D: Jörg Tauss tritt aus SPD aus und wird Pirat
Nach Debatte über Internet-Sperren
Im Streit über die Einführung einer Internet-Sperrliste in Deutschland ist der Karlsruher Abgeordnete Jörg Tauss aus der SPD ausgetreten, "nach fast 40 Jahren Mitgliedschaft", wie er auf seiner Website schreibt. Tauss wolle künftig die deutsche Piratenpartei unterstützen.
"Ich habe mich dabei stets u. a. für die Verbesserung der Chancengleichheit in der Bildung, den Ausbau einer zukunftsfähigen Forschungspolitik und Kommunikationsordnung eingesetzt sowie für Bürgerrechte im Internet eingesetzt. Diese werden leider zunehmend verletzt - zuletzt mit den vom Deutschen Bundestag in dieser Woche beschlossenen Internet-Sperren", schreibt Tauss, der seinen Wechsel anlässlich einer Protestveranstaltung gegen Internet-Sperren in Berlin bekanntgab.
Wechsel zur Piratenpartei
Tauss engagiert sich seit langem auf dem Gebiet der IKT-Politik und war von 2000 bis 2009 medienpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion. Im März 2009 ging die Staatsanwaltschaft Karlsruhe mit der Meldung an die Öffentlichkeit, dass sie gegen ihn wegen Besitzes von Kinderpornomaterial ermittle. Tauss hat die Anschuldigungen stets bestritten, er habe entsprechendes Material nur im Rahmen eigener Ermittlungen in der Szene gesichtet. Am 26. März verzichtete er auf eine erneute Kandidatur für den Bundestag, dem er seit 1994 angehört.
Die schwedische Piratenpartei hatte bei der Europawahl ein Mandat im EU-Parlament errungen. Die deutsche Piratenpartei kam bei der Wahl bundesweit auf 0,9 Prozent. Die Piratenparteien treten unter anderem für den Schutz der informationellen Selbstbestimmung und eine Reform des Urheberrechts ein.
Ute Vogt, Vorsitzende der baden-württembergischen SPD, forderte Tauss laut einem Bericht der Nachrichtenagentur dpa am Samstag auf, er solle sein Bundestagsmandat zurückgeben. Die Piratenpartei hat Tauss' Beitritt am Samstag bestätigt und begrüßt. Zweifel an Tauss' Unschuld und seiner moralischen Integrität hege man nicht, solange er nicht verurteilt sei. Auch BKA-Präsident Jörg Ziercke und Familienministerin Ursula von der Leyen (CDU) hätten in der Debatte kinderpornographisches Material zu Anschauungszwecken präsentiert.