Microsoft macht Menschen zum Controller
Auf der US-Spielemesse E3 hat Microsoft sein "Project Natal" vorgestellt, das mit Sprach- und Bewegungserkennung in 3-D die Interaktion mit Spielen deutlich erweitern soll. Neben Spielen wie "Metal Gear Solid" werden auch Facebook, Twitter und Last.fm auf der Xbox 360 einziehen, und der Video-Marketplace kommt als Zune Video nach Österreich.
Mit einem kleinen Promiauflauf hat Microsoft am Montag die diesjährige Electronic Entertainment Expo (E3) in Los Angeles eingeläutet. Zur Vorstellung von "Beatles Rock Band" zu Beginn der ersten E3-Pressekonferenz traten nicht nur die beiden letzten lebenden Beatles, Ringo Starr und der offensiv kaugummikauende Paul McCartney auf, auch die Beatles-Witwen Yoko Ono und Olivia Harrison wurden kurzfristig auf die Bühne gebeten.
Der ebenfalls anwesende Filmregisseur Steven Spielberg und Game-Legende Peter Molyneux stellten aber ein besonders eindrucksvolles Projekt beziehungsweise eine Umsetzung davon vor: "Project Natal" (Codename), eine Art Mashup aus Sonys Eye-Toy-Kamera und Nintendos Wii-Controller, ist Microsofts Antwort auf den Erfolg der Wii und ähnlich gelagerter Eingabegeräte abseits des klassischen Game-Controllers.
Nichts für Stubenhocker
Statt Knöpfe zu drücken oder einen Controller in der Luft zu schwingen, bewegt sich bei "Project Natal" der ganze Mensch, um mit dem Spiel zu interagieren. Eine RGB-Kamera und ein Infrarot-Tiefensensor sollen die Bewegungen der einzelnen Personen vor dem Erfassungsgerät in 3-D genau erkennen und auch unterschiedlichen Personen richtig zuordnen können.
So soll es bei "Project Natal" etwa reichen, auf der Couch sitzend ein mit beiden Händen umklammertes Lenkrad zu simulieren, um im Spiel ein Auto lenken zu können. Ein Buzzer muss nicht mehr real gedrückt werden, es reicht, mit der Faust auf die flache Hand zu schlagen. Gezeigt wurde weiters eine technische Demo, bei der der ganze Körper bewegt werden musste, um wild herumspringende Bälle wieder ins Spiel zurückzuschlagen. Luftgitarrespielen könnte eine ganz neue Bedeutung erhalten.
Interaktion auf mehreren Ebenen
Eine integrierte Stimm- und Gesichtserkennung schließlich soll Menschen an ihren Stimmen erkennen und richtig zuordnen können. Für die Anmeldung an der Konsole soll es in Zukunft genügen, sich vor die Kamera zu stellen und seinen Namen zu sagen. Um durch das Menü zu scrollen, reichen Wischbewegungen in der Luft, eine Filmauswahl kann dann ebenfalls mit der Hand oder durch ein gesagtes "Play" bestätigt werden. Auch eigene Inhalte sollen eingescannt werden können.
Molyneux zeigte mit dem virtuellen Kind Milo eine weitere Anwendungsmöglichkeit von "Project Natal": Milo soll auf die Stimmung der Person vor dem Bildschirm reagieren können und sie so noch tiefer in das Spielerlebnis hineinziehen. In der ersten gezeigten Version erinnert Milo zwar auf den ersten Blick an eine Babysitter-Simulation, demonstrierte aber auch durchaus eindrucksvoll die neuen Möglichkeiten. So zeichnete im gezeigten Video die Person vor dem Bildschirm einen Fisch auf ein Blatt Papier, "überreichte" das Blatt Milo, der das Blatt dann umgehend in seine Welt integrierte.
Ein Startdatum nannte Microsoft für "Project Natal" wie auch für Milo zwar nicht, die ersten Entwickler-Sets für "Project Natal" wurden laut Microsoft Österreich aber bereits ausgeliefert. Milo soll auf der E3 einem ausgesuchten Publikum gezeigt werden.
Von "Forza" bis "Metal Gear Solid"
Weiterhin mit dem Controller spielbar bleiben sollen die anderen Spiele, die Microsoft für seine Spielekonsole ankündigte, darunter "Modern Warfare 2" (Release 10. November), "Crackdown 2" (2010), das Avatar-Racing-Game "Joy Ride" (kommt vor Weihnachten), "Left for Dead 2" (November), "Tom Clancy's Splinter Cell Conviction" (Herbst) und "Forza Motorsport 3" (Oktober) und das Psycho-Action-Adventure "Alan Wake" (Frühling 2010).
Weiters wurden die ersten In-Game-Bilder von "Final Fantasy 13" (Frühling 2010) gezeigt und neben "Halo 3 ODST" (22. September) ein noch unbekanntes Projekt von Bungie namens "Halo Reach", das Ende 2010 auf den Markt kommen soll. Ein Zugang für die Multiplayer-Beta von "Halo Reach" soll bereits "Halo 3 ODST" beiliegen.
Für "Tony Hawk: Ride" wird es einen eigenen Controller in Form eines Skateboards samt Infrarot- und Beschleunigungssensoren geben (vor Weihnachten). Auch "Metal Gear Solid", bisher ein PlayStation-Exklusivtitel, soll in einer eigenen Version namens "Rising" mit Raiden als Hauptfigur auf die Xbox 360 ziehen. Genaueres wurde bei der Präsentation aber nicht genannt.
Videostreaming für Österreich
Ab Herbst wird Microsoft über seinen dann Zune Video genannten Video-Marketplace auf der Xbox 360 auch in Österreich Videos und Filme in HD (1.080p) und 5.1-Surround-Sound anbieten. Videos können dabei nicht nur heruntergeladen werden, sondern auch als Stream, inklusive Rückspulmöglichkeit wie bei einem Festplattenrekorder, genutzt werden.
Für die volle Nutzung der 1.080p braucht es laut Microsoft Österreich eine Anbindung von acht bis zehn MBit/s. Sollte die kurzfristig nicht zur Verfügung stehen, soll das Video nicht ruckeln, aber die Qualität eingeschränkt werden. Die Preise dafür stehen noch nicht fest.
Mit Facebook, Twitter und Last.fm zieht schließlich auch das Web 2.0 auf der Xbox 360 ein. Last.fm soll für Inhaber einer Gold-Mitgliedschaft auf Xbox Live kostenlos nutzbar sein.