SPD-Politiker will Netzsperren nicht ausweiten
Der deutsche Innenpolitiker Dieter Wiefelspütz (SPD) hat sich von Forderungen nach einer Ausweitung von Internet-Sperren distanziert. Seine Aussagen seien verfälscht wiedergegeben worden.
Wiefelspütz bestritt, sich für die Sperrung von Webseiten auch mit extremistischen Inhalten ausgesprochen zu haben. Es sei weder seine Auffassung und schon gar nicht die der SPD, die bei Kinderpornografie vorgesehenen Stoppseiten auf weitere Internetinhalte auszuweiten, sagte Wiefelspütz am Sonntag. Er reagierte damit auf einen Bericht der "Berliner Zeitung" vom Samstag. Darin sei seine Position "völlig falsch" wiedergegeben worden. Wiefelspütz hatte sich bereits davor auf Abgeordnetenwatch.de von dem Bericht der "Berliner Zeitung" distanziert.
Die Zeitung hatte den SPD-Politiker mit den Worten zitiert: "Natürlich werden wir mittel- und längerfristig auch über andere kriminelle Vorgänge reden." Er könne sich vorstellen, auch Seiten mit verfassungsfeindlichen oder islamistischen Inhalten zu blocken. Dies war bei Grünen und FDP auf heftige Kritik gestoßen.
"Anschlag auf Verfassung"
Wiefelspütz sagte, selbstverständlich seien Straftaten auch im Internet strafbar. Allerdings seien verfassungsfeindliche oder extremistische Äußerungen nicht an sich Straftaten, solange keine Gesetze verletzt würden. Diese unterbinden zu wollen, wäre Zensur und damit ein "Anschlag auf unsere Verfassung". Er sei strikt gegen jede Art der Zensur. "Auch der Extremist hat Grundrechte."
Grüne: "Distanzierung nicht glaubwürdig"
Der parlamentarische Geschäftsführer der Grünen, Volker Beck, nannte Wiefelspütz' Distanzierung "nicht glaubwürdig". In einer Mitteilung sagte er: "Selbstverständliche enthalten verschiedene Seiten im Ausland strafbare Inhalte, zum Beispiel die Seiten terroristischer Organisationen wie Hamas oder Hisbollah. Soll deren Inhalt künftig für alle oder nur für die Sicherheitsdienste in Deutschland zugänglich bleiben?" Zuvor hatte er der Einführung von Internet-Sperrlisten eine klare Absage erteilt.
Auch die innenpolitische Sprecherin der FDP-Fraktion, Gisela Piltz, warnte vor einem schleichenden Einstieg in die Zensur des Internets.
Warnung vor Zensur des Internets
Die deutsche Bundesregierung hatte im April einen Gesetzesentwurf auf den Weg gebracht, um alle großen Internet-Anbieter zu verpflichten, den Zugang zu Kinderpornografie zu erschweren und mit einer Stoppseite vor den Inhalten zu warnen. Dazu soll das Bundeskriminalamt den Unternehmen stets aktuelle Listen mit den Internet-Adressen der entsprechenden Seiten zur Verfügung stellen.
Das Gesetz soll noch in der laufenden Legislaturperiode in Kraft treten. Kritiker sehen in den Plänen den Einstieg in eine weitgehende Zensur des Internets und bezweifeln die Wirksamkeit der Sperren.
(Reuters)