Überfällige Novelle zum Telekomgesetz
Jeder Netzbetreiber muss jeden anderen in seine Netze lassen. Glasfaserleerrohre auf öffentlichem Grund sind Mitbewerbern gegen Entgelt zur Verfügung zu stellen. Mehr Wegerechte und weniger Bürokratie soll es für Netzbetreiber geben. Das sind die Kernaussagen der Novelle zum Telekomgesetz, die ORF.at vorliegt.
Dreieinhalb Jahre nach dem "Endbericht zum IKT-Masterplan", der noch unter Verkehrsminister Hubert Gorbach erstellt wurde, tut sich nun plötzlich doch etwas.
Am Freitag gab die Nationalsratsabgeordente Karin Hakl (ÖVP) bekannt, das die Novelle zum Telekomgesetz fertig ausverhandelt sei.
Sie glaube nicht, dass daran noch viel verändert werde, so Hakl in einem Telefonat mit ORF.at am Freitag. Die Novelle (siehe Volltext unten) wurde von Hakl und Kurt Gartlehner (SPÖ) verhandelt.
Zuckerbrot und Peitsche
Bei der Lektüre wird bereits nach den ersten Absätzen klar, dass hier mit Zuckerbrot und Peitsche vorgegangen wird. Offenbar wird der Tatsache, dass Österreich bei echtem Breitband - also Glasfaser - seit Jahren immer weiter hinter die anderen europäischen Staaten zurückfällt, endlich Rechnung getragen.
Der Novellentext beginnt mit dem Zuckerbrot, nämlich mit Erleichterungen für Netzausbauten auf öffentlichem Grund. So hat der "Verwalter des öffentlichen Gutes" nach Vorlage des Ausbauplans vier Wochen Zeit, um Einwände gegen das Vorhaben samt einem Alternativvorschlag zu unterbreiten, "widrigenfalls mit dem Bau begonnen werden kann." (§ 6 Abs. 1)
Masterplan, Task-Force, Offensive
Anläufe dazu hatte es mehrere gegeben, die sich allesamt wieder in Unverbindlichkeit verloren. Genau zwei Jahre nach dem "IKT-Masterplan", im Herbst 2007, wurde eine "IKT-Tasforce" gegründet, die im März 2008 bereits wieder Geschichte war. Da riefen der damalige Bundeskanzler Alfred Gusenbauer und sein Vize Wilhelm Molterer die "Internetoffensive Österreich" aus, als Symbol wurde ein überdimensionaler USB-Stick ausgesucht. Man kam gerade noch dazu, sechs Arbeitskreise zu bilden, dann stürzte die Regierung.
Durchleitung und Abästung
Ebenso werden Durchleitungsrechte durch Häuser und über Grundstücke festgeschrieben, gegen eine "angemessene geldwerte Abgeltung". Das geht bis zur "Ausästung", worunter "das Beseitigen von hinderlichen Baumpflanzungen und das Fällen einzelner Bäume verstanden wird (§ 5 Abs. 5).
Nach den Rechten kommen allerdings die Pflichten. Paragraf acht der Novelle hält fest, dass jeder Netzbetreiber grundsätzlich jedem Mitbewerber Leitungen oder Kapazitäten gegen ein Entgelt zur Verfügung stellen muss. Das gilt auch für "Inhaber von Kabelschächten, Rohren oder Teilen davon".
Paragraf acht (1)
"Wer ein Wege-, Leitungs- oder Nutzungsrecht nach diesem Bundesgesetz oder nach anderen Bundes- oder Landesgesetzen aufgrund eines Bescheides oder einer Vereinbarung mit dem Berechtigten ausübt, muss die Mitbenützung dieser Rechte oder der aufgrund dieser Rechte errichteten Leitungen, Einrichtungen oder von Teilen davon für Kommunikationslinien insoweit gestatten, als ihm dies wirtschaftlich zumutbar und es technisch vertretbar ist."
Einblasen oder graben
Das ist vor dem Hintergrund zu sehen, dass in ein einziges verlegtes Leerrohr weit mehr Glasfasern eingeblasen werden können, als es Netzbetreiber gibt. Bis jetzt war jeder Betreiber, der ein Gebäude mit Glasfaser erschließen wollte, gezwungen, neu aufzugraben, egal, ob dort bereits Leerrohre von anderen verlegt waren oder nicht.
Gerade in den urbanen Räumen kommt der Laufmeter Glas so auf mehrere hundert Euro, während das Einblasen eines Glasfaserstrangs in ein vorhandenes Rohr einen Bruchteil dieser Summe kostet.
Die Novelle im Volltext
Laut Auskunft von Hakl soll der Antrag bereits nächste Woche durch den Ausschuss für Forschung, Innovation und Technologie gehen und in einer der nächsten Plenarsitzungen verabschiedet werden.
Antrag betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Telekommunikationsgesetz 2003 (TKG 2003) geändert wird:
Während in Städten wie Graz, Innsbruck und Wien erst kleine Teile der physisch längst vorhandenen Glasfasernetze tatsächlich auch erschlossen sind, verfügt der slowenische Netzbetreiber T-2 über ein landesweites Glasfasernetz.
Es reicht von Murska Sobota nahe der ungarischen Grenze bis nach Koper an der Adria und wird nicht nur in den Städten, sondern auch in den größeren Gemeinden angeboten. Vom Angebot der Slowenen kann man in Österreich nur träumen: Für Einsteiger stehen Anbindungen mit zehn MBit/s symmetrisch für einen Pauschaltarif von 14 Euro monatlich zur Verfügung. 50 MBit/s kosten 50, 100 MBit/s 100 Euro pro Monat.
"Dark Fiber"
Für große wie für kleine Anbieter auf dem Breitbandmarkt lohnte sich die Erschließung bestehender Wohngebiete bis jetzt nicht.
Und das, obwohl allein in und um Wien zigtausend Kilometer Leerrohre und unbespielte Fasern ("Dark Fiber") im Boden liegen, die der Telekom Austria, den Wiener Stadtwerken, der EVN und dem Verbund, der ÖBB, der UPC, der ASFINAG und einer Handvoll kleinerer Netzbetreiber gehören.
Viele Backbones, kein Netz
Österreich hat jede Menge Glasfaser-Backbones, aber kein Netz. Echten Wettbewerb gibt es nur auf den Strecken, die von mehreren Betreibern erschlossen worden sind.
Eine Glasfaserleitung von Wien nach Linz lässt sich problemlos mieten, aber zum Kunden kommt man damit nicht. Man hat also vielspurige Datenautobahnen, aber kaum Auf- und Abfahrspuren, und die sind leider nicht asphaltiert.
"Digitale Dividende"
In der vergangenen Woche endete auch die Einreichfrist für Stellungnahmen zur Neuzuteilung eines Teils des analogen TV-Frequenzspektrums. Auch hier geht es um Breitband, denn die Mobilfunker wollen einen beträchtlichen Teil dieses Spektrums, um darüber Breitband-Internet anzubieten.
Ein zusätzlicher Grund, warum es die Regierung plötzlich eilig hat, die Weichen für den Breitbandausbau umzustellen, ist ein Förderpaket von 44 Mio. Euro aus dem EU-Sondertopf für den ländlichen Raum. Ein Teil dieser Gelder soll für Breitbandinternet-Ausbau verwendet werden. Stichtag für die Einreichung eines Konzepts bei der EU-Kommission ist der 15. Juni.
Mehr zur "digitalen Dividende " lesen Sie im nächsten Teil der Serie.
(futurezone/Erich Moechel)