielt hatte, zog Marktführer Canon mit der EOS 5D Mark II nach. In der Einsteigerklasse buhlen die beiden japanischen Konzerne derzeit mit den neuen Modellen Nikon D5000 und EOS 500D um Käufer. An dieser Stelle sei ein Blick auf die D5000 in Kombination mit dem AF-S Nikkor 18-105mm 1:3,5-5,6G ED DX VR geworfen. Ein Test der EOS 500D wird folgen.
Das Gehäuse der Kamera besteht aus hochwertigem Kunststoff. Gemeinsam mit dem 18-105 bringt sie rund ein Kilo auf die Waage. Der Bajonettanschluss ist auf der Seite der Kamera aus Metall, auf der Seite des Objektivs aus Kunststoff. Das Gerät macht einen soliden ersten Eindruck, nichts knarzt, die SD-Speicherkarte ist hinter einer kleinen Klappe sicher verborgen. Der Anschluss für HDMI-Geräte sowie die leider proprietäre USB-Buchse und jene für die Verbindung mit dem separat erhältlichen GPS-Empfänger stecken hinter einer Gummiklappe. Die Bedienelemente sind gut verarbeitet, die Knöpfe haben einen deutlich spürbaren Druckpunkt, und der Hauptschalter kann nicht versehentlich betätigt werden, etwa wenn die Kamera in der Tasche verstaut ist.
Komplexe Benutzerschnittstelle
Wie alle anderen DSLRs der Einsteigerklasse hat auch die D5000 nur ein elektronisches Kontrollrad zu bieten. Wenn man nur mit Automatik und Programm-Shift arbeitet, lässt sich damit leben. Ärgerlich ist allerdings, dass der Kamera eine eigene Taste fehlt, mit der sich die Empfindlichkeit schnell einstellen ließe. Um den Automatikmodus oder den gerade eingestellten Wert zu verlassen, muss der Fotografierende erst umständlich in Submenüs herumsuchen, wobei sich die Kamera immerhin die letzte Cursor-Position in den Einstellungen merkt. Die Canon-Designer platzierten bei der 500D die ISO-Taste direkt neben den Auslöser. Diese Variante ist bedienerfreundlicher.
Der Sucher der Nikon D5000 ist für eine Kamera mit APS-C-Sensor nicht ausgezeichnet, aber gut. Auf Wunsch des Nutzers lassen sich auch LCD-Gitterlinien ein- und ausblenden. Sehr praxisgerecht ist auch die Lösung, im Informationsbereich unter dem Sucher nicht nur den aktuellen Empfindlichkeitswert, sondern auch den verbleibenden Platz für Aufnahmen im Buffer anzuzeigen.
Pluspunkt Schwenkbildschirm
Eines der Merkmale, mit denen Nikon die D5000 von ihren Mitbewerbern in der Einsteigerklasse abheben möchte, ist der ausklappbare und frei drehbare 2,7"-Monitor. Derzeit einziger Mitbewerber im DSLR-Preissegment mit einem ähnlich flexibel einsetzbaren Display ist Olympus mit der kürzlich vorgestellten E-620, die zwar Live-View, aber keine Videofunktion bietet. Die neuen Einsteiger-DSLRs von Sony verfügen auch nicht über die Video-Aufnahmemöglichkeit, ihre Bildschirme lassen sich zwar ausklappen, aber nicht zur Seite schwenken wie in den Modellen von Nikon und Olympus.
Panasonic bietet bei den Kameras der Lumix-G-Reihe eine ähnlich flexible Bildschirmaufhängung wie Nikon an, die neue GH1 hat auch einen HD-Videomodus zu bieten, allerdings handelt es sich bei beiden Geräten nicht um DSLRs, sondern um Digicams mit Wechselobjektivsystem, und die GH1 ist mit einem Einstandspreis von rund 1.500 Euro signifikant teurer als die D5000.
Der Monitor der D5000 hat rund 270.000 Bildpunkte und bietet 100 Prozent Bildfeldabdeckung. Im Einsatz bietet der Bildschirm einen echten Mehrwehrt gegenüber Kameras mit starr eingebauten Monitoren. Er spiegelt zwar leicht, ist aber hell genug, um auch bei grellem Tageslicht das Sucherbild ausreichend präzise zu zeigen. Zu den Darstellungsoptionen zählt auch das Einblenden von Gitterlinien. Die Verarbeitung des Gelenkmechanismus ist gut, der Monitor wackelt nicht und bleibt auch zuverlässig in der Position, in die er gedreht wurde. Will der Nutzer das Display vor dem Verkratzen schützen, kann er es einfach in Ruheposition einwärts drehen - ein zusätzlicher Vorteil des Mechanismus.
Autofocus-Probleme
Es gibt allerdings einen Faktor, der dem D5000-Nutzer die Freude an dem hervorragenden Display verderben kann. Dabei handelt es sich um den außerordentlich langsamen Autofocus im Live-View-Modus. Während der Multi-CAM-1000-AF mit seinen elf Punkten im normalen Spiegelreflexbetrieb (TTL-Phasenerkennung) sehr schnell und präzise zur Sache geht, trödelt der Kontrast-AF bei hochgeklapptem Spiegel im Live-View-Modus auch bei gutem Licht schon mal drei Sekunden herum, bis er sich dazu bequemt, auf den gewählten Punkt scharfzustellen. Jede billige Digicam ist schneller. Manuell lässt sich zwar auch fokussieren, aber nicht so präzise wie beim Blick durch den Sucher.
