Bessere Suche in Online-Shops
Das in Wien ansässige Start-up Smart Information Systems entwickelt elektronische Einkaufs- und Tourismusberater und arbeitet an einer E-Commerce-Suchmaschine auf Basis semantischer Webtechnologien. Teil 20 der futurezone.ORF.at-Serie "Start-up-Geschichten".
Im Rahmen der Serie "Start-up-Geschichten" berichtet futurezone.ORF.at in loser Folge über innovative Web- und IT-Unternehmen mit Österreich-Bezug.
"Beobachtet man die Entwicklungsgeschichte von Märkten vom Dorfmarktplatz bis zum World Wide Web, hat es immer eine Tendenz zur besseren Verzahnung von Angebot und Nachfrage gegeben", sagt Markus Linder. Semantische Webtechnologien sollen nun für einen weiteren Entwicklungsschritt sorgen. Das von dem Absolventen der Internationalen Betriebswirtschaft an der WU Wien gemeinsam mit den Informatikern Martin Schliefnig und Christian Weiss und der Informatikerin und Linguistin Svetlana Hollerer gegründete junge österreichische Unternehmen Smart Information Systems will bei der nächsten Generation des elektronischen Handels ein gewichtiges Wort mitreden.
Das Start-up entwickelte auf Basis semantischer Webtechnologien eine Suchtechnologie, die langfristig in einer spezialisierten E-Commerce-Suchmaschine münden soll. Das semantische Web, in dem Daten systematisch mit Metainformationen versehen werden - wie beispielsweise Nutzer auf Websites Bilder verschlagworten können - soll es Computern ermöglichen, Informationen nicht nur zu verarbeiten, sondern diese auch in ein eigenes Bezugssystem einordnen und damit "verstehen" zu können.
Die Gründer von Smart Information Systems: Markus Linder, Svetlana Hollerer, Christian Weiss und Martin Schliefnig (v. l. n. r.).
Produktberater für den Online-Handel
Derzeit kommt die Technologie bei den Online-Produktberatern Smart Assistant und Smart Finder zum Einsatz, mit dem unter anderem die deutschen Versandhändler Quelle und Otto sowie der Druckerhersteller Konica Minolta und der deutsche Elektronikanbieter Conrad ihre Kunden im Netz beraten. "Diese Berater nehmen die Funktion von einem guten Verkäufer im Geschäft wahr", erläutert Linder: "Sie erheben in einem interaktiven Prozess die Kundenbedürfnisse und empfehlen dann jene Produkte aus dem Sortiment, die am besten zu den Wünschen passen."
Auch im Tourismusbereich sammelte Smart Information Systems bereits einschlägige Erfahrungen. Während der Fußball-Europameisterschaft 2008 setzte das Unternehmen gemeinsam mit Kärnten Tourismus ein Beratungstool um, das Besucher der Euro bei der Reisplanung unterstützte.
Produktdaten für das semantische Web
Voraussetzung für das Funktionieren der intelligenten Einkaufs- und Tourismusberater ist die strukturierte Aufbereitung der Produktdaten. Die lässt sich innerhalb der Datenbanken eines Online-Shops leicht bewerkstelligen. Damit auch der Bestand an strukturierten Daten im Netz stetig erweitert wird, arbeitet das Unternehmen gemeinsam mit Partnern im Rahmen des Projekts ebSemantics daran, Eintrittsbarrieren in das semantische Web für kleinere und mittlere Unternehmen abzusenken.
So hat Smart Information Systems etwa ein Plug-in für das Firmen-A-Z der Wirtschaftskammer umgesetzt, das es Unternehmen ermöglichen soll, ihre Produkte und Dienstleistungen so zu beschreiben, so dass sie im Semantic-Web-Format Resource Description Framework (RDF) exportiert und von anderen Portalen aufgegriffen werden können. Derzeit steht das Plug-in für die Bereiche Gastronomie, Hotelerie und Events zur Verfügung.
"Klarer Nutzen für Unternehmen"
"Unternehmen haben einen klaren Nutzen, wenn sie ihre Daten strukturiert ins Netz stellen", ist Linder überzeugt. So ließen sich etwa Fragen nach Urlaubswünschen mit Hilfe strukturierter Daten ganz gut beantworten. Eine herkömmliche Suchmaschine würde lediglich Linklisten zu Hotels und Veranstaltungen ausspucken, während die Suchabfrage nach einem Hotel in einer Stadt, in der zum gewünschten Zeitpunkt klassische Konzerte und Yoga-Kurse angeboten werden, mit Hilfe semantischer Technologien punktgenaue Empfehlungen liefern könne.
Arbeit an Standards
"Wir sehen Semantic-Web-Technologien als wesentlichen Entwicklungsschritt im Netz", so Linder. Gemeinsam mit Partnern wie der Uni Innsbruck, der Universität der Bundeswehr in München, Siemens Österreich und weiteren Unternehmen bastelt Smart Information Systems im Rahmen von Forschungsprojekten auch an Standards für das "Web der Daten" ("Web of Data"). Die solcherart entwickelte Good-Relations-Ontologie wurde vor kurzem auch vom Suchmaschinenanbieter Yahoo aufgegriffen. Die Strukturierung von Daten auf Basis dieses Standards führe bei den Yahoo-Sucherergebnissen bereits zu einer besseren Darstellung von Seiten im Suchergebnis, so Linder.
Die Forschung nimmt bei dem Start-up eine zentrale Rolle ein. Einerseits wird dabei die Kerntechnologie der Online-Berater marktnah weiterentwickelt. Andererseits wird mit Partnern an der Infrastruktur des semantischen Webs gearbeitet. "Durch den Austausch an Know-how kann gemeinsam sehr viel bewegt werden", so Linder, der sich der Grenzen eines kleines Unternehmens bewusst ist: "Wir sind im Infrastrukturbereich auf Partner angewiesen."
E-Commerce-Suchmaschine
Noch heuer wollen Linder und sein Team den Prototypen für eine semantische E-Commerce-Suchmaschine präsentieren, die webübergreifend bei der Produktsuche helfen soll. Dafür sind strukturierte Produkt- und Dienstleistungsdaten eine wesentliche Voraussetzung. "Wir bauen an der Autobahn mit, auf der dann unsere Ferraris fahren", meint Linder.
Business Angel an Bord
Zur Gründung erhielt das Unternehmen, das heute knapp 20 Mitarbeiter zählt, Unterstützung vom Businessinkubator Inits, der Absolventen von Wiener Universitäten bei der Unternehmensgründung zur Seite steht. Später stieg der Investor Peter Jungen bei dem Start-up ein. Er hält nun 27,6 Prozent. Der Rest befindet sich in den Händen der Gründer. Die Verhandlungen mit dem Business Angel hätten den Unternehmen geholfen, eine langfristige Strategie zu entwickeln, sagt Linder: "So viele Diskussionen es damals gab, so wenige gibt es heute."
Linder will auch den Einstieg weiterer Investoren nicht ausschließen. Das sei im Moment zwar nicht erforderlich, die Gründer seien jedoch für Gespräche offen: "Die Überlegungen gehen in Richtung eines internationalen Partners, der entsprechende Kontakte mitbringt."
"Zur Internationalisierung gezwungen"
Die Situation für Technologie-Start-ups in Österreich beurteilt Linder nüchtern. In Österreich sehe man sich einem kleinen Markt mit wenigen Absatzmöglichkeiten gegenüber. Das habe aber auch seine Vorteile, so der Unternehmensgründer: "Uns hat das schnell dazu gezwungen, die Internationalisierung anzugehen."
Mehr "Start-up-Geschichten":
(futurezone/Patrick Dax)