Der Aufstieg der Indie-Entwickler
Der Aufstieg der Independent Games hält weiter an. Da die großen Spielefirmen nur allzu oft auf Fortsetzungen bekannter und bewährter Konzepte setzen, werden Freunde innovativer Ideen hauptsächlich abseits der großen Studios fündig. Auch für kleine österreichische Entwicklerteams tun sich interessante Chancen auf.
Am Sonntag in "matrix"
Mehr über Indie-Games hören Sie am Sonntag um 22.30 Uhr im Ö1-Netzkulturmagazin "matrix".
Millionenschwere Produktionen, die keine Experimente erlauben, und starre Hierarchien in den Studios sind nur ein Grund für die aktuellen Umwälzungen auf dem Spielemarkt. Junge Entwickler, die nicht nur ein Rädchen in der industriellen Spieleproduktion sein wollen, sondern ihre eigenen Ideen umsetzen möchten, ein weiterer. Auch vor Österreich hat die Revolution nicht haltgemacht, wie die jüngsten Erfolge von heimischen Entwicklern zeigen.
Radio Flare
Das iPhone-Game "Radio Flare" vom Wiener Studio Radiolaris fand man einige Zeit sogar auf Platz eins in Apples App Store. Fares Kayali, einer der Entwickler des Musikspiels, sieht einen großen Vorteil der Indie-Games darin, experimenteller vorgehen zu können. "Der Markt auf dem iPhone ist aufgrund der großen Konkurrenz beinhart", gibt Kayali zu bedenken.
Die beste Möglichkeit, sich von anderen unabhängigen Studios und deren Spielen abzuheben, seien die jährlich stattfindenden Festivals, so der Entwickler. "Radio Flare" war dieses Jahr beim Independent Games Festival (IGF) für den Audio-Award nominiert.
Die starke Vernetzung der unabhängigen Entwickler im Internet und auf Festivals ist ein großer Vorteil der Independent Szene gegenüber der Industrie. IndieCade und das IGF sind die wichtigsten Events, bei denen sich die Szene ein Stelldichein gibt und auch nach außen präsentiert.
"And Yet it Moves"
Auch das junge österreichische Entwicklerstudio Brokenrules hat mit "And Yet it Moves" auf diesen Festivals seinen Durchbruch geschafft. Die Erfolgsgeschichte begann vor zwei Jahren auf dem IGF als Gewinner der Students Competition. Seit April diesen Jahres gibt es ihr Spiel "And Yet it Moves" auf Online-Plattformen wie Steam zu kaufen.
Die Möglichkeit des Online-Vertriebs ist auch ein Grund für den Erfolg der Indie-Games. Denn erstmals ist es auch kleinen Studios möglich, ihre Spiele eigenständig auf den Markt zu bringen. "Was nicht mehr passiert, ist, dass sie Projekte vorfinanzieren, daher ist das Risiko für die Plattformbetreiber relativ gering", sagt Felix Bohatsch von Brokenrules.
Kontroverse Games
Eine gute Zeit für unabhängige Entwickler sieht auch die Amerikanerin Mary Flanagan, die bereits seit 1992 Spiele entwickelt. "Als Independent-Game-Developer kann man Dinge ansprechen, die kontrovers sind und möglicherweise sogar auf Ablehnung stoßen", so Flanagan.
Für sie sind Spiele nicht nur eine Möglichkeit, die Nutzer zu unterhalten, sondern auch, um Wertvorstellungen zu transportieren und zum Nachdenken anzuregen. Mit ihrem neuesten Spiel "Layoff" thematisiert sie die Wirtschaftskrise.
Hürden in der Distribution
Das Spiel "Wardive" von Rene Bauer, das WLAN-Hotspots aufgreift und in gegnerische Spielfiguren umwandelt, während sich der Spieler durch die Stadt bewegt, wurde von Apple nicht für den Vertrieb im iTunes Store akzeptiert, weil das WLAN-API nicht für die Nutzung freigegeben sei. "Wir können ohne Apple leben, aber kann Apple ohne Kreativität leben?", fragt Bauer. "Wardive" wurde ursprünglich für die Nintendo DS geschrieben und dreimal für Preise auf dem IGF nominiert.
Die Suche nach Ideen
Mittlerweile ist auch die Computerspieleindustrie auf die kleinen, innovativen Spiele aufmerksam geworden. "Die Publisher suchen Leute mit Ideen", betont Rene Bauer, Dozent für Game-Design an der Kunsthochschule Zürich, und verweist dabei auf das Indie-Game "Flow", das als Prototyp für den ersten Level des Mainstream-Spiels "Spore" verwendet wurde.
Für viele unabhängige Entwickler stellt der aktuelle Trend die Eintrittskarte in die Spieleindustrie dar. Auch bei den Österreichern Brokenrules hat bereits ein Big Player angeklopft. Die vier Burschen arbeiten zurzeit an einer Version ihres Spiels für Nintendos Wii-Konsole.
Wird der Mainstream die unabhängigen Entwickler vereinnahmen? Michael Wagner vom Independent-Game-Development-Lehrgang der Donau-Uni Krems sieht die Zukunft optimistisch: "Auf jeden Fall wird sich der Trend hin zur Vielfalt und Demokratisierung der Spieleentwicklung fortsetzen."
(matrix/Margarita Köhl/Daniel Hufler)