15.05.2003

MICROSOFT

Bildquelle: APA/ORF.at

Diskont-Offensive gegen Linux

Mindestens 90 Prozent der Computer weltweit laufen mit dem Windows-Betriebsystem. Doch Microsoft gibt sich damit noch längst nicht zufrieden.

In einer vertraulichen E-Mail an die Microsoft-Führungsriege, darunter auch MS-Chef Steven A. Ballmer, gab Microsoft-Vertriebschef Orlando Ayala die Strategie zur Eroberung der restlichen zehn Prozent vor.

Vor allem bei großen Geschäften wie etwa mit Regierungen sollten alle finanziellen Möglichkeiten ausgeschöpft werden, um die Institutionen davon abzuhalten, sich nach billigeren Alternativen umzusehen.

Ein besonderer Fonds würde auch gewaltige Preisnachlässe abdecken. Wenn notwendig, solle die Software sogar kostenlos verteilt werden. "Verlieren Sie unter keinen Umständen gegen Linux", so Ayala.

Konkurrenz nicht vom Markt drängen

Nur wenige Tage nach Ayalas Mail versandte auch Michael Sinneck, Leiter der weltweiten MS-Services, Details eines speziellen Rabattprogramms für Server-Software bei großen Unternehmen. Allein im Geschäftsjahr 2003 seien 180 Mio. USD dafür bereitgestellt worden.

Die Gewährung von Rabatten ist unter Unternehmen zwar gängige Praxis, doch nach europäischer Rechtsprechung dürfen marktbeherrschende Unternehmen wie Microsoft diese Preisnachlässe nur dann gewähren, wenn dadurch Konkurrenten nicht vom Markt verdrängt werden.

Microsofts Londoner Rechtsanwalt Bill Allan gab dem Unternehmen schon 1998 den Ratschlag, die Rabatte sollten nur über einen kurzen Zeitraum laufen, dann stünden die Chancen, einer genauen Prüfung zu entkommen, am besten. Auch sollte bei den Preisnachlässen kein Unterschied zwischen den Kunden gemacht werden.

Jean-Philippe Courtois, MS-Chef für Europa, Afrika und den Nahen Osten, verteidigt die Praktiken seines Arbeitgebers damit, dass auch Konkurrent Sun Microsystems StarOffice kostenlos an Regierungen und Schulen verteilt.

Auskundschaften der Linux-Gemeinde

In einer weiteren internen E-Mail beschreibt MS-Mitarbeiter Chris O'Rourke, wie er die Messe "LinuxWorld" besuchte, mit dem Ziel, sich unter die Leute zu mischen und Informationen über die Konkurrenz zu sammeln. Zu diesem Zweck verschleierte er seine Identität und gab sich als "unabhängiger Computer-Consultant" aus.

Auch MS-Mitarbeiter Todd Brix schlich sich im Juni 2001 unerkannt auf eine Linux-Konferenz. In seiner E-Mail berichtete er anschließend über die besprochenen technischen Themen und die Stimmung in der Community.

Doch trotz Bekanntwerdens der Undercover-Taktiken und der möglicherweise rechtswidrigen Preispolitik des Konzerns will Microsoft laut Marketing-Manager Larry Meadows seinen Rabattfonds auch weiter dort einsetzen, " wo es notwendig ist".