Ein weiteres Minus ist die unzureichend implementierte Videofunktion. Diese generiert .AVI-Dateien mit einer Auflösung von maximal 1.280 x 720 Pixel bei 24 Bildern pro Sekunde. Allerdings ist die Größe der Videos unabhängig von jener der verwendeten SDHC-Speicherkarte auf zwei Gigabyte beschränkt. In der höchsten Auflösung reicht das für fünf Minuten Laufdauer, in den beiden geringeren Stufen für jeweils rund 20 Minuten.
Schwerfällige Videofunktion
Schwerer als die Größenbeschränkung wiegt hier allerdings, dass der Nutzer nach Start der Aufnahme nur noch manuell scharfstellen kann. Auch die Blende muss vom User voreingestellt werden und wird vom System nicht mehr verändert. Auch ein Anschluss für ein externes Mikrophon fehlt. Nikon warnt selbst davor, dass Geräusche, die der Verwackelungsschutz der Objektive erzeugt, eventuell mitaufgenommen werden.
Dazu kommt noch, dass derzeit kein Hersteller - auch Nikon nicht - Objektive mit Motorzoom anbietet. Der Zoomring des 18-105 ist zwar präzise verarbeitet, aber man wird damit keine Bewegung erreichen können, die der Gleichmäßigkeit eines Camcorder-Zooms vergleichbar wäre. Aufgrund dieser Einschränkungen lässt sich die D5000 leider nicht als Ersatz für Videokameras empfehlen.
Vielleicht versteckt Nikon die Funktion deshalb auch vor dem Nutzer. Ein eigenes Icon auf dem Einstellungsrad fehlt im Gegensatz zum Pendant auf der EOS 500D, der User muss erst den Live-View aktivieren und kann dann mit Druck auf die "O. k."-Taste zu filmen beginnen.
Schlechte Videokamera, gute Spiegelreflex
Abgesehen von diesen Schwächen ist die D5000 eine exzellente Einsteiger-DSLR. Wesentliche Teile der Elektronik wie das Elf-Punkte-AF-Modul und den Bildsensor übernahm Nikon aus der teureren D90. Die Bildqualität des 12,3-Megapixel-Sensors (Formatfaktor: 1,5) ist bis ISO 800, teilweise sogar bis ISO 1.600 ausgezeichnet und rauscharm, die Empfindlichkeit des Sensors lässt sich auch in Zwischenschritten einstellen.
Für ein Einsteigermodell ist die D5000 sehr schnell. Die in der Dokumentation angegebenen vier Bilder pro Sekunde lassen sich auch im RAW-Modus erreichen. Der Buffer hält sechs RAW- und zehn JPEG-"Fine"-Bilder, bevor er die Daten auf die Karte schreiben muss. Für ein Gerät dieser Klasse sind das gute Werte. Die D5000 reagiert schnell auf die Eingaben des Fotografen, auch der leise Spiegelschlag gefällt sehr.
Von der D90 unterscheidet sich die D5000 unter anderem dadurch, dass es für sie keinen Batteriegriff mit Hochformatauslöser von Nikon gibt. Außerdem können Fotografen, die Nikon-Objektive ohne eingebauten Motor besitzen, diese nicht an der D5000 verwenden. Umgekehrt hat die kleine Nikon eine gerade für Einsteiger sehr nützliche und unaufdringliche eingebaute Hilfefunktion, die bei Druck auf einen mit Fragezeichen markierten Knopf Tipps zu Menüeinstellungen gibt.
Fazit:
Die Nikon D5000 kostet derzeit in der getesteten Konfiguration zwischen 850 und 900 Euro, mit dem kleineren Kitobjektiv (18-55mm 3,5-5,6 DX VR) ist sie 100 Euro billiger. Der Hauptrivale, die Canon EOS 500D, kostet mit dem EF-S 18-55mm 3.5-5.6 IS auch zwischen 750 und 800 Euro.
Gegenüber dem derzeit aktuellen Superzoom-Digicam-Modell P90 aus gleichem Hause, das mit einem Straßenpreis von rund 370 Euro zu Buche schlägt, mag das teuer erscheinen. Dafür bietet die Spiegelreflex mit ihrem großen Sensor im APS-C-Format aber auch eine Bildqualität, die jener der Digicam weit überlegen ist. Die D5000 mag zwar etwas größer und schwerer sein als eine Superzoom-Digicam, sie ist aber immer noch leicht genug, um bei Wanderungen und Entdeckungsreisen in der Stadt nicht zu belasten.
Der beinahe tragische Aspekt an der D5000 ist weniger der missglückte Videomodus als vielmehr der unbrauchbare Kontrast-AF. Der exzellente ausklappbare Monitor ist nämlich kein Gimmick, sondern hätte in Kombination mit einem schnellen Autofocus ein Werkzeug sein können, das die Möglichkeiten des Spiegelreflexfotografen signifikant erweitert. Wenn Nikon hier nachbessert, dann könnte ein Nachfolgemodell der D5000 auch als leichtes Zweitgehäuse für anspruchsvolle Amateure interessant werden. Wer neu ins Nikon-System einsteigen will, die Abwärtskompatibilität zu älteren AF-Nikkoren nicht benötigt und "nur" fotografieren will, macht aber mit der D5000 sicher keinen Fehlgriff.
(futurezone/Günter Hack)