Ärzte-Bewertungsportal unter Beschuss
Datenschutzbeauftragter warnt vor Gefahr der Manipulation
Das in Deutschland geplante Ärzte-Bewertungsportal der deutschen Krankenversicherung AOK hat am Wochenende für heftige Diskussionen gesorgt. Ärztevertreter warnten vor einem möglichen Missbrauch. Der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar forderte eine "Objektivierung" der Urteile der Patienten. Andere Krankenkassen dagegen zeigten sich offen für einen "Ärzte-TÜV". Der Bedarf sei da.
Patienten "keine Medizinexperten"
Die Kassenärztliche Bundesvereinigung kritisierte die Pläne massiv. Es dürfe nicht sein, dass einzelne Mediziner an den Pranger gestellt würden, sagte ein Sprecher der "Süddeutschen Zeitung" vom Samstag. Patienten seien keine Medizinexperten und deshalb nur in der Lage, ein subjektives Urteil abzugeben.
Bewertungsportale "missbrauchsanfällig"
Der Vorstandschef der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung, Jürgen Fedderwitz, sagte dem Blatt, Bewertungsportale seien extrem missbrauchsanfällig. Über gute Medizin könnten Patienten nicht einfach abstimmen wie bei "Deutschland sucht den Superstar". Auch der Präsident der Bundesärztekammer, Jörg-Dietrich Hoppe, nannte es der "Berliner Zeitung" gegenüber "unseriös", anonyme Fragebögen als Grundlage für Ranglisten zu nutzen. Ärzte müssten auf Kritik reagieren und Missverständnisse ausräumen können.
Warnung vor manipulierten Bewertungen
Der Bundesdatenschutzbeauftragte Schaar sagte der ARD am Samstag, die AOK müsse verhindern, dass Patienten "böswillige oder möglicherweise manipulierte" Bewertungen eintragen. Es bestehe die Gefahr von Kampagnen, mit denen Ärzte "hoch- oder runterbewertet" werden könnten. Er sehe anonyme Bewertungen sehr kritisch. Bereits zur Beurteilung von Krankenhäusern eingeführte objektive, qualitätssichernde Urteile wären seiner Ansicht nach besser als zusammengefasste ungesicherte Meinungsäußerungen.
AOK will Behandlungsqualität verbessern
AOK-Vorstandsmitglied Jürgen Graalmann sagte in der ARD, die Patienten seien "sehr wohl in der Lage", Servicequalität, Praxisorganisation, Wartezeiten und die Einbindung in ärztliche Entscheidungen zu beurteilen. "Das werden wir auf diesem Portal abfragen." Die AOK wolle die Behandlungsqualität verbessern.
Kriterienkatalog soll helfen
Die Barmer Ersatzkasse erklärte, sie stehe dem Bewertungsportal "durchaus offen gegenüber". Das Echo auf den eigenen Krankenhausnavigator zeige, dass der Bedarf durchaus da sei, sagte eine Sprecherin dem "Tagesspiegel am Sonntag". Allerdings müssten Ärzte und Wissenschaftler einen Kriterienkatalog entwerfen. Eine Sprecherin der Technikerkrankenkasse sagte der Zeitung, "die Patientenperspektive in die Qualitätssicherung einzubeziehen, halten wir für sinnvoll".
(AFP)