CD-Umsätze sinken, Strafanzeigen steigen
Die deutsche Musikindustrie wird die Umsatzverluste des heurigen Jahres mit einer Steigerung der Strafanzeigen gegen Tauschbörsennutzer um mindestens 20 Prozent im Jahr 2007 beantworten. Legale Downloads fangen die Verluste im CD-Geschäft nicht auf.
"Im kommenden Jahr wird die Zahl der Strafanträge deutlich erhöht", sagte Geschäftsführer Peter Zombik vom deutschen Phonoverband zur Nachrichtenagentur AP.
Die Musikindustrie geht in Deutschland wie auch in Österreich seit 2004 gegen die illegale Verbreitung von geschützten Musikstücken im Internet vor. Motto der vor zwei Jahren gestarteten "Aufklärungskampagne" war "Raubkopierer sind Verbrecher".
10.000 Anzeigen 2006
"Wir haben seit Beginn der Aktion im Jahr 2004 in insgesamt 20.000 Fällen Strafanzeige gestellt, davon in 10.000 Fällen allein im Jahr 2006", sagte Zombik. Im kommenden Jahr sollen es 1.000 Strafanzeigen pro Monat oder mehr werden.
Die Musikindustrie meint, so gegen den verbreiteten Tausch oder kostenloses Hochladen im Internet vorgehen zu können. Allein 2005 wurden laut Zombik 439 Millionen CD-Alben kopiert, was einen rechnerischen Verlust von fünf Milliarden Euro bedeute. Dazu komme eine Milliarde Euro durch illegale Downloads im Internet.
Die Urheberrechtsrichtlinie
Der deutsche Phonoverband erwartet im kommenden Jahr auch eine deutliche Ausweitung der rechtlichen Möglichkeiten im Kampf gegen Musikpiraterie wegen einer neuen EU-Richtlinie. Bisher musste in Deutschland Strafanzeige erstellt werden, um an den Namen eines Tauschbörsennutzers zu kommen, von dem zunächst nur die IP-Adresse bekannt ist.
Nach der neuen EU-Richtlinie, die zurzeit in deutsches Recht umgesetzt wird, kann die Musikindustrie sofort zivilrechtlich gegen Musikpiraten vorgehen.
Allerdings ist noch umstritten, ob ein Richter die Weitergabe der Personaldaten möglicherweise stoppen kann. Die Schadenersatzforderungen bewegen sich bisher pro Fall zwischen etwa 2.000 Euro und 15.000 Euro, gegebenenfalls auch mehr oder weniger. Im Durchschnitt liege der Schadenersatz bei rund 3.000 Euro.
Rechtsunklarheit in Österreich
In Österreich ist die Urheberrechtsrichtlinie bereits umgesetzt, rechtliche Klarheit entstand dadurch nicht. Die Urheberrechtsnovelle führte in Kombination mit einem Spruch des Obersten Gerichtshofs vielmehr zu einer Kollision mit dem österreichischen Datenschutzgesetz.
Einerseits besteht für die Netzbetreiber Auskunftspflicht, welche temporär [dynamisch] vergebenen IP-Adressen wann an welchen Kunden vergeben wurden. Andererseits dürfen die Provider diese Daten nicht dauerhaft speichern, wenn sie nicht relevant für die Abrechnung sind. Bei ADSL-Anschlüssen ist das der Regelfall.
"Einstelliges Minus"
Geschäftlich ist die Industrie mit dem abgelaufenen Jahr nicht zufrieden, auch wegen der Verluste durch Raubkopien. "Wir werden zum Jahresende ein einstelliges Minus haben", sagte Zombik zur Marktentwicklung. Die Geschäfte hätten sich "im zweiten Halbjahr nicht verbessert", nachdem die ersten sechs Monate ein Absatzminus von 3,4 Prozent gebracht hatten.
Die Absätze von CD-Alben stagnieren demnach, der Verkauf von bespielten Kassetten und Singles fällt. Kräftige Zuwächse verzeichnet die Industrie allerdings beim Absatz von Musik-Downloads. "Die Verluste im physischen Markt werden noch nicht von den Online-Verkäufen aufgefangen", sagte Zombik.
Apple und das Musikgeschäft
Das ist auch wenig verwunderlich. Nachdem sich die Musikindustrie jahrelang geweigert hatte, den allgemeinen Kundenwunsch nach Downloads einzelner Musikstücke zu erfüllen, hatte ein Computerhersteller namens Apple 75 Prozent des Online-Musikvertriebs an sich gerissen. Wegen der guten Entwicklung des Musikgeschäfts erreichte die Aktie des kalifornischen Computerhauses im November ein Allzeithoch.
(futurezone | AP)