"Gewaltspiele sind ungefährlich"
Die Kunstaktion "Games Don't Kill" setzt sich kritisch mit der (Vor-)Verurteilung von Gewaltspielen auseinander. Im Rahmen der Vernissage im Wiener MuseumsQuartier erläutert Medienpädagoge Konstantin Mitgutsch, warum er glaubt, dass Gewaltspiele nicht gefährlich sind und weshalb ältere Generationen damit ein Problem haben.
"Games Don't Kill" ist der Titel der Kunstaktion, die von Jana Herwig und Harald Eckmüller im März dieses Jahres ins Leben gerufen wurde. Sie begann auf dem Microblogging-Dienst Twitter, dem eine Flickr-Group folgte, die schließlich insgesamt 80 Bildmontagen zum Thema Gewalt in Computerspielen hervorbrachte. Einen Teil davon gab es am Montagabend zur Ausstellungseröffnung zu sehen.
"Games Don't Kill"
18. bis 23. Juni, täglich 10.00 bis 20.00 Uhr, Transforming Freedom Raum, MuseumsQuartier, Museumsplatz 1, 1010 Wien
26. und 27. Juni, 13.00 bis 20.00 Uhr, ESL Pro Series Finals, Bank-Austria-Halle, Gasometer, Guglgasse 11, 1110 Wien
Auslöser für die Aktion sei die Medienberichterstattung zum Amoklauf von Winnenden gewesen. "Die Schlagzeile 'Vor der Bluttat spielte er ein Killer-Game am Computer' war irritierend", meint Herwig. Der Medienwissenschaftlerin ging es darum, den Schwerpunkt der Diskussion weg von den Computerspielen hin zu den realen Waffen zu lenken.
Die Bild-Text-Montagen wurden von verschiedenen Personen selbst gestaltet und zeigen bekennende Computerspieler, die schon einmal im Videospiel "getötet" haben, Gewalt in der Realität jedoch ablehnen.
Gewaltspiele sind ungefährlich
Jana Herwigs Beitrag in der Flickr-Group.
"Gewaltspiele sind ungefährlich, sie sind sicher nicht die Verursacher von Amokläufen", so Mitgutsch, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Bildungswissenschaft der Universität Wien, gegenüber ORF.at.
Das Problem bestehe eher darin, dass Computerspieler "zu passiv sind", so Mitgutsch. Zudem sei der Umgang mit Gewalt wichtig, wobei eine Einschränkung durch Altersvorgaben sehr sinnvoll sei. "Ein Vierjähriger könnte ansonsten mit Ängsten konfrontiert werden, mit denen er nicht umgehen kann", so Mitgutsch.
High-Risk-Player sind selten
Zwar gebe es High-Risk-Player, deren Zahl sei jedoch überaus gering, was ein Verbot der Gewaltspiele nicht rechtfertigen würde. Vor allem deshalb nicht, da viel mehr andere Faktoren, etwa das soziale Umfeld, für Gewalttaten mitverantwortlich seien.
"Die Gesellschaft hat ein Problem mit Gewalt und hegt den Verdacht, dass die Computerspiele das Problem sind." Mitgutsch kann dem Argument des deutschen Bundespräsidenten Horst Köhler, den "gesunden Menschenverstand" bei diesem Problem zwischen dem Für und Wider von Gewaltspielen zu nutzen, nichts abgewinnen. Dieser orientiere sich zu sehr an Vorurteilen oder Mythen und lehne das Unbekannte ab.
Hoffen auf die Wissenschaft
Im Spannungsfeld zwischen Politik und Medien, die sich wiederum stark an der Gesellschaft orientieren würden, bestehe die Hoffnung, dass die Wissenschaft mehr Erkenntnis dazu bringen könne. Die Studien zu Computerspielen seien jedoch nur bedingt glaubhaft, so seien etwa Tests im Labor nicht das reale Leben.
Eine "hochkomplexe Frage ist jene zwischen dem Transfer des Spielenden in die virtuelle Welt und dem Transfer in die Wirklichkeit. Hier bleibt eine Lücke, die durch die Persönlichkeit des Spielenden, dessen Interpretationen und Lebensumstände gerahmt bleiben", so Mitgutsch.
Spalt zwischen den Generationen
Auch der Glaube, je realer die Darstellung sei, desto höher die Gewaltbereitschaft, sei ein Mythos. "Spiele versuchen nicht die Realität dazustellen, sondern sie sind hyperreal, das heißt, sie übertreffen die Wirklichkeit", so Mitgutsch.
Der Pädagoge sieht auch als Ursache für die Ablehnung die Veränderung des kulturellen Verständnisses und den Spalt zwischen den Generationen. "Die Computerspiele-Generation spielt das Spiel, die ältere Generation sieht nur ein Blutbad." Erwachsene seien oft überfordert, da ihnen der Bezug fehle und sie das Geschehen nur "von außen" beobachten würden.
"Wenn man für Computerspiele ist, dann hat man eine Bringschuld. Dagegen sein ist einfacher", sagt Mitgutsch. Eine Lösung sei, so der Wissenschaftler, das Problem und die Einstellung dazu kritisch zu hinterfragen.
(futurezone/Claudia Glechner